FRIEDRICH WILHELM I., FRANCKE.
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welche nicht, wie die vier anderen genannten, von Rauch blofs fkizzirt, fondern
auch modehirt worden hnd. Hier war Rauch wieder auf dem eigenften Gebiet
feiner Plaftik, während die genannte Reihe der bewegteren Schöpfungen nur den
Beweis lieferte, dafs feine bildnerifche Natur nicht angelegt war auf die Darflellung
lebhafter phyEfcher und pfychifcher Erregtheit.
Aufser diefem Luifenbilde im Genius des Kreuzbergdenkmals kam um jene
Zeit bis 1827 noch eine zweite Statue der Königin Luife zur Vollendung als
vollkommenere Geftaltung der Charlottenburger Grabftatue. Wir wiffen, dafs
letztere dem Künftler fchon nicht mehr genügte zu der Zeit, da ihr VerluE durch
feindliche Kaperei drohte. Ein trefflicher Marmorblock hatte ihn aber fchon vor-
her verführt, eine beffere Ausarbeitung auf eigene Hand als Studie vorzunehmen,
in welcher ihm die beabhchtigte Steigerung der Anmuth und Würde in hohem
Mafse gelungen iE. Gleiche Vollendung iE zuzuerkennen der von 1827 bis 1830
entEandenen Arbeit Rauch's, in welcher das gleiche Motiv, die DarEellung des
Todesfchlummers, von der königlichen Frau übertragen iE auf ein liebliches
Kind, in der GrabEatue der PrinzefEn von DarmEadt. Seit Vollendung der dor-
tigen FürEengruE im HerbE 1881 iE diefe treffliche Schöpfung Rauch's der faE
fchon eingetretenen Vergeffenheit wieder mehr entriffen worden.
Die auf Befehl des Königs in Gumbinnen dem Begründer der Stadt errichtete
Statue des Königs Friedrich Wilhelm I. charakterihrt in der Eraffen Haltung und
dem wohlwollenden GeEchtsausdruck das Erenge Wefen und die Herzensgüte des
Soldatenkönigs. Er trägt den zeitgemäfsen einfachen Soldatenrock, der durch das
Motiv der fegnend ausgeEreckten Hand zu voller Geltung kommt, indem der
Hermelinmantel in vortrefflich motivirtem Faltenwurf von ihr gehoben wird. Eben-
bürtig in treffender CharakteriEik iE das für München gefchaffene Sitzbild des
Königs Max Jofeph, der gleichfalls die Rechte zum Segen erhebt. Zur Aus-
führung diefer Statue überEedelte Rauch zeitweilig nach München, wo König
Ludwig ihn gern als den Seinen behalten hätte. Anhänglichkeit an das preufsifche
Königshaus und Klugheit in BetreE richtiger Würdigung aller maßgebenden Ver-
hältniEe in München vereinigten Ech, um Rauch kaum zu einer Erwägung folcher
UeberEedelung gelangen zu laffen. In der That hat er für die KunEentWickelung
in Baiern dadurch mehr und felbEändiger wirken können, als ihm als Unterthan
des Königs Ludwig vielleicht möglich geworden wäre. Denn jedes perfönliche
Abhängigkeitsverhältnifs fetzt Schranken, welche bisweilen an ganz ungehöriger
Stelle bemerkbar werden.
Dies fchien Rauch bei dem Denkmal des Waifenvaters Francke für Halle
begegnen zu follen. Er hatte es im Einklang mit dem dortigen MagiErat und
der Waifenhausverwaltung zur AufEellung auf den Francke-Platz komponirt. Aber
der König verbot diefe AufEellung und verwies das Monument auf den Hof des
Waifenhaufes trotz aller GegenvorEellungen Rauch's und der Stadt Halle. Der
Erfolg zeigt glücklicherweife, dafs letztere Ech getäufcht hatten, und der befohlene
Standort das Monument weit wirkfamer zur Geltung bringt, als der unfchöne Platz es
vermocht hätte, wenngleich der Grund des Verbotes kein äEhetifcher war, fondern
wahrfcheinlich nur die RückEcht, dafs zu jener Zeit Civilperfonen in Deutfchland noch
nicht die pafEve öEentliche Denkmalsfähigkeit erlangt hatten. Das Denkmal felbE
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welche nicht, wie die vier anderen genannten, von Rauch blofs fkizzirt, fondern
auch modehirt worden hnd. Hier war Rauch wieder auf dem eigenften Gebiet
feiner Plaftik, während die genannte Reihe der bewegteren Schöpfungen nur den
Beweis lieferte, dafs feine bildnerifche Natur nicht angelegt war auf die Darflellung
lebhafter phyEfcher und pfychifcher Erregtheit.
Aufser diefem Luifenbilde im Genius des Kreuzbergdenkmals kam um jene
Zeit bis 1827 noch eine zweite Statue der Königin Luife zur Vollendung als
vollkommenere Geftaltung der Charlottenburger Grabftatue. Wir wiffen, dafs
letztere dem Künftler fchon nicht mehr genügte zu der Zeit, da ihr VerluE durch
feindliche Kaperei drohte. Ein trefflicher Marmorblock hatte ihn aber fchon vor-
her verführt, eine beffere Ausarbeitung auf eigene Hand als Studie vorzunehmen,
in welcher ihm die beabhchtigte Steigerung der Anmuth und Würde in hohem
Mafse gelungen iE. Gleiche Vollendung iE zuzuerkennen der von 1827 bis 1830
entEandenen Arbeit Rauch's, in welcher das gleiche Motiv, die DarEellung des
Todesfchlummers, von der königlichen Frau übertragen iE auf ein liebliches
Kind, in der GrabEatue der PrinzefEn von DarmEadt. Seit Vollendung der dor-
tigen FürEengruE im HerbE 1881 iE diefe treffliche Schöpfung Rauch's der faE
fchon eingetretenen Vergeffenheit wieder mehr entriffen worden.
Die auf Befehl des Königs in Gumbinnen dem Begründer der Stadt errichtete
Statue des Königs Friedrich Wilhelm I. charakterihrt in der Eraffen Haltung und
dem wohlwollenden GeEchtsausdruck das Erenge Wefen und die Herzensgüte des
Soldatenkönigs. Er trägt den zeitgemäfsen einfachen Soldatenrock, der durch das
Motiv der fegnend ausgeEreckten Hand zu voller Geltung kommt, indem der
Hermelinmantel in vortrefflich motivirtem Faltenwurf von ihr gehoben wird. Eben-
bürtig in treffender CharakteriEik iE das für München gefchaffene Sitzbild des
Königs Max Jofeph, der gleichfalls die Rechte zum Segen erhebt. Zur Aus-
führung diefer Statue überEedelte Rauch zeitweilig nach München, wo König
Ludwig ihn gern als den Seinen behalten hätte. Anhänglichkeit an das preufsifche
Königshaus und Klugheit in BetreE richtiger Würdigung aller maßgebenden Ver-
hältniEe in München vereinigten Ech, um Rauch kaum zu einer Erwägung folcher
UeberEedelung gelangen zu laffen. In der That hat er für die KunEentWickelung
in Baiern dadurch mehr und felbEändiger wirken können, als ihm als Unterthan
des Königs Ludwig vielleicht möglich geworden wäre. Denn jedes perfönliche
Abhängigkeitsverhältnifs fetzt Schranken, welche bisweilen an ganz ungehöriger
Stelle bemerkbar werden.
Dies fchien Rauch bei dem Denkmal des Waifenvaters Francke für Halle
begegnen zu follen. Er hatte es im Einklang mit dem dortigen MagiErat und
der Waifenhausverwaltung zur AufEellung auf den Francke-Platz komponirt. Aber
der König verbot diefe AufEellung und verwies das Monument auf den Hof des
Waifenhaufes trotz aller GegenvorEellungen Rauch's und der Stadt Halle. Der
Erfolg zeigt glücklicherweife, dafs letztere Ech getäufcht hatten, und der befohlene
Standort das Monument weit wirkfamer zur Geltung bringt, als der unfchöne Platz es
vermocht hätte, wenngleich der Grund des Verbotes kein äEhetifcher war, fondern
wahrfcheinlich nur die RückEcht, dafs zu jener Zeit Civilperfonen in Deutfchland noch
nicht die pafEve öEentliche Denkmalsfähigkeit erlangt hatten. Das Denkmal felbE