ÜBERSIEDELUNG NACH KOPENHAGEN.
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Mufeums getroffen. In den nächflen Jahren wurden die Werkflätten an der
Piazza Barberini allmählich geräumt, und 1838 folgte endlich der Künfller felbft
feinen Werken in die Heimath nach. Die Feier feiner Ankunft in Kopenhagen
nahm den Charakter eines Nationalfefles an. Die Ehren, mit denen man ihn em-
pfing, fleigerten fleh auf einen Grad, zu dem fleh der Drang der Huldigung fonfl
nur bei den geräufchvollen Thaten der Fürflen und Eroberer zu erheben pflegt.
Im Jahre 1841 ging Thorwaldfen noch einmal nach Rom. Seine Reife durch
Deutfchland (über Berlin, Dresden und München) glich einem Triumphzug.
Zurückgekehrt in die Heimath, wo er am liebften in dem fchönen NyfÖ auf See-
land verweilte, in der Familie des Baron Stampe, der ihm hier eine eigene
Werkflatt einrichten liefs, war Thorwaldfen mit ftaunenswerther Rüfligkeit thätig
bis auf den Tag feines Endes, im Jahre 1844. Plötzlich und mit leichter Hand
berührte ihn der Tod, als er eben das Theater betreten hatte, um einer Schau-
fpielaufführung beizuwohnen. Im Hofraum feines Mufeums, umgeben von feinen
Werken, liegt er beflattet.
In neuerer Zeit ifl ein gröfserer, weiter verbreiteter Ruhm, als der, welchen
Thorwaldfen befafs, kaum einem zweiten Künfller zu Theil geworden; der Ruf
feines Namens erfüllte die ganze gebildete Welt. Nirgends aber find feine Werke
höher gepriefen worden, nirgends find fle einer lebhafteren Sympathie begegnet,
als in Deutfchland.
Jene tiefere Erkenntnifs der Antike, die damals in den künftlerifchen An-
fchauungen eine fo grofse Umwälzung hervorrief, war wefentlich eine Errungen-
fchaft deutfehen Geifles, und das aus diefer Erkenntnifs abgeleitete Kunflprinzip
war in Deutfchland tiefer in das Bewufstfein und die Empfindung der Gebildeten
eingedrungen und blieb länger darin herrfchend, als anderwärts. Indem Winckel-
mann fein klafflfches Ideal, das Ideal jener fchlichten und maafsvollen Schönheit,
die er als den edelften Vorzug der Antike pries, zum höchflen Kunflideal erhob,
fchien er einem geifligen Bedürfnifs zu entfprechen, das damals in der germanifchen
Nation flärker, als bei anderen Völkern, empfunden wurde. Jedenfalls hat man zu
jener Zeit, wo der Ueberdrufs an der Affektirtheit und den Uebertreibungen der
vorangehenden Kunflepoche allgemein war, die Winckelmann'fche Lehre nirgends
mit gröfserer Begeifterung aufgenommen. Thorwaldfen's Werke begrtifste man in
Deutfchland mit fo grofsem Enthufiasmus, weil in ihnen jenes Ideal reiner, als
in allen anderen Werken der gleichzeitigen bildenden Kunft verwirklicht fchien.
Orfled, der bekannte dänifche Naturforfcher, hat in einem Auffatz, der
feinen agefammelten Schriften« eingereiht ift, das adänifche Gepräge« in Thor-
waldfen's Charakter mit patriotifchem Intereffe hervorgehoben. In dem ruhigen,
zu heftigen, leidenfchaftlichen Aeufserungen nicht geneigten Naturell des
Künfllers will er fpezihfche Eigenfchaften des dänifchen Volkscharakters er-
blicken, Eigenfchaften, die man airrigerweife fehr häufig mit einer genialen Be-
gabung für unvereinbar halte«. Er deutet auf den Zufammenhang diefes Naturells
mit Thorwaldfen's Kunflcharakter, und es fcheint beinahe als wolle er in feiner
etwas feltfamen Auseinanderfetzung Thorwaldfen's Griechenthum direkt aus feinem
Dänenthum herleiten. Von gröfserem Intereffe möchte es jedenfalls fein, in Thor-
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Mufeums getroffen. In den nächflen Jahren wurden die Werkflätten an der
Piazza Barberini allmählich geräumt, und 1838 folgte endlich der Künfller felbft
feinen Werken in die Heimath nach. Die Feier feiner Ankunft in Kopenhagen
nahm den Charakter eines Nationalfefles an. Die Ehren, mit denen man ihn em-
pfing, fleigerten fleh auf einen Grad, zu dem fleh der Drang der Huldigung fonfl
nur bei den geräufchvollen Thaten der Fürflen und Eroberer zu erheben pflegt.
Im Jahre 1841 ging Thorwaldfen noch einmal nach Rom. Seine Reife durch
Deutfchland (über Berlin, Dresden und München) glich einem Triumphzug.
Zurückgekehrt in die Heimath, wo er am liebften in dem fchönen NyfÖ auf See-
land verweilte, in der Familie des Baron Stampe, der ihm hier eine eigene
Werkflatt einrichten liefs, war Thorwaldfen mit ftaunenswerther Rüfligkeit thätig
bis auf den Tag feines Endes, im Jahre 1844. Plötzlich und mit leichter Hand
berührte ihn der Tod, als er eben das Theater betreten hatte, um einer Schau-
fpielaufführung beizuwohnen. Im Hofraum feines Mufeums, umgeben von feinen
Werken, liegt er beflattet.
In neuerer Zeit ifl ein gröfserer, weiter verbreiteter Ruhm, als der, welchen
Thorwaldfen befafs, kaum einem zweiten Künfller zu Theil geworden; der Ruf
feines Namens erfüllte die ganze gebildete Welt. Nirgends aber find feine Werke
höher gepriefen worden, nirgends find fle einer lebhafteren Sympathie begegnet,
als in Deutfchland.
Jene tiefere Erkenntnifs der Antike, die damals in den künftlerifchen An-
fchauungen eine fo grofse Umwälzung hervorrief, war wefentlich eine Errungen-
fchaft deutfehen Geifles, und das aus diefer Erkenntnifs abgeleitete Kunflprinzip
war in Deutfchland tiefer in das Bewufstfein und die Empfindung der Gebildeten
eingedrungen und blieb länger darin herrfchend, als anderwärts. Indem Winckel-
mann fein klafflfches Ideal, das Ideal jener fchlichten und maafsvollen Schönheit,
die er als den edelften Vorzug der Antike pries, zum höchflen Kunflideal erhob,
fchien er einem geifligen Bedürfnifs zu entfprechen, das damals in der germanifchen
Nation flärker, als bei anderen Völkern, empfunden wurde. Jedenfalls hat man zu
jener Zeit, wo der Ueberdrufs an der Affektirtheit und den Uebertreibungen der
vorangehenden Kunflepoche allgemein war, die Winckelmann'fche Lehre nirgends
mit gröfserer Begeifterung aufgenommen. Thorwaldfen's Werke begrtifste man in
Deutfchland mit fo grofsem Enthufiasmus, weil in ihnen jenes Ideal reiner, als
in allen anderen Werken der gleichzeitigen bildenden Kunft verwirklicht fchien.
Orfled, der bekannte dänifche Naturforfcher, hat in einem Auffatz, der
feinen agefammelten Schriften« eingereiht ift, das adänifche Gepräge« in Thor-
waldfen's Charakter mit patriotifchem Intereffe hervorgehoben. In dem ruhigen,
zu heftigen, leidenfchaftlichen Aeufserungen nicht geneigten Naturell des
Künfllers will er fpezihfche Eigenfchaften des dänifchen Volkscharakters er-
blicken, Eigenfchaften, die man airrigerweife fehr häufig mit einer genialen Be-
gabung für unvereinbar halte«. Er deutet auf den Zufammenhang diefes Naturells
mit Thorwaldfen's Kunflcharakter, und es fcheint beinahe als wolle er in feiner
etwas feltfamen Auseinanderfetzung Thorwaldfen's Griechenthum direkt aus feinem
Dänenthum herleiten. Von gröfserem Intereffe möchte es jedenfalls fein, in Thor-