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Kaiserlich-Königliches Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamt [Editor]
Das K. K. Versatzamt in Wien: von 1707 bis 1900 — Wien: Selbstverl., 1901

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Der Betrieb des Versatzamtes.

füllte das Versatzamt zunächst nicht. Wohl erfreute es sich recht lebhaften Zu-
spruches, wie sich aus der Beilage 3 ergibt, aber mit der zunehmenden Zahl der die
Anstalt aufsuchenden Parteien wuchsen auch die Auslagen. Im Jahre 1708 wurde es
nothwendig, zur zweckmäßigen Unterbringung der Pfänder ein eigenes Haus zu er-
werben, wie Seite 14 ausgeführt ist, aber zur Begleichung des Kaufschillings musste unter
Garantie des Groß-Armenhauses Geld aufgenommen werden, wofür 5—6% zu zahlen
waren. Schlimm wurde die Lage des Versatzamtes, als 1713 wegen der Pest das
Belehnen von Kleidern, Wäsche u. dgl, »welche den besten nutzen« abwarfen, auf
drei Jahre eingestellt werden musste, und nur Gold, Silber, Juwelen, Kupfer u. s. w.,
»so nur das halbe interesse ertrageten«, angenommen werden konnten: dadurch
blieb dem Versatzamte »wenig nutzen übrig«. Im Jahre 1716 beliefen sich die Kosten
der Administration und die Interessen für die Passivcapitalien auf 12.180 fl. 51 kr.
rhein., während das Erträgnis der Activcapitalien von 124.231 fl. 37 kr. nur
13.458 fl. 57 kr. rhein. war, demnach der »Gewinn« sich auf 1231 fl. 57 kr. belief.
Diese Ziffer sank noch tiefer, da die Regierung »einrieth«, den Zinsfuß für alle
Pfandobjecte auf 10%% festzusetzen. Am 3. December 1717 erfolgte die kaiser-
liche Genehmigung dieses »Einrathens«, zugleich aber auch die Verordnung,
das Versatzamt mit einem Vorrath von 2000 fl. rhein. zu versehen, um die
Anstalt zu heben und um den Armen zu helfen, damit sie nicht in Wucherhände
fallen. f)
Das Versatzamt war unter diesen Umständen nicht in der Lage, dem Groß-
Armenhause die Zinsen für die vorgestreckten Capitalien, geschweige diese selbst
zurückzuzahlen. Zu all dem kam, dass bei einer Cassenscontrierung 1722 der Abgang
von 192.741 fl. 52 kr. 2 Pfenn. constatiert wurde. Der Amtmann Israel Baumann
rechtfertigte vor Gericht den Betrag von 130.000 fl. und wurde zum Ersätze des
Restbetrages verurtheilt; doch beglich er die Forderung nie, und 1750 wurde ihre
Abschreibung anbefohlen.2)
Nach einer am 1. October 1727 gepflogenen Abrechnung zwischen Versatzamt
und Groß-Armenhaus ergab sich, dass das Versatzamt diesem 264.414 fl. 24 kr. rhein.
an Capitalien3) und 126.453 fl. 40 kr. an »mehrjährigen« Interessen schuldete. Dank
der umsichtigen Leitung des Amtmannes Balthasar Dechäu besserte sich in den
folgenden Jahren die Lage des Versatzamtes derart, dass bei demselben viele Private
ihre Capitalien anlegten; so wurde es möglich, dem Groß-Armenhause beträchtliche
Theilzahlungen für seine obengenannten Forderungen zu leisten, 1731 ein Stock-
werk auf das Versatzamtsgebäude mit einem Kostenaufwande von 20.113 fl. auf-
zusetzen, in den Jahren 1737—1747 dem Kriegszahlamte, dem Fortificationsbau-
und dem Kameral-Zahlamte beträchtliche Vorschüsse zu geben, sowie zur Krönungs-
reise Kaiser Franz 1. nach Frankfurt eine Summe Geldes vorzustrecken. Die ein-
zelnen Posten aller dieser ausgeliehenen Beträge machten 1,514.549 fl. aus. Dazu
kam noch eine Forderung von 5600 fl., welche Summe das Versatzamt im Auf-
trage der Kaiserin 1755 zur Tilgung der Währinger Kirchenbau-Schulden »vor-
geschossen« hatte, sowie die im kaiserlichen Auftrage an Graf Seilern 1761 ge-
gebene »Anticipation« von 6000 fl.4) Die erstgenannte mehr als 1% Millionen Gulden
betragende Summe war auf die Sperrkreuzer bei den Stadtthoren und auf den

, Copie im Archiv des k. k. Ministeriums des Innern. IV. R. 6, und k. k. Archiv für Nieder-
österreich: IIüttner'sche Sammlung, 16, 509—548.

2) Archiv des k. k. Ministeriums des Innern, Index: Niederösterreich 1750.

3) Eine Specification dieser Forderungen liegt nicht mehr vor.

4) Archiv des k. k. Ministeriums des Innern. IV. 0. 4 (61) Fol. 43, Nr. 31.
 
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