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ist bei dem 1904 von den Architekten Well-
mann & Barth errichteten Wohn-/Geschäfts-
haus Hutfiltern 7 die Erdgeschoßzone durch
moderne Ladeneinbauten vollständig verän-
dert. Als jüngster dieser drei Bauten gehört er
bereits der Stilstufe des Späthistorismus an,
an dessen Fassade schon Jugend- und Hei-
matstilmotive miteinander verbunden wur-
den. Anders als die streng tektonisch und pla-
stisch durchgebildeten Fronten der beiden äl-
teren Nachbarbauten, ist diese Fassade flä-
chig-malerisch durchgebildet, und die for-
male Verklammerung der einzelnen Ge-
schosse untereinander ist weitgehend aufge-
löst. Während das Erdgeschoß ursprünglich
eine asymmetrische Anordnung von Tür- und
Schaufensteröffnungen in ausgeprägten Ju-
gendstilformen zeigte, sind das erste und
zweite Obergeschoß zu einer formalen Ein-
heit zusammengefaßt, bei der dezente Putz-
ornamentik in einer Mischung aus Jugendstil
und traditionellen Formen das verbindende
Gestaltungsprinzip ist. Das Obergeschoß mit
Drempel und Dacherker zeigt ein nicht kon-
struktives, vorgeblendetes Zierfachwerk, das
mit seinen historisierenden Formen über ei-
ner leichten Vorkragung zwischen zwei
Brandmauerstücke eingespannt ist.
An dem kleinen dreieckigen Platz, der sich am
Treffpunkt von Hutfiltern, Damm und Kattrep-
peln bildet, stehen einige denkmalwerte Bau-
ten, die sehr unterschiedlichen Bauepochen
angehören, dicht beieinander; sie haben für
das Straßenbild an dieser Gelenkstelle große
Bedeutung.

Während mit den Hausnummern 3 und 4 an
der Nordseite des Dammes noch zwei Bei-
spiele der älteren Braunschweiger Stadtbau-
geschichte erhalten sind, gehören das große
Wohn-/Geschäftshaus Damm 40, das Eck-
haus Kattreppeln 1 sowie die Zeile Damm 33,
34, 36, 37, 38 und 39 jener Bauphase an, in
der seit den achtziger Jahren des 19. Jh.
große Teile der östlichen Altstadt zu einem
modernen, großstädtischen Geschäftsviertel
umstrukturiert wurden.
Damm 3 ist um 1800 als reines Wohnhaus er-
richtet worden und vertritt als verputztes
Fachwerkgebäude die Stilphase des Klassi-
zismus. Ursprünglich hatte das Haus auch im
Erdgeschoß Wohnräume und stand auf einem
niedrigen Werksteinsockel mit flachen Keller-
fenstern. Die Fassade war, vergleichbar mit
der von Hutfiltern 6, völlig schmucklos und
das Holzgerüst nur dünn überschlämmt. Die
kräftigen Bedachungen und profilierten Rah-
mungen der Fenster entstammen wahr-
scheinlich einem um 1900 erfolgten Umbau,
bei dem auch das Erdgeschoß erstmals in ein
Ladengeschäft umgewandelt wurde.
Mit dem direkt anschließenden Fachwerkbau
Damm 4 ist im östlichen Altstadtbereich das
einzige Holzgebäude aus der Übergangszeit
zwischen Spätgotik und Renaissance erhal-
ten geblieben. Um 1530 wurde das Bürger-
haus mit ursprünglich mittiger Diele und
Durchfahrt errichtet, ist im Laufe der Zeit je-
doch mehrmals verändert worden, wobei die
Entfernung des bauplastischen Schnitzwer-

kes um 1830 und der gegen 1870/80 erfolgte
Einbau von Läden im Erdgeschoß den größ-
ten Verlust darstellten. Die heute erst ober-
halb der modernen Ladeneinbauten anset-
zendealte Bausubstanzdeself Spann breiten
Hauses kragt mit den zwei oberen Vollge-
schossen und mit dem Dachüberstand drei-
mal über kräftigen Knaggen vor, wobei die
beiden oberen Knaggenreihen mit Perlstab-
und Taubandmotiv verziert und diejenigen
unter der ersten Vorkragung figürlich bearbei-
tet sind. Zwei der ursprünglich zwölf Figuren-
knaggen fehlen. Von den noch verbliebenen
figürlichen Darstellungen sind besonders die
komplizierten Gruppendarstellungen der Hl.
Familie links und der Hl. Anna selbdritt rechts
über der ehemaligen Einfahrt bemerkens-
wert. DerHI. Familiesindaufdendreiäußeren
Ständern der linken Hausfront die Hl. drei Kö-
nige zugeordnet. Eine weitere, aufeinander
bezogene Figurengruppe bildet der im Zen-
trum der Fassade stehende Hl. Ulrich im Bi-
schofsornat, flankiert von Cosmas und Da-
mian. Als Hieronymus mit seinem Löwen ist
die zwischen den beiden verlorenen Knag-
gen an der rechten Haushälfte isoliert ste-
hende Figur zu identifizieren.
Vor der Glättung der Fassade im Jahre 1830
waren alle Schwellen und Fußbänder mit rei-
chem ornamentalen Schnitzwerk überzogen.
Der Vernichtung entging damals nur das pla-
stische Astgewinde auf dem Dachbalken un-
ter der Traufe sowie die vielfach profilierten,
bis an den durchlaufenden, aufgeblatteten
Brustriegel herabreichenden Knaggen des
Speichergeschosses. Auch die Rückseite

Hutfiltern 8, 1887, Architekt F. Röper und Damm 1, 1890, Architekt F. Röper


Damm 3, um 1800


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