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Kämmerer, Christian [Editor]; Lufen, Peter Ferdinand [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,1): Landkreis Northeim: Südlicher Teil mit den Städten Hardegsen, Moringen, Northeim und Uslar, den Flecken Bodenfelde und Nörten-Hardenberg, der Gemeinde Katlenburg-Lindau und dem Gemeindefreien Gebiet Solling — Braunschweig, 2002

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44420#0132
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fasste spitzbogige Fenster zwischen schlanken,
gestuften Strebepfeilern und ein schlichtes,
oberhalb der Kryptenfenster verlaufendes Ge-
sims tragen zur Wirkung des Chores bei (seit
1986 verputzt).
Der Innenraum der Johanniskirche überrascht
durch seine uneinheitliche zweischiffige Raum-
disposition und durch eine außerordentliche
Steilheit des Langhauses, dessen Wirkung eine
mächtige hölzerne Tonne verstärkt, die sich
durch das gesamte Langhausmittelschiff zieht.
Die Holztonne schließt auch den gotischen,
liturgisch bedeutenderen Langchor mit ein.
Seine ursprüngliche Einwölbung fiel dem Brand
von 1626 zum Opfer. Den Brand überdauerte
das Rippengewölbe der Ostapsis. Es setzt
ohne Kapitelle über schlichten Gewölbediens-
ten in Form eines Rundstabes an. Hingegen
steigen die Dienste in den Langchorjochen über
einer gestuften Konsole auf; oberhalb ihres
Kämpferpunktes brechen die Dienstvorlagen
ab, die sich hier schon zu den einzelnen Gewöl-
berippenansätzen entfalteten.
Raumprägend und gliedernd wirken die drei
überschlanken hölzernen Säulen, die mit der
Chorsüdwand fluchten und Langhaus und
südliches Seitenschiff trennen. Sie nehmen die
Last des Tonnengewölbes auf und tragen mit
den Rechteckstützen an der Außenwand zu-
gleich die Flachdecke des Seitenschiffs.
Den ältesten überkommenen Bauteil des
Gotteshauses stellt eine zweischiffige Krypta

wohl des ausgehenden 12.Jh. unterhalb der
Chorapside dar, die heute von Norden aus
zugänglich ist. Ihr niedriges, offenbar jüngeres
Kreuzgratgewölbe löst sich unvermittelt ohne
Vorlagen von der Wand, dessen Last von
ungegliederten Freipfeilern abgefangen wird,
die nur durch Eckstäbe akzentuiert sind.
Das Hauptstück der Innenraumausstattung
bildet der reich verzierte, nahezu die gesamte
Höhe des Chores ausfüllende Kanzelaltar von
A. Gröber, der laut Inschrift 1654 entstand und
eine Stiftung des Herzogs Christian Ludwig
darstellt. Ausgestattet mit prächtigem Knorpel-
werk, einer typischen Ornamentform des
17.Jh., zeigt der dreigliedrige Altar Reliefs, Figu-
ren und architektonische Gliederungselemente.
Der theologische Kulminationspunkt liegt auf
den beiden Reliefs, die das Abendmahl (Pre-
della) und die Auferstehung Christi thema-
tisieren. Eingefasst wird der Kanzelkorb von
den vier Evangelisten mit ihren Symbolen und
den beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus.
Der auferstandene Christus, die Osterfahne hal-
tend, bekrönt den Altaraufbau.
Unmittelbar an das Gotteshaus, die Bauflucht
der südlichen Chorwand aufgreifend, schließt
das so genannte „Schlösschen“ an, das 1558
der spätere Herzog Philipp II. von Grubenhagen
errichten ließ. Während das massive Erdge-
schoss der Mitte des 16.Jh. angehört, stammt
der holzverschalte Fachwerkoberstock aus der

Zeit des Wiederaufbaues nach den Zerstörun-
gen des Dreißigjährigen Krieges. Zwei turmar-
tige Eckausbildungen mit welscher Haube an
der zum Steilhang ausgerichteten Giebelseite
kennzeichnen den markanten Bau.
Johanniskirche und „Schlösschen“ bilden
gleichsam einen raumtrennenden Riegel und
scheiden den großflächigeren ehemaligen
Domänenbezirk im Süden vom ehemaligen
Burgbezirk im Norden. Hier setzt insbesondere
das Magazingebäude unmittelbar am östlichen
Berghang einen auch baugeschichtlich wichti-
gen Akzent. Der ursprünglich wohl kaum als
Speichergebäude dienende markante Bruch-
steinbau ist der älteste überkommene Profan-
bau des Burgberges. Urkundlich gesicherte
Daten für seine Entstehung liegen nicht vor. Am
Außenbau ablesbar sind mehrere Bauphasen,
die von einer vielschichtigen Entwicklung des
Gebäudes künden. Die unregelmäßig ausge-
führten Fenster- und Türöffnungen, das
bemerkenswerte Spitzbogenfenster zur Hofsei-
te sowie das Kreuzrippengewölbe lassen den
Kernbau in das frühe 14.Jh. datieren. Ein hohes
Krüppelwalmdach schließt den eingeschossi-
gen, vollständig unterkellerten Bruchsteinbau
ab. Seine Raumdisposition zeigen die Grund-
risspläne von 1965 (Keller- und Erdgeschoss),
die J. Bühring nach Plänen des Preuss.
Staatshochbauamtes in Northeim von 1937
zeichnete und ergänzte. Den Kern des Gebäu-


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Katlenburg, Burgberg: ehern. Kloster- und Schlossbezirk mit Klosterkirche St. Johannes ev., "Schlösschen", Pächterwohnhaus; Blick von Süden

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