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Der Dreißigjährige Krieg warf die Dörfer in ihrer Entwicklung weit zurück. Erst über 100 Jahre nach Kriegsende,
also im mittleren 18. Jh., erreichten die Dörfer wieder die Größe, die sie zuvor schon einmal besessen hatten.
Seit dem späten 18. Jh. und vor allem im 19. Jh. führten Neuerungen in der landwirtschaftlichen Produktions-
weise (Bebauung der Brache, Einsatz von Dünger, Stallfütterung des Viehs u. a.) und die gesellschaftlichen Verän-
derungen (Bauernbefreiung) zu einem lebhaften Aufschwung, der sich in einer gleichzeitig einsetzenden regen
Bautätigkeit spiegelt. Überall kam es zu planmäßig angelegten Ortserweiterungen entlang der Landstraßen und
um die alten Ortskerne. Neue, große Bauernhöfe entstanden, die sich deutlich durch ihre Größe und zusätzliche
große Wirtschaftgebäude von den alten Bauernstellen unterschieden, die bislang vornehmlich nur aus einem
einzigen Wohnwirtschaftsgebäude bestanden hatten (vgl. Kapitel Haustypologie Bauernhaus). Außer den großen
Gehöften entstanden jetzt in den alten Ortskernen anstelle der kleinen Bauernstellen oft neue Handwerker- und
Tagelöhnerhäuser und bäuerliche Nebenerwerbsstellen.
III. BAUGESCHICHTE, BAUFORMEN, HAUSTYPOLOGIE, FACHWERK
Alle historischen Gebäude wie Sakralbauten, Burgen, Schlösser und Herrenhäuser, Rathäuser und Schulen,
Bürger- und Bauernhäuser sind wichtige Informationsquellen für die geschichtliche und kulturelle Entwicklung
„der Schwalm“. Während die einen Macht und Einfluß geistlicher und weltlicher Herren früherer Epochen doku-
mentieren, sind die anderen Zeugen für die Entwicklung des bürgerlichen und bäuerlichen Lebens. Bürger- und
Bauernhäusern kommt insbesondere deshalb eine große Bedeutung zu, weil allgemein ein Kenntnisdefizit an
diesen sozialgeschichtlichen Dokumenten besteht. Denn während in städtischen Chroniken noch vereinzelt über
das Leben der Bürger berichtet wird, liegen über ländliche Gemeinden meist nur wenige statistische Nachrichten
aus herrschaftlichen Besitzverzeichnissen, Steuerkatastern und Kirchenbüchern vor.
1. Sakralbauten
Sakralbauten gehören zu den ältesten erhaltenen Bauten in „der Schwalm“ und stammen im Kern oft noch aus
dem Mittelalter.
Von der Klosteranlage Spieskappel ist die als kreuzförmige Basilika mit Westturm in Schiffsbreite im letzten
Viertel des 12. Jh. bis Anfang 13. Jh. erbaute Klosterkirche überkommen. Von den übrigen Klostergebäuden
stehen nur noch Fragmente.
Von dem 1173 gegründeten Kloster Immichenhain bestehen noch die Klosterkirche, ein kurzer Rechteckbau in
einfacher Form sowie einige stark verbaute Klostergebäude. Das Kloster wurde im 16. Jh. nach der Reformation
als hessisches Lehen zum Adelssitz umgebaut.
Die Ruine der ehemaligen Pfarrkirche St. Martin in Treysa, der sogenannten Totenkirche, die Anfang 13. Jh. als
spätromanische Pfeilerbasilika begonnen wurde, dokumentiert das Erstarken der Bürgerschaft (Abb. 1).
Von dem vor 1287 gegründeten Dominikanerkloster in Treysa steht nur noch die um 1300 begonnene Kirche St.
Maria, die heutige Stadtpfarrkirche. Sie ist in Anlage und Einzelformen der Fritzlarer Minoritenkirche verwandt.
Die gotische Hallenkirche in Neukirchen (Abb. 2) und die frühgotische Stadtpfarrkirche in Schwarzenborn mit
dem älteren Rechteckchor gehören ebenfalls zu den sakralen Großbauten.
Bezeichnend für „die Schwalm“ ist, daß beinahe jedes Dorf eine Kirche aufweist, die im Kem oft noch mittelal-
terlich ist.
Die Kirche zu Ottrau zählt zu den ältesten Dorfkirchen. Sie ist in Teilen noch spätromanisch und wurde nach den
Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg stark verändert. Vom ehemaligen Wehrkirchhof sind noch Reste der
Ummauerung erhalten, ebenso in Aliendorf an der Landsburg, Holzburg, Schrecksbach, Rommershausen und
vielen anderen Dörfern. Zu den frühen Kirchen gehört auch die romanische Kirche auf dem Schönberg. Die
Kirche in Rückershausen, ein im Kern noch mittelalterlicher Saalbau, ist wegen ihrer Wandmalereien von
1569 in der Sockelzone des Chores hervorzuheben. In Ibra und Oberaula befinden sich die einzigen Chorturm-
kirchen des Gebietes, denn üblicherweise besitzen die Kirchen „der Schwalm“ Westtürme.
In der Reformationszeit wurden keine neuen Kirchen gebaut, die mittelalterliche Ausstattung wurde meist ent-
fernt. Häufig sind die Umgestaltungen älterer Bauten im Stile des Barock und des Klassizismus; seltener sind
Neubauten aus jener Zeit.
Im späten 19. Jh. und frühen 20. Jh. bestand wenig Bedarf an Kirchenneubauten. Neugotische Sakral-
bauten sind lediglich die Kirchen in Aliendorf, Nausis und Seigertshausen und die Gruftkapelle des Adelssitzes in
Willingshausen.
2. Burgen, Schlösser, Herrenhäuser
Entsprechend der differenzierten Territorialgeschichte gibt es in „der Schwalm“ Herrensitze verschiedener
Größe. Allen voran steht das Schloß in der Festung Ziegenhain. Der im Kem noch spätgotische Bau wurde als

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