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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Schmarsow, August: Pierre-Jean David d'Angers: geb. zu Angers d. 12. März 1788, gest. in Paris d. 5. Januar 1856
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0219
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DIE ERSTEN AUFTRÄGE.

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des Parthenon, die Lord Eigin nach England gebracht, beftimmte ihn fchnell zur
Reife nach London, wo er auch den Bildhauer John Flaxman kennen zu lernen
hoffte. Der Engländer empfing ihn kalt und zurückweifend, feine plattifchen
Werke erfüllten die Erwartungen nicht, die feine Zeichnungen zu Homer und
Dante erweckt; deflo dauernder feffelten die Elgin-Marbles das kundige Auge
des Künfllers, und er pilgerte unermüdlich nach Burlingtonhouse, bis feine
Mittel gänzlich erfchöpft waren. Vergebens fpähte er nach Arbeit; die Aus-
führung eines Waterloodenkmals, die man ihm anbot, fchlug er als guter Fran-
zofe ab und mufste fchliefslich feine Efabfeligkeiten verkaufen, um die Rückkehr
zu ermöglichen.
Als er in Paris ankam, war foeben fein Lehrer Roland geftorben und hinter-
liefs eine unfertige Arbeit, die für das erfle grofse Unternehmen Ludwigs XVIII.
beftimmt war. Die Brücke Louis' XVI., jetzt de la Concorde, follte mit zwölf
Statuen gefchmückt werden, und Roland hatte den grofsen Conde übernommen.
Er flellte ihn ruhig flehend dar bei einer Halbfäule mit der Königskrone darauf
und einer Lilie am Fufse, die er drohend mit feinem Degen befchützt. Aber
nur die Skizze war modellirt; die Ausführung fiel feinem gefchickteften Schüler
zu. David gab diefe Skizze auf und kehrte zu einer Idee zurück, die Roland
bereits 1/82 glücklich verkörpert hatte. Er wählte, wie jener damals, den Augen-
blick, wo der junge Held bei der Belagerung von Freiburg feinen Feldherrnflab
in die Stadt hineinfchleudert, um feine Truppen zum entfcheidenden Kampf zu
befeuern. Voranfehreitend macht er plötzlich Halt, wendet das ftolze Haupt
herausfordernd zurück zu den Soldaten, im Begriff mit der Rechten, die fchon
ausholt, den Stab zu fchleudern, — dann den Degen zu ziehen, den die Linke
hält, und vorwärts zu flürmen. Die ganze Haltung, wie die Züge des Gehchts,
fpiegeln das blitzartige Aufleuchten des Gedankens, der hch fofort in Thätig-
keit umfetzt, unerfchrockene Freiheit, überlegene Energie. Der Beifall war ein-
flimmig, als das Gipsmodell 181/ im Salon erfchien. Seit Puget fei nirgends die
Bewegung mit folcher Wahrheit gegeben. aMa fine, c'est comme l'orage,K rief ein
Weib aus dem Volke.
Es war ein glücklicher Wurf, der Davids Zukunft entfeheiden mufste. Die
Statue, 182/ in Marmor vollendet, ifl mit den andern der Concordiabrücke nach
Verfailles in den Schlofshof gekommen und verfehlt auch heute nicht ihre
Wirkung. Damals bedeutete dies Werk, das der ganzen klafficiftifchen Richtung
fo echt und unvermifcht franzöhfch gegenübertrat, dafs man von feinem Urheber
den Bruch mit der herrfchenden Schultradition zu erwarten habe. Das mufste
fchon die Behandlung des Koflüms lehren. Nichts war verfchmäht; der Federhut,
die Perrücke, die Manfchetten, die Schärpe, die Pluderhofen, die faltigen Stiefel,
alles treulich wiedergegeben, und doch ohne Aengfllichkeit, grofs, frei und einfach.
Der Künfller nimmt es auf hch, mit den Schwierigkeiten der modernen Tracht
zu ringen; und fchon das erfle Mal hat er gehegt.
Eine Reihe von Aufträgen war die Folge: eine Marmorbüfte Franz' I. für
Havre, die Bütte Visconti's für das Inftitut, die Statue des Königs Rene für Aix
und die Racine's, zwölf Apottel für die Kapelle von Vincennes, das Grabmal
Fenelon's für Cambrai und Bonchamps' für St. Florent wurden zu gleicher Zeit
 
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