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ν. Dobschütz, Christusbilder.
ausgeführten vielleicht als erwiesen gelten, dass der Grundstock
der Sammlung bereits dem 6. oder 7. Jahrhundert angehört.
Wir dürfen weiterhin vielleicht voraussetzen, dass sie im 10. Jahr-
hundert relativ abgeschlossen vorlag. 944 ereignete sich nun
jene Translation. War es so eingerichtet, oder war es Zufall,
jedenfalls erreichte man gerade am 15. August, einem der höchst
gefeierten Feste jener Zeit, der Himmelfahrt Mariae, das der
Hauptstadt gegenüberliegende Ufer. Tags darauf fand der
feierliche Einzug statt. Der Bedeutung, welche man der Erwer-
bung dieses neuen Heiligtumes eines echten Christusbildes von
wunderbarer Kraft für die Hauptstadt beimass, entsprach es, dass
dieser Tag unter die jährlich zu feiernden Gedenktage aufge-
nommen wurde. In welcher Weise das angeordnet ward, wissen
wir nicht. Die Kanzlei des oikumenischen Patriarchates hat auf
diese Dinge nicht den gleichen Wert gelegt wie die römische
Kurie — oder aber die Sammlungen ihrer Erlasse sind uns
weniger bekannt. Jedenfalls, ob mit kaiserlicher oder patriar-
chalischer Anordnung, das Fest war da, und es forderte eine
entsprechende Liturgie. Vermutlich ist bald nach der Translation
dafür gesorgt worden, dass für den nächsten Jahrestag die nötige
Lektion vorhanden sei. Auf alle Fälle dürfte dieselbe vor dem
16. August 945 hergestellt worden und an diesem bereits zur
Verlesung gelangt sein.
Es war ein Neueintrag in die liturgischen Bücher, wie solche
durch jedes neu eingerichtete Fest notwendig werden. Das zeigt
sich schon daran, dass unsere Lektion an 2. Stelle steht. Der
Tag hatte bereits seinen Kalenderheiligen in Diomedes. Für
diesen gab es Lektion und Kanon. Die neue Lektion wurde
jener angereiht, die beiden Kanones so ineinander geschoben,
dass immer eine ωδή auf den Heiligen einer ώδη auf das h. Bild
folgte. In dieser Reihenfolge, die auch in der Tagesüberschrift
beobachtet worden ist, zeigt sich die überragende Bedeutung
des neuen Festes. Daneben blieb noch der Charakter als Nach-
feier der Himmelfahrt Mariae und die Erinnerung an die Er-
rettung aus der Agarenernot, von anderen unbedeutenden lektions-
losen Kommemorationen abgesehen.
Nach dem Namen des Verfassers zu forschen, wäre bei einem
derartigen liturgischen Texte vergebliche Mühe. Dass der damalige
Patriarch, Theophylaktos, der jüngste Sohn des Romanos Lekapenos,
ν. Dobschütz, Christusbilder.
ausgeführten vielleicht als erwiesen gelten, dass der Grundstock
der Sammlung bereits dem 6. oder 7. Jahrhundert angehört.
Wir dürfen weiterhin vielleicht voraussetzen, dass sie im 10. Jahr-
hundert relativ abgeschlossen vorlag. 944 ereignete sich nun
jene Translation. War es so eingerichtet, oder war es Zufall,
jedenfalls erreichte man gerade am 15. August, einem der höchst
gefeierten Feste jener Zeit, der Himmelfahrt Mariae, das der
Hauptstadt gegenüberliegende Ufer. Tags darauf fand der
feierliche Einzug statt. Der Bedeutung, welche man der Erwer-
bung dieses neuen Heiligtumes eines echten Christusbildes von
wunderbarer Kraft für die Hauptstadt beimass, entsprach es, dass
dieser Tag unter die jährlich zu feiernden Gedenktage aufge-
nommen wurde. In welcher Weise das angeordnet ward, wissen
wir nicht. Die Kanzlei des oikumenischen Patriarchates hat auf
diese Dinge nicht den gleichen Wert gelegt wie die römische
Kurie — oder aber die Sammlungen ihrer Erlasse sind uns
weniger bekannt. Jedenfalls, ob mit kaiserlicher oder patriar-
chalischer Anordnung, das Fest war da, und es forderte eine
entsprechende Liturgie. Vermutlich ist bald nach der Translation
dafür gesorgt worden, dass für den nächsten Jahrestag die nötige
Lektion vorhanden sei. Auf alle Fälle dürfte dieselbe vor dem
16. August 945 hergestellt worden und an diesem bereits zur
Verlesung gelangt sein.
Es war ein Neueintrag in die liturgischen Bücher, wie solche
durch jedes neu eingerichtete Fest notwendig werden. Das zeigt
sich schon daran, dass unsere Lektion an 2. Stelle steht. Der
Tag hatte bereits seinen Kalenderheiligen in Diomedes. Für
diesen gab es Lektion und Kanon. Die neue Lektion wurde
jener angereiht, die beiden Kanones so ineinander geschoben,
dass immer eine ωδή auf den Heiligen einer ώδη auf das h. Bild
folgte. In dieser Reihenfolge, die auch in der Tagesüberschrift
beobachtet worden ist, zeigt sich die überragende Bedeutung
des neuen Festes. Daneben blieb noch der Charakter als Nach-
feier der Himmelfahrt Mariae und die Erinnerung an die Er-
rettung aus der Agarenernot, von anderen unbedeutenden lektions-
losen Kommemorationen abgesehen.
Nach dem Namen des Verfassers zu forschen, wäre bei einem
derartigen liturgischen Texte vergebliche Mühe. Dass der damalige
Patriarch, Theophylaktos, der jüngste Sohn des Romanos Lekapenos,