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Aliendorf an der Landsburg 364 022 010
Der auf einer Anhöhe über dem Schwalmtal gelegene Ort wurde 1196 erstmals urkundlich als Allendorf genannt.
In seiner unmittelbaren Nachbarschaft legte Graf Johann I. von Ziegenhain 1343 auf dem Basaltkegel des Ger-
stenbergs nördlich des Dorfes die Landsburg als Gegenfeste zur mainzischen Burg Jesberg an. In ihrer Nähe
befand sich eine ältere keltische Fliehburg.
Im 14. Jh. und 15. Jh. wurde die Landsburg an verschiedene Adlige verpfändet. 1509 gab sie Landgraf Wilhelm II.
seinem Halbbruder Wilhelm, der sie 1544 an Hessen zurückgab. Die Landsburg bildete damals mit den zuge-
hörigen Dörfern und Wüstungen Allendorf, Michelsberg, Diemerode, Hotzmannshausen und halb Knechtbach
eine Herrschaft.
Bereits im 16. Jh. setzte der Zerfall der Burg ein. Die noch erhaltenen Reste der Burgmauern fielen erst vor weni-
gen Jahren zusammen mit den Resten der keltischen Befestigungsanlage der Expansion eines Steinbruchbetriebes
zum Opfer. Dabei wurde auch ein erst 1908 errichteter Aussichtsturm gesprengt.
In Allendorf selbst sind aus dem Mittelalter lediglich Reste der spätgotischen Kirchhofummauerung mit Schieß-
scharten erhalten. Die bereits 1231 genannte Pfarrkirche war eine gewölbte Saalkirche mit eingezogenem
Rechteckchor und schlanken Ecktürmchen. 1899 wurde sie durch den heute erhaltenen Bau ersetzt.
Die ältesten Bauernhäuser stammen aus der Zeit um 1700 und vor allem aus dem 18. Jh. und 19. Jh. Die Entwick-
lung der Ortschaft vom Mittelalter bis in unsere Zeit läßt sich deshalb vor allem mit Hilfe der vorhandenen Orts-
struktur nachvollziehen, denn trotz des in jüngerer Zeit erfolgten Ausbaues der Kreisstraße durch den Ort, dem
auch mehrere Gebäude zum Opfer fielen, blieb die ursprüngliche Parzellierung zum großen Teil erhalten.
Der älteste Kem Allendorfs ist der Wehrkirchhof mit dem ihn ringförmig umgebenden Bereich mit den radial auf
die Kirche zulaufenden Parzellen.
Während sich im kleinteilig gegliederten Bereich im Südosten vermutlich abhängige Kleinbauemstellen befan-
den, deuten die größeren Parzellen im Westen und besonders im Norden auf reichere Anwesen hin.
Da der Kirchhof lange Zeit einzige Zufluchtstätte für die Bewohner war, war der unmittelbar an die Kirchhof-
mauer angrenzende Ring vermutlich Teil des Befestigungswerkes und ursprünglich von Bebauung freigehalten.
Er wurde wahrscheinlich erst im 18. Jh. und 19. Jh. mit bäuerlichen Einhäusem bebaut. In dieser Zeit kam es in
Allendorf wie überall in der Schwalm zu den großen, planmäßig angelegten Ortserweiterungen.
Zuvor wurden erst die Lücken wieder geschlossen, die der Dreißigjährige Krieg in die Bausubstanz geschlagen
hatte. Dies veranschaulicht die Zahl der Haushalte. Vor dem Krieg gab es 1585 bereits 48 Haushalte, während
1747 erst wieder 54 Haushalte bestanden.
Eine planmäßig angelegte Ortserweiterung ist die nördlich des Dorfkems gelegene Königstraße. Ihr Name bezieht
sich auf Landgraf Friedrich L, der seit 1720 König von Schweden war. An ihr sind kleine Hofanlagen
kammartig aufgereiht, so daß zwischen einem Emhaus und der Rückwand des jeweiligen Nachbargebäudes ein
tiefrechteckiger Hofplatz besteht, der hinten meist durch ein Wirtschaftsgebäude geschlossen ist. Gleichzeitig
expandierte Allendorf auch entlang der Straße zur Landsburg.
In Allendorf gibt es noch einen zweiten, kleineren Ortskem, der 1262 erstmals als Nieder- oder Kleinaliendorf
genannt wurde. Die Verbindung beider Ansiedlungen erfolgte erst durch die Bebauung der Straße zur
Landsburg. Zentrum dieses kleineren Ortskems ist eine Hofanlage, um die sich eng kleinparzellierte Grundstücke
schließen. Möglicherweise handelt es sich hierbei um den ehemaligen Sitz eines nach Allendorf benannten und
bereits 1470 ausgestorbenen Adelsgeschlechts.

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