PERIODE DES HISTORISCHEN SCHAFFENS.
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auf Befehl des Königs zwei Biiflen der Königin Luife, deren eine zu dem mit
Palmetten verzierten Diadem noch einen zu beiden Seiten des Hauptes herab-
hängenden Schleier erhielt.
Diefe letzten Bülten wurden gearbeitet nach der Aufhellung und Weihe des
Denkmals der Königin in dem vollendeten Maufoleum im Sommer 181$. Das
mit fo grofser Liebe und Sorgfalt ausgeführte Marmorbild war eine überreiche
Erfüllung deffen, was der gepriefene Entwurf verheifsen hatte, und feine An-
ziehungskraft ilt nach mehr denn zwei Menfchenaltern unvermindert geblieben.
Es hat dies nicht blofs den Gefühlsgrund der allgemein menfchlichen Theilnahme
und Verehrung für die dem gefammten deutfchen Volke fo theuer gewordene
Königin, auch das Kunftwerk als folches wirkt fort und fort. Denn feine Stellung
in der Gefchichte der Plaltik ift eine fo prägnante, dafs deren Bedeutung fleh
auch dem ganz naiven Bewufstfein fall aufzudrängen fcheint. In jedem Ent-
wickelungsverlauf find beftimmt ausgeprägte Anfangs- oder Endpunkte das Her-
vorragendfte. Das Luifen-Denkmal vereinigt zwei folche Punkte in fleh, es ift
fowohl Abfchlufs der durch Canova vertretenen Richtung des idealen Stils, die
nur das Reizende betont, mehr aber der Anfang des auf das Erhabene gerichteten
Stils unter gleichzeitiger Betonung des realen Moments des Hiftorifchen. Denn
die erhabene Frauengeftalt ift das wirkliche Abbild der preufsifchen Königin und
zugleich, man möchte fagen vorahnend, von dem Künftler fo gebildet, dafs es
den Nachfahren nicht fchwer wird, diefes Denkmal den hiftorifchen anzureihen,
welche dem Kampfe und Siege Deutfchlands gegen den Erbfeind gewidmet find.
Die endliche Beendigung langjähriger Kriege erweckte das Bedürfnis der \
ktinftlerifchen Verherrlichung der Siege durch Denkmäler und Statuen. Den
erften Anlafs gab der Auftrag des Königs an Schinkel, feinen Lieblingsplan zu
verwirklichen und durch Ueberwölbung des grünen Grabens den Platz für ein
Wachgebäude, die Königswache, zu fchaffen. Diefer Aufgabe konnte Schinkel
unmöglich anders genügen, als in Hinblick auf die harmonifche Geftaltung der
Umgebung, welche im Anfchlufs an diefe Wache fleh zur Hauptbühne militärifcher
Schaufpiele erweitern mufste und demgemäfs mit den Standbildern der Helden
zu fchmücken war, deren Namen in Aller Munde lebten. Zunächft wäre dann
Blücher gefordert. Aber in Verbindung mit der Königswache mufsten zwei
Statuen gedacht und diefen gegenüber dem Haupthelden ein bevorzugter Platz
gewährt werden. Bülow und Scharnhorft waren die Nächftberechtigten, die, zu
beiden Seiten der Wache in Marmor aufgeftellt, dem architektonifchen Werke einen
plaftifchen Rahmen geben follten. So war es Schinkel's Projekt und fo ward die
Ausführung an Rauch übertragen, der mit diefen Aufgaben die Reihe der hifto-
rifchen Denkmäler begann, die das Hauptwerk feines Lebens bildeten.
Nach Genehmigung der Skizzen ward ihm geftattet, bis zur Vollendung des
architektonifchen Theiles jener Gefammtanlage abermals nach Italien zu gehen.
In Rom hatte das Kunftleben und Kunfttreiben inzwifchen einen anderen Charakter
angenommen, infofern der Gegenfatz der Klaffiker und Romantiker an Schärfe
gewonnen hatte, wie fchon die nun auftauchende Unterfcheidung in Nazareth und
Heidenthum kennzeichnet. Cornelius, Overbeck, Veit, Wilhelm Schadow gaben
der neu - romantifchen Kunft mehr oder minder fördernde Richtungen. Die
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auf Befehl des Königs zwei Biiflen der Königin Luife, deren eine zu dem mit
Palmetten verzierten Diadem noch einen zu beiden Seiten des Hauptes herab-
hängenden Schleier erhielt.
Diefe letzten Bülten wurden gearbeitet nach der Aufhellung und Weihe des
Denkmals der Königin in dem vollendeten Maufoleum im Sommer 181$. Das
mit fo grofser Liebe und Sorgfalt ausgeführte Marmorbild war eine überreiche
Erfüllung deffen, was der gepriefene Entwurf verheifsen hatte, und feine An-
ziehungskraft ilt nach mehr denn zwei Menfchenaltern unvermindert geblieben.
Es hat dies nicht blofs den Gefühlsgrund der allgemein menfchlichen Theilnahme
und Verehrung für die dem gefammten deutfchen Volke fo theuer gewordene
Königin, auch das Kunftwerk als folches wirkt fort und fort. Denn feine Stellung
in der Gefchichte der Plaltik ift eine fo prägnante, dafs deren Bedeutung fleh
auch dem ganz naiven Bewufstfein fall aufzudrängen fcheint. In jedem Ent-
wickelungsverlauf find beftimmt ausgeprägte Anfangs- oder Endpunkte das Her-
vorragendfte. Das Luifen-Denkmal vereinigt zwei folche Punkte in fleh, es ift
fowohl Abfchlufs der durch Canova vertretenen Richtung des idealen Stils, die
nur das Reizende betont, mehr aber der Anfang des auf das Erhabene gerichteten
Stils unter gleichzeitiger Betonung des realen Moments des Hiftorifchen. Denn
die erhabene Frauengeftalt ift das wirkliche Abbild der preufsifchen Königin und
zugleich, man möchte fagen vorahnend, von dem Künftler fo gebildet, dafs es
den Nachfahren nicht fchwer wird, diefes Denkmal den hiftorifchen anzureihen,
welche dem Kampfe und Siege Deutfchlands gegen den Erbfeind gewidmet find.
Die endliche Beendigung langjähriger Kriege erweckte das Bedürfnis der \
ktinftlerifchen Verherrlichung der Siege durch Denkmäler und Statuen. Den
erften Anlafs gab der Auftrag des Königs an Schinkel, feinen Lieblingsplan zu
verwirklichen und durch Ueberwölbung des grünen Grabens den Platz für ein
Wachgebäude, die Königswache, zu fchaffen. Diefer Aufgabe konnte Schinkel
unmöglich anders genügen, als in Hinblick auf die harmonifche Geftaltung der
Umgebung, welche im Anfchlufs an diefe Wache fleh zur Hauptbühne militärifcher
Schaufpiele erweitern mufste und demgemäfs mit den Standbildern der Helden
zu fchmücken war, deren Namen in Aller Munde lebten. Zunächft wäre dann
Blücher gefordert. Aber in Verbindung mit der Königswache mufsten zwei
Statuen gedacht und diefen gegenüber dem Haupthelden ein bevorzugter Platz
gewährt werden. Bülow und Scharnhorft waren die Nächftberechtigten, die, zu
beiden Seiten der Wache in Marmor aufgeftellt, dem architektonifchen Werke einen
plaftifchen Rahmen geben follten. So war es Schinkel's Projekt und fo ward die
Ausführung an Rauch übertragen, der mit diefen Aufgaben die Reihe der hifto-
rifchen Denkmäler begann, die das Hauptwerk feines Lebens bildeten.
Nach Genehmigung der Skizzen ward ihm geftattet, bis zur Vollendung des
architektonifchen Theiles jener Gefammtanlage abermals nach Italien zu gehen.
In Rom hatte das Kunftleben und Kunfttreiben inzwifchen einen anderen Charakter
angenommen, infofern der Gegenfatz der Klaffiker und Romantiker an Schärfe
gewonnen hatte, wie fchon die nun auftauchende Unterfcheidung in Nazareth und
Heidenthum kennzeichnet. Cornelius, Overbeck, Veit, Wilhelm Schadow gaben
der neu - romantifchen Kunft mehr oder minder fördernde Richtungen. Die