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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Eggers, Friedrich: Johann Gottfried Schadow und Christian Daniel Rauch
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0120
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CHRISTIAN DANIEL RAUCH. 1777 — 1804.

zu bringen mit dem Pflichtgefühl, feiner Mutter und dem einzigen jüngeren Bruder
die Stütze bieten zu müffen, welche durch den Tod des Vaters und des älteren
Bruders unabweislich nöthig geworden war. Dazu bot der Dienfl beim Könige
fofort die fichere Handhabe, und fünf Tage nach feiner Ankunft in Potsdam trat
Rauch in die Stellung, welche ihm vorläufig jegliche Ausficht abfchnitt, feine Hand
einmal wieder in den Dienfl der Kunfl zu Teilen.
Kein volles Jahr verging, als eine neue Wendung des Lebensgefchicks zu
kommen fchien. Der König, welchen Rauch im Sommer zur Kur nach Pyrmont
begleitet hatte, Harb nach feiner Rückkehr aus dem Bade. Rauch fuchte nun
feine Entlaffung aus dem königlichen Dienfle nach und verwendete die freiere
Zeit fofort auf den Neubeginn feiner künfllerifchen Studien. — Doch die Ent-
laffung ward nicht gewährt. Alles was er erreichte, war, dafs ihm Erleichterungen
in feinen jetzt für die Königin Luife beflimmten Dienflpflichten zugeftanden wurden,
fo dafs er feiner Neigung nebenher leben durfte. Es ward ihm gehaftet, abends
an den Uebungen im Aktfaale der Akademie Theil zu nehmen und den Vor-
lefungen Hirt's und Rambach's beizuwohnen. Den Tagesfchlufs bildete dann in
der Regel eine Vereinigung mit feinen akademifchen Genoffen: Carl Wichmann,
Philipp Wolf, Rofentreter, Kretschmar und Jachtmann zu gemeinfamer Lektüre.
Der letztere las vor: Schiller's Don Carlos, Wallenflein, Goethe's Propyläen. Das
Gelefene ward eifrig durchfprochen. Tagsüber verwendete Rauch jede fleh
bietende Mufseftunde zur Förderung in feinem Künfllerberufe. Das Nächflliegende
ward zum Gegenhande plaflifcher Uebung gemacht. So entftanden die Bühen
des Kahellans Meifler, des königlichen Leibjägers Türk, der beiden Kinder des
Silberdieners Bork, des Sohnes des Infpektors Gaffron, des Schaufpielers Lortzing,
des kleinen Wilhelm Wach (des fpäteren Malers), der Kammerdiener Lutzke'fchen
Eheleute — Alles verfchollene und wohl längfl der Vergänglichkeit des Gipfes
anheimgefallene Erfllingsarbeiten, die aber damals nicht unbemerkt blieben von
dem Auge hoher und allerhöchfter Gönner. Die wiederholte Bitte um Dienh-
entlaffung ward freilich abgefchlagen, aber doch zunächft auf Fürfprache des Ober-
hofmeihers von Schilden ein fechsmonatlicher Urlaub zum Studienaufenthalt
in Dresden im Jahre 1802 gewährt. Hier kopirte Rauch den antiken bogen-
fpannenden Amor und arbeitete mit Unger zufammen an einem von Matthaei
entworfenen Relief für den Flachgiebel einer Kirche, die Errichtung der ehernen
Schlange darftellend. Auf der Ausheilung der königlichen Akademie der Künhe
in Berlin trat er im Herbfle jenes Jahres mit einem Relief, Artemis und Endymion,
zum erften Male an die Oehentlichkeit.
Von jetzt ab wendete fleh ihm das Intereffe des Hofbildhauers Gottfried
Schadow zu. Diefem, dem Lehrer der Akademie, war der dilettantifche Kammer-
diener eben nicht fympathifch gewefen, aber dem K wieder zur Kunfl erwachten n
jungen Manne — fo äufserte fleh Schadow felbft — konnte er feine Theilnahme
nicht mehr vorenthalten, nachdem diefer jetzt feine Beharrlichkeit wie fein Talent
für die Kunfl unzweifelhaft dokumentirt hatte. Die Schadow'fche Werkftatt war
damals mit umfänglichen Arbeiten betraut. Es gehörte dazu ein Relief für einen
Hörfaal der chirurgifchen Pepiniere des General-Chirurgen Görcke. Die Skizze
arbeitete Schadow zu Anfang des Jahres 1803. Die Aufgabe warDarhellung der
 
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