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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Dohme, Robert: Karl Friedrich Schinkel: geb. in Neu-Ruppin d. 13. März 1871, gest. in Berlin d. 9. October 1841
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0033
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DAS MUSEUM.

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Von der hohen Säulenhalle tritt man durch die mittlere wirkungsvolle Vertiefung
und die grofse, den oberen Treppenabfatz tragende Thür in die Rotunde. Es
ift das eine allmähliche Steigerung der Wirkung, deren mächtigen Eindruck jeder
aufmerkfame Befucher, der zum erden Male oder nach längerer Paufe wieder
diefe Räume betritt, empfunden haben wird. Monumentale Raumgliederung aber
gehört wie zu den bedeutendften fo zu den in konfequenter Durchführung fclten-
ften architektonifchen Mitteln. Selbh Schlüters prachtvolle ^Wendeltreppe« läfst he
vermiffen, denn die Ueberftihrung des eigentlichen Treppenhaufes zum Schweizer-
taal ift gewifs keine glückliche, wenn vielleicht auch unter den gegebenen Ver-
hältniffen die einzig mögliche Löfung. Wenn heute die hinteren Räume zu der
Rotunde in ähnlicher Disharmonie ftehen, fo ift dies zum guten Theil dem An-
und Einbau Stülers zuzufchreiben, der fein Neues Mufeum dem SchinkelTchen
Bau erdrückend nahe gerückt hat. Einft empfing den aus der Rotunde in den
^Götter- und Heroenfaal« Tretenden, der Ausblick ins Freie und eine Fülle reinen
Nordlichtes; heute hat die eingebaute Treppe gerade an der entfeheidenden
Stelle den Raum verdunkelt und eingeengt und damit in zwei Theile zerfchnitten.
Dafs die innere Einrichtung der Bildergalerie den heutigen Anforderungen
nicht genügt, wird man Schinkel im Ernft nicht zum Vorwurf machen können,
da erft feit feinem Bau die Erfahrungen gefammelt worden hnd, auf denen wir
heute fufsen. Trotzdem aber übertrifft fein Mufeum, als Ganzes genommen, in
B.ezug auf Raumeintheilung und Raumausnutzung die fpäteren Berliner Anlagen
(Neues Mufeum, Nationalgalerie) immer noch weitaus.
Ebenfo ift der neuerdings laut gewordene Vorwurf, dafs die Nebenfaffaden zu
untergeordnet feien, ungerecht. Die Mittel, mit denen Schinkel arbeiten mufste,
waren auch hier wieder äufserft befchränkt. Die Koftcn für den ganzen Bau, ein-'
fchliefslich derfehr koftfpieligenFundamentirung auf fumphgem von einem Waffer-
lauf durchzogenen Terrain, betrugen ungefähr 800000 Thaler. So begnügte er hch,
an den Nebenfeiten allein durch die monumentalen Verhältniffe zu wirken. Die
mächtigen Fenfter aber und ebenfo die Mauerpfeiler laffen trotz der einfachen
Wandglicderung erkennen, dats es hch hier um ein bedeutfames Bauwerk handelt.
Schon bei der Neuen Wache hatte Schinkel den fchüchternen Verfuch ge-
macht, auf den mittelalterlichen Backftein-Rohbau zurückzugreifen, wobei er aller-
dings dem offen zu Tage tretenden Material noch einen farbigen Anftrich gab.
Ein wirklicher Backfteinbau, der erfte feit dem Mittelalter in diefen Gegenden,
ift dann die WerderTche Kirche, welche in den Jahren 1823—28 entftand. Es
folgte in demfelben Material das Haus für den Ofenfabrikanten Chr. Feilner in
der nach ihm benannten Strafse. Diefe Bauten aber hnd gewiffermafsen noch
Vorbereitungsftudien. Die Formen hnd noch ziemlich unmittelbar aus dem Hau-
ftein herübergenommen, und bei aller trefflichen Technik ift das Material noch
nicht glücklich gefärbt; es waren ihm namentlich an der WerderTchen Kirche
in allerlei jetzt verfchwundenen dünnen Fialen Zumuthungen gehellt, die nur der
Hauheinbau erfüllen kann. Den durchfchlagenden Erfolg mit feiner angehrebten
Wiedereinführung des Backheinrohbaues erreichte Schinkel erh in einem Werke
von hoher monumentaler Bedeutung: der Bau-Akademie (1832—33). Die einfach
quadrate Grundform, die unmalerifche, der Gehalt des Würfels hch annähernde
 
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