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Die Konsolidierung des Landes zu einem geschlossenen Gebiet konnte nur durch die
Eingliederung der zahlreichen Grundherren in die Landesherrschaft erreicht werden.
So verdrängte man die Herren von Rosdorf, die nach dem Zusammenbruch des
sächsischen Stammesherzogtums eine starke und unabhängige Stellung gewonnen
hatten, aus ihren Burgen Moringen und Hardegsen. Zu nennen sind auch die Herren
von Adelebsen, die, seit dem frühen 12. Jh. in Wibbecke belegt, zu dem zentraler
gelegenen Adelebsen übersiedelten. 1347 verlieh man den Adelebsern das Gericht
„to dem Asche“. Obgleich damit eine Bindung an den welfischen Territorialstaat gege-
ben schien, verstanden es die Herren von Adelebsen, ihrer entstehenden Patrimonial-
gerichtsherrschaft noch längere Zeit eine unabhängige Stellung zu bewahren, indem
man sich an die Landgrafen von Hessen anlehnte. Lediglich die Edlen von Plesse,
deren Territorium sich infolge ausgedehnter Rodungen bedeutend vergrößerte, konnten
sich der Unterwerfung durch die Welfen widersetzen. Über 300 Jahre bildete das
Plessegebiet, zu dem der Flecken Bovenden und die Dörfer Angerstein, Eddigehausen,
Reyershausen, Oberbillingshausen, Spanbeck und Holzerode gehörten, eine hessische
Enklave im Fürstentum Göttingen.
Wie die Klöster, die durch Schenkungen und Kauf reichen Besitz erwarben, trugen
auch die zur Sicherung des Territoriums entstandenen Burganlagen zur Differenzierung
des Siedlungswesens bei. Um die Burgen gruppierten sich die Ämter, die wichtige
Stützpunkte der Verwaltung und Gerichtsbarkeit bildeten (Friedland, Harste, Alten- und
Neuengleichen, Reinhausen, Brackenberg, Niedeck etc.). Ein gewisses Maß an Selb-
ständigkeit bewahrten sich indes die Patrimonialgerichte, die einflußreichen Adelsfami-
lien unterstanden (Adelebsen, Geismar, Jühnde, Löwenhagen, Niedergandern, Waake).
Etwa seit dem 13. Jh. stellten die Städte wichtige neue Machtfaktoren dar, deren
Unabhängigkeit von der Landherrschaft sich insbesondere auf ihren wirtschaftlichen
Aufschwung stützte. Städtebündnisse, allem voran die Hanse, trugen einst wesentlich
zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt bei. Eine überregionale Rolle spielte die
Stadt Göttingen, die von 1351-1572 Mitglied der Hanse war. Ihre Lage an zwei sich
kreuzenden Handelsstraßen begünstigte den Fernhandel, so daß Göttingen im 14. und
15. Jh. eine wichtige Mittlerrolle zwischen den Märkten Oberdeutschlands und dem
hansischen Wirtschaftsraum einnahm. Geschätzt waren vor allem die qualitätvollen
Tuche, die weithin exportiert wurden. Auch die Bedeutung der erstmals 1183 urkundlich
genannten Stadt Münden war in erster Linie durch den regen Schiffsverkehr auf der
Weser begründet. Der Enkel Heinrich des Löwen, Otto das Kind, bestätigte der Stadt
alle bisherigen Rechte und verlieh ihr darüber hinaus 1247 das für die Entwicklung
der Stadt bedeutende Stapelrecht für den Schiffsverkehr. Zu den vielfältigen Handels-
gütern zählten u. a. Getreide und Salz, Garn, Flachs, Leinen und Wolle, Glas und
Töpferwaren, Metall und Erz. Als Zentrum des Untereichsfeldes muß auch Duderstadt
genannt werden, dessen Entwicklung insbesondere von seiner verkehrsgünstigen Lage
bestimmt wurde. An Kleinstädten sind das auf einer Hochfläche zwischen Oberweser
und Leinetal gelegene Dransfeld, das zu den frühesten Siedlungen im Kreisgebiet
zählte, sowie Hedemünden zu nennen, das erstmals 1017 urkundlich genannt über
Jahrhunderte (bis 1931) Stadtrechte besaß.
Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, die die Städte und Dörfer gleicherma-
ßen trafen, waren durch eine allgemeine Verarmung, den Rückgang der Bevölkerung
und das Wüstwerden vieler Häuser und Höfe noch bis zum Ende des 17. Jh. spürbar.
Zeichen der Wiedererholung waren in der Zeit des Merkantilismus u. a. das Entstehen
zahlreicher Tuchmanufakturen in Göttingen und der von Hanstein gegründeten Fayen-
cemanufaktur in Münden. Ein bedeutendes geistiges Zentrum schuf sich das mit
Großbritannien in Personalunion verbundene Kurfürstentum Hannover durch die Grün-
dung der Landesuniversität Georgia Augusta 1733 - der ersten „modernen“ deutschen
Universität. Der Siebenjährige Krieg brachte erneut schwere Belastungen, von denen
man sich nur allmählich erholte.
Nachdem die Gebiete des heutigen Kreises Göttingen zusammen mit dem übrigen
Kurfürstentum Hannover vorübergehend unter französischer Verwaltung gestanden
hatten, wurden sie 1807 dem neu geschaffenen Königreich Westphalen zugeteilt. Mit
Einführung der französischen Verwaltung entstanden hier das Harz- und Leinedeparte-
ment und deren Unterteilungen in Distrikte und Kantone. Nach den Befreiungskriegen
und dem Wiener Kongreß - das nunmehrige Königreich Hannover erhielt die Ämter
Bovenden und Neuengleichen zugesprochen - wurde die alte vornapoleonische Ord-
nung im wesentlichen wiederhergestellt. 1822 wurde die neue Landeseinteilung in
sechs Landdrosteien geschaffen und 1823 eine Amtsordnung erlassen, die die Verwal-
tung und Obliegenheiten der Ämter regelte. Als Folge des preußisch-österreichischen
Krieges von 1866 verlor Hannover seine Souveränität und wurde preußische Provinz.
Zwischen 1880 und 1885 änderte die preußische Regierung das Verwaltungssystem
in der Provinz Hannover durch Umwandlung der Landdrosteien in sechs Regierungsbe-

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