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AM MAGNITOR
Das Magnitor war während des Mittelalters
der Hauptausgang der Stadt im Osten. Nach
ihm ist das letzte Stück des durch die Altewiek
und an der Magnikirche vorbeiführenden
Straßenzuges benannt, der jenseits des 1785
abgebrochenen Tores in die Fernstraße nach
Magdeburg mündete.
Das Ende der mittelalterlichen Bebauung an
der Stelle des ehemaligen Tores ist heute
deutlich sichtbar an dem Versprung der Stras-
senflucht nach Haus Nr. 7 auf der Nordseite
der Straße, bei dem die gründerzeitliche Be-
bauung beginnt, mit der ein Teil des ehemali-
gen Befestigungsgürtels seit dem Ende des
19. Jh. überbaut wurde.
Bis zu dieser deutlich wahrnehmbaren Zäsur
ist das Straßenbild auf beiden Seiten über-
wiegend bestimmt von Fachwerkarchitektur
von zum Teil noch beträchtlichem architektur-
historischem Wert.
Das jüngste der Fachwerkhäuser an diesem
immer noch „mittelalterlich“ anmutenden
kurzen Straßenzug ist das dreigeschossige
an der Nordseite, Am Magnitor 3. Es stammt
in seiner Grundsubstanz aus dem Beginn des
19. Jh. und wurde damals als wohl zweige-
schossiges Wohnhaus mit mittiger Torein-
fahrt errichtet. Die Aufstockung um ein weite-
res, etwas niedrigeres Geschoß wird nach der
Jahrhundertmitte stattgefunden haben. In
dem Haus waren ursprünglich Wohnungen
für Offiziere der nahegelegenen Kaserne am
Löwenwall eingerichtet. Ab 1866 kamen An-
bauten im Hof dazu, und um 1900sind im Erd-
geschoß des Vorderhauses Werkstätten ein-
gerichtet worden. Ein erster Laden ist um
1910 nachweisbar, der im Unterschied zu der
heutigen, das ganze Erdgeschoß einneh-
menden Ladenzone in seiner Fensterteilung
noch mehr Rücksicht auf die Fachwerkstruk-
tur der Obergeschosse nahm.
Vom Ende des 17. Jh. bis zum ausgehenden
19. Jh. reicht die Zeitspanne, in der die
Gruppe der östlich anschließenden vier Ge-
bäude entstand, wobei Am Magnitor4, als be-
scheidenes Bürgerhaus 1682 erbaut, zu den
wenigen, heute noch existierenden Fach-
werkhäusern der Stadt gehört, die am Ende
des 17. Jh. errichtet wurden. Mit nur drei Fen-
sterachsen auf schmaler Parzelle stehend ist
die Substanz des 17. Jh. auf die beiden Ober-
geschosse konzentriert, die in dieser Zeit nur
noch wenig auf den abgeschrägten und leicht
gekerbten Balkenköpfen vorkragen. Die ab-
gerundeten Füllhölzer sind seitlich ebenfalls
nur von einem zarten Leistenprofil begleitet.
Das zweiachsige Zwerchhaus entstammt
auch hier dem 18. Jh., einer Zeit, in der die
Fassade wohl auch verputzt worden ist. Seit
1896 befindet sich neben dem Eingang und
Durchgang zum Hof ein Ladeneinbau, der in
späterer Zeit mehrfach verändert worden ist.
Ein für die historische Fachwerkarchitektur
Braunschweigs sehr ungewöhnliches Er-
scheinungsbild zeigt das dreigeschossige
Haus Am Magnitor 5. Das Fachwerk des 18.
Jh. (errichtet 1755) ist in den Obergeschos-
sen , einschließlich Zwerchhaus mit einem

ortsunüblichen Schieferbehang verkleidet,
der wohl erst zu Beginn des 20. Jh. aufge-
bracht wurde. Das 1755 errichtete Gebäude
kragt nur noch mit dem Dach-/Zwerchhaus-
gesims leicht vor und hat differenzierte Ge-
schoßhöhen mit unterschiedlich großen Fen-
stern, die das erste Obergeschoß als Haupt-
wohnbereich kennzeichnen. Seit 1875 ist in
diesem Haus eine Gaststätte nachweisbar,
eine Nutzung, die auch heute noch existiert
und immer wieder zu Umbauten im Erdge-
schoßbereich geführt hat, zuletzt 1973.
Auf etwas breiterem Grundstück als die bei-
den vorhergegangenen Bauten wurde Am
Magnitor 6 wohl um 1800 errichtet. Es ist ein
fünfachsiges Fachwerkhaus mit sehr engste-
henden Doppelständern zwischen den gro-

ßen Fenstern, die zur Straßenseite erneuert
sind, auf der Rückseite aber noch die barocke
Kreuzstockform haben. Ein dreiachsiges
Zwerchhaus schließt auch hier die überstri-
chene, bis auf dezente Fensterrahmenprofile
schmucklose Fassade ab. Das Erdgeschoß
wurde 1908 in ein Ladengeschäft mit zurück-
liegenden mittigen Haus- und Geschäftsein-
gängen umgebaut. Die Formen der Stützglie-
der sowie die Ornamentik der von A. Huser
entworfenen Ladeneinbauten sind vom Se-
cessionsstil beeinflußt.
Den Schlußpunkt der kleinmaßstäblichen al-
ten Bürgerhausbebauung und gleichzeitig die
Überleitung zu der östlich anschließenden
gründerzeitlichen Wallbebauung bildet die in
„fin de siecle“-Manier überreich dekorierte

Am Magnitor 4 und 5, 1755


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