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Enders, Siegfried R. C. T.; Landesamt für Denkmalpflege Hessen [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Hessen: Wetteraukreis : 1 — Braunschweig: Vieweg, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.48765#0011
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Territoriale Gliederung der östlichen Wetterau
Ähnlich wie das Mutterland Hessen selbst ist das Gebiet des östlichen Tei-
les des heutigen Wetteraukreises in seiner Entstehung nicht das Ergebnis
einer geradlinigen territorialgeschichtlichen Entwicklung, sondern durch
verschiedene wechselnde Einflüsse bestimmt. Neben den beiden Haupt-
mächten Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel sind viele kleine Standes-
herrschaften, Ganerbschaften und Markgemeinschaften sowie Klöster an
der territorialen Gliederung des Gebietes beteiligt.
Kernstück des Büdinger Landes ist die Grafschaft Büdingen, deren Herren
ursprünglich Verwalter des um Büdingen liegenden Reichsforstes waren.
Dazu gruppieren sich die Gräflich-Stolbergischen Besitzungen im Raum
Ortenberg-Gedern. Die Gebiete der ritterschaftlichen Dörfer Höchst und
Lindheim, beides alte Ganerbschaften, und die Dörfer der Mark Altenstadt.
Außerdem die Besitzungen der Grafen von Ziegenhain und Orte, die den
Grafen von Hanau gehörten und später an Hessen-Kassel fielen. Das Haus
Hessen-Darmstadt hatte sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts eine
Anzahl von Besitzungen gesichert.
Alle diese Territorien mit Ausnahme der Ysenburger Gebietsteile kamen
1806 unter die Hoheit des Großherzogs von Hessen-Darmstadt. 1822 wurde
der „Großherzoglich Hessische Fürstlich und Gräflich Isenburgische
Landraths-Bezirk Büdingen” geschaffen. 1836 verzichteten sämtliche
Linien des Hauses Ysenburg aus freien Stücken auf die ihnen zustehende
Gerechtsame. Die Behörde nannte sich jetzt „Der Großherzoglich Hessi-
sche Kreisrath des Bezirkes Büdingen”.
Landschafts- und Siedlungsformen
Der östliche Teil des heutigen Wetteraukreises, der Altkreis Büdingen, ist
charakterisiert als Übergangslandschaft zwischen der westlich davon ge-
legenen fruchtbaren Ebene der Wetterau und dem nördlichen Vogelsberg.
Die hügeligen Ausläufer des Vogelsberges verlaufen von Nordosten nach
Südwesten und werden durch fünf Flüsse und deren Täler gegliedert. Von
Westen nach Osten sind das die Flüsse Horloff, die Nidda, die Nidder mit
dem Bleichenbach als Nebenfluß und der Seemenbach. Außerhalb des Ge-
bietes münden diese Flüsse zusammen in die Nidda und fließen schließ-
lich zum Main.
Bedingt durch den hügeligen Charakter der Landschaft ist der Altkreis Bü-
dingen sehr abwechslungsreich gegliedert in Feldlagen und Waldungen.
Der westlichste Teil unseres Gebietes mit den Gemeinden Echzell und
Altenstadt gehörte zu römischem Siedlungsgebiet. Unmittelbar östlich
dieser Gemeinden verlief der Limes in nordsüdlicher Richtung und knick-
te dann südlich von Hungen nach Westen ab und bildete bis Butzbach ver-
laufend eine Nase, die die fruchtbare Ebene der Wetterau mit in das römi-
sche Gebiet einbezog. Abgesehen von diesem römischen Teil gehört der
Altkreis Büdingen zu den sog. altbesiedelten Gebieten Mitteldeutsch-
lands, von denen man annimmt, daß sie im 8. Jahrhundert schon so weit
besiedelt waren, daß der größte Teil der heutigen Siedlungen vorhanden
war. In jedem Fall ist die Hauptsiedlungszeit in diesem Gebiet mit dem 15.
Jahrhundert abgeschlossen.
Die topographische Situation der von Südwesten nach Nordosten verlau-
fenden Höhenrücken begünstigte die geographische Bedeutung dieser
Landschaft als Durchzugsgebiet zwischen dem Rheingebiet und Thürin-
gen. Zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert entstanden die mittelalterli-
chen Hauptverkehrsstraßen, von denen drei Hauptstraßen in südwest-
nordöstlicher Richtung das Gebiet durchziehen. Es sind das von Süden
nach Norden die Hohe Straße, die Nidderstraße und die Niddastraße. Sie
führen aus dem Maingebiet nach Fulda bzw. weiterführend nach Thürin-
gen. Nidderstraße und Niddastraße spalten sich zu einer jeweiligen rech-
ten und linken Straße, die auf den Höhenrücken der Flußtäler verlaufen.
Diese mittelalterlichen Hauptstraßen beeinflußten jedoch nicht die Lage
der Siedlungen, da sie zeitlich gesehen nach der Hauptbesiedlung dieses
Gebietes entstanden sind, verdeutlichen aber die geographische Bedeu-
tung als Durchzugsgebiet, die es wohl auch vor dem organisierten
Straßenbau des Mittelalters gehabt hat. Die überwiegende Mehrzahl der
Siedlungen ist vielmehr an den Flüssen des Gebietes gelegen, was sie in
ihrer Siedlungsform dann auch sehr stark geprägt hat (Abb. Bleichen-

Bleichenbach



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