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Kämmerer, Christian [Hrsg.]; Lufen, Peter Ferdinand [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,1): Landkreis Northeim: Südlicher Teil mit den Städten Hardegsen, Moringen, Northeim und Uslar, den Flecken Bodenfelde und Nörten-Hardenberg, der Gemeinde Katlenburg-Lindau und dem Gemeindefreien Gebiet Solling — Braunschweig, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.44420#0140
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verheerende Ortsbrände in den Jahren 1848,
1905 und insbesondere 1911 wertvolle alte
Bausubstanz.
Die Königl. Preuss. Landesaufnahme von 1876
zeigt die Ortsstruktur Lindaus mit den beiden
markanten Platzanlagen: den Marienplatz im
Westen und den für das Ortsbild wichtigen
Marktplatz, in unmittelbarer Nähe der kath.
Pfarrkirche St. Peter und Paul. Verbunden sind
die Platzanlagen durch die Fleckenstraße, die
jenseits des Marktes in Marktstraße und
Sackstraße übergeht, die zugleich die Anbin-
dung an die Bundesstraße herstellen. Flecken-
straße, Marktstraße und Sackstraße, die leicht
gekrümmt den Ort von Südosten nach
Nordwesten durchziehen, bilden gemeinsam
das Rückgrat des historischen Ortskerns, der

im Süden bis zum Verlauf der Rhume reichte
und seinen nördlichen Abschluss in der
Bundesstraße 247 findet, die Lindau mit
Katlenburg und Bilshausen verbindet. Kulmina-
tionspunkt des alten Dorfkerns ist der Markt mit
seinen strahlenförmig abzweigenden Erschlie-
ßungsstraßen: Fleckenstraße, Neue Straße,
Brückenstraße und der angrenzende Bischof-
Diederich-Platz mit der dominierenden Pfarr-
kirche. In den historischen Ortskern, der
nördlich der Bundesstraße eine großflächige,
gleichmäßig parzellierte Erweiterung erhielt,
schiebt sich keilförmig die Kabelfabrik, die auf
dem Areal der 1872 gegründeten ehemaligen
Jute- und Bindfadenfabrik entstand. Einfluss
auf das Ortsbild nehmen ferner die Rhume und
der Mühlengraben sowie eine zumeist trauf-
ständig ausgerichtete heterogene Bebauung

der 2. Hälfte des 19.Jh., die sich im Bereich der
Fleckenstraße und Sackstraße verdichtet.
Südlich des Ortskerns entstand 1876 die von
der Schoor angetriebene Wassermühle, Mord-
mühle genannt, deren Anfänge nach W.
Kleeberg bis ins 17.Jh. zurückreichen.
Einzeldenkmalqualität besitzen die Pfarrkirche
St. Peter und Paul am Bischof-Diederich-Platz,
das Mushaus Brückenstraße, die Kreuzkirche
an der B 41, das Wohnwirtschaftsgebäude an
der B 86, das Pfarrhaus Fleckenstraße 8, das
Friedhofskruzifix, die Mariensäule am Marien-
platz, das Gasthaus Markt 8, das Wohnwirt-
schaftsgebäude Sackstraße 3 und das Wohn-
haus Torstraße 5; darüber hinaus sind die
Doppelhäuser Marktstraße 2, 4, 6 zu einer
Gruppe zusammengefasst.

Lindau, Ortskern, Blick von Süden auf die kath. Pfarrkirche St. Peter u. Paul, am rechten Bildrand Markt 8


Einfluss auf die Ausprägung des Marktes nimmt
das Gasthaus Markt 8. Der in den Platzraum
des Marktes hineingeschobene doppelge-
schossige Fachwerkbau wohl aus der 1. Hälfte
des 18.Jh. wird durch K-Streben in den
Eckgefachen, Andreaskreuze in der Brüstungs-
zone und gedrehte Viertelsäulchen in den
Eckständern, die plastisch aus dem vollen Holz
herausgearbeitet sind, gegliedert.
Die südliche Platzwand des Marktes bildet das
Ensemble Marktstraße 2, 4, 6 und 8, das durch
seine exponierte Lage in erheblichem Maße
zum räumlichen Gefüge Lindaus beiträgt.
Dem ausgehenden 18.Jh. gehört der frei ste-
hende doppelgeschossige Fachwerkbau
Fleckenstraße 8 an, das Pfarramt der Kirche St.
Peter und Paul. Der auf hohen Quadersockel
gestellte traufständige Bau unter abgewalmtem
Satteldach zeigt trotz der Verlegung des
Zugangs auf die rückwärtige Traufenseite weit-
gehend das ursprüngliche Erscheinungsbild.
Die Reduktion auf rein konstruktiv-gestalteri-
sche Elemente bestimmt das Wohnwirt-
schaftsgebäude Sackstraße 3, einen in die
nördliche Straßenzeile eingebundenen doppel-
geschossigen Fachwerkbau der 2. Hälfte des
19.Jh. mit vorgelegter doppelläufiger Freitreppe.
Zeitgleich entstand das Wohnhaus der
Hofanlage Nr. 86 an der Bundesstraße 247 am
östlichen Ortsausgang. Der lang gestreckte
Fachwerkbau mit Wohn- und Wirtschaftsteil
unter abgewalmtem Satteldach ist nahezu
schmucklos.
Besonders herauszustellen ist das monumental
wirkende Sandsteinkruzifix auf dem Lindauer
Friedhof, das zu den bedeutendsten barocken
Schöpfungen des südniedersächsischen Rau-
mes zählt. Gestiftet von Heinrich und Elisabeth
Jacob im Jahre 1753 besteht das qualitätvolle
Werk aus einem sorgfältig modellierten Corpus
Christi auf einem schwungvoll kurvierten Pos-
tament mit profilierter Grund- und Deckplatte,
auf dem das Kreuz errichtet ist. Zu Füßen des
lebensgroßen Gekreuzigten bildet eine Engels-
büste mit Inschriftdraperie den Übergang von
Postament zum Kreuz.
Weitaus schlichter ist hingegen die Mariensäule
auf dem Marienplatz, die die Erinnerung an den
Brand von 1911 wachhalten soll.

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