VERANLASSUNG DER MALEREIEN IN STANZA BARTHOLDY.
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entadelt diefes Volk die Kund. Sie haben nie....« Hier bricht der in mehrfacher
Beziehung für des Künftlers Anfchauungsweife intereffante Brief ab: der Reh
ift verloren. Es ifl derfelbe Brief, deffen Anfang oben als ein Beweis mitge-
theilt worden ilt, wie Cornelius fleh mehr und mehr von der engherzig natio-
nalen Befangenheit zu künfllerifcher Freiheit erhebt. Und in eben diefe Zeit
fällt der Schritt, durch welchen die ihm am nächften Verbundenen die Freiheit
der Anfchauung und Empfindung gegen engherzige Befchränkung eintaufchen.
Seine Entrüftung fpiegelt fich in der von Förfter (I, S. 201 f.) mitgetheilten
Aeufserung trefflich wieder, dafs, wenn noch Einer aus dem Kreife überträte, er
für feinen Theil proteflantifch werden würde. Ging doch nach Niebuhrs fchwer-
wiegendem Zeugnifs der Katholizismus bei ihm im Grunde nicht weiter als der
Glaube der alten Proteftanten. Er fei Bin jeder Hinficht ein frifcher und mäch-
tiger Geift, frei von aller Befchränktheit.K
Damit ift aber auch der anfängliche Bann gebrochen. Wenngleich Corne-
lius feiner innerften Ueberzeugung nach die chriftliche Anfchauung mit der
höchften Wahrheit identiflzirte und deren Verkündigung für das erftrebens-
werthefte Ziel feiner künftlerifchen Thätigkeit betrachtete, ja vielleicht von diefer
Zeit an mehr als je, und es auch nie wieder aus dem Auge verlor, fo hat dies
Streben ihn doch nicht blind gegen die Gröfse der Renaiffancekunft und des
Alterthums gemacht, wie feine fpäteren Urtheile, noch mehr aber feine Werke
felbfl beweifen. Es läfst fleh vielmehr verfolgen, wie jetzt fein Einflufs der
gröfsere wird und wie er den Freund kurze Zeit in feine Bahnen zieht. Er ift
es flcherlich gewefen, der Overbeck zu deffen einziger Abfchweifung in die
klafflfche Kunftrichtung verleitet hat, als diefer fleh herbeiliefs den Thorwald-
fenfehen Alexanderzug zur Vervielfältigung zu zeichnen. Am meiden aber zeigt
es fleh bei der gemeinfamen Unternehmung, welche den Freundesbund in der
That als eine einheitliche Macht hinftellen follte, bei der Ausfchmückung des
Bartholdyzimmers.
Dies war das langerfehnte Ereignifs, deffen glücklicher oder unglücklicher
Ausfall den Beweis liefern follte, ob die neuere Richtung in der That leiftungs-
fähig fei oder nicht. Nach der bisher gütigen Erzählung, welche, wie es fcheint,
zuerft durch den Kupferftecher Barth in einem von Hildburghaufen aus am
9. Nov. 1838 an den Grafen Raczynski gerichteten Briefe (abgedruckt bei Rac-
zynski III, S. 435) verbreitet worden ift, käme das Verdienft, den entfeheidenden
Gedanken gefafst zu haben, ausfchliefslich Cornelius zu. Er habe den Antrag,
ein Zimmer mit leichten Arabesken auszufchmücken, mit dem Gegenantrag er-
wiedert, grofse gefchichtliche Darftellungen zu malen, und den Einwand zu
grofser Koftfpieligkeit damit aus dem Felde gefchlagen, dafs er und feine Freunde
für den Preis, der ihre Exiftenz flchere, oder auch für denfelben Preis, der für den
Arabeskenfehmuck beftimmt gewefen, die Malerei zu liefern bereit feien. Eine
neuerdings bekannt gewordene Quelle von einer Seite, deren Glaubwürdigkeit
um fo mehr aufser allem Zweifel fleht, als fle nicht dazu beftimmt war, je als
Zeugnifs in die Oeffentlichkeit zu treten, läfst uns die Sache anders betrachten
und ift wohl geeignet, einem Manne, der bisher zu fehr in den Hintergrund ge-
drängt worden ift, den vollen Antheil feines Verdienfies zurückzugeben. Es
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entadelt diefes Volk die Kund. Sie haben nie....« Hier bricht der in mehrfacher
Beziehung für des Künftlers Anfchauungsweife intereffante Brief ab: der Reh
ift verloren. Es ifl derfelbe Brief, deffen Anfang oben als ein Beweis mitge-
theilt worden ilt, wie Cornelius fleh mehr und mehr von der engherzig natio-
nalen Befangenheit zu künfllerifcher Freiheit erhebt. Und in eben diefe Zeit
fällt der Schritt, durch welchen die ihm am nächften Verbundenen die Freiheit
der Anfchauung und Empfindung gegen engherzige Befchränkung eintaufchen.
Seine Entrüftung fpiegelt fich in der von Förfter (I, S. 201 f.) mitgetheilten
Aeufserung trefflich wieder, dafs, wenn noch Einer aus dem Kreife überträte, er
für feinen Theil proteflantifch werden würde. Ging doch nach Niebuhrs fchwer-
wiegendem Zeugnifs der Katholizismus bei ihm im Grunde nicht weiter als der
Glaube der alten Proteftanten. Er fei Bin jeder Hinficht ein frifcher und mäch-
tiger Geift, frei von aller Befchränktheit.K
Damit ift aber auch der anfängliche Bann gebrochen. Wenngleich Corne-
lius feiner innerften Ueberzeugung nach die chriftliche Anfchauung mit der
höchften Wahrheit identiflzirte und deren Verkündigung für das erftrebens-
werthefte Ziel feiner künftlerifchen Thätigkeit betrachtete, ja vielleicht von diefer
Zeit an mehr als je, und es auch nie wieder aus dem Auge verlor, fo hat dies
Streben ihn doch nicht blind gegen die Gröfse der Renaiffancekunft und des
Alterthums gemacht, wie feine fpäteren Urtheile, noch mehr aber feine Werke
felbfl beweifen. Es läfst fleh vielmehr verfolgen, wie jetzt fein Einflufs der
gröfsere wird und wie er den Freund kurze Zeit in feine Bahnen zieht. Er ift
es flcherlich gewefen, der Overbeck zu deffen einziger Abfchweifung in die
klafflfche Kunftrichtung verleitet hat, als diefer fleh herbeiliefs den Thorwald-
fenfehen Alexanderzug zur Vervielfältigung zu zeichnen. Am meiden aber zeigt
es fleh bei der gemeinfamen Unternehmung, welche den Freundesbund in der
That als eine einheitliche Macht hinftellen follte, bei der Ausfchmückung des
Bartholdyzimmers.
Dies war das langerfehnte Ereignifs, deffen glücklicher oder unglücklicher
Ausfall den Beweis liefern follte, ob die neuere Richtung in der That leiftungs-
fähig fei oder nicht. Nach der bisher gütigen Erzählung, welche, wie es fcheint,
zuerft durch den Kupferftecher Barth in einem von Hildburghaufen aus am
9. Nov. 1838 an den Grafen Raczynski gerichteten Briefe (abgedruckt bei Rac-
zynski III, S. 435) verbreitet worden ift, käme das Verdienft, den entfeheidenden
Gedanken gefafst zu haben, ausfchliefslich Cornelius zu. Er habe den Antrag,
ein Zimmer mit leichten Arabesken auszufchmücken, mit dem Gegenantrag er-
wiedert, grofse gefchichtliche Darftellungen zu malen, und den Einwand zu
grofser Koftfpieligkeit damit aus dem Felde gefchlagen, dafs er und feine Freunde
für den Preis, der ihre Exiftenz flchere, oder auch für denfelben Preis, der für den
Arabeskenfehmuck beftimmt gewefen, die Malerei zu liefern bereit feien. Eine
neuerdings bekannt gewordene Quelle von einer Seite, deren Glaubwürdigkeit
um fo mehr aufser allem Zweifel fleht, als fle nicht dazu beftimmt war, je als
Zeugnifs in die Oeffentlichkeit zu treten, läfst uns die Sache anders betrachten
und ift wohl geeignet, einem Manne, der bisher zu fehr in den Hintergrund ge-
drängt worden ift, den vollen Antheil feines Verdienfies zurückzugeben. Es