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Kämmerer, Christian [Editor]; Lufen, Peter Ferdinand [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,1): Landkreis Northeim: Südlicher Teil mit den Städten Hardegsen, Moringen, Northeim und Uslar, den Flecken Bodenfelde und Nörten-Hardenberg, der Gemeinde Katlenburg-Lindau und dem Gemeindefreien Gebiet Solling — Braunschweig, 2002

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44420#0161
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Bis 1818 war das Gebäude als Waisenhaus
genutzt, danach wurde es vom Königreich
Hannover für die Einrichtung einer Korrektions-
anstalt erworben. Ab 1838 diente es der Unter-
bringung von Polizeigefangenen und ab 1871
als Werkhaus, das es noch bis nach dem Zwei-
ten Weltkrieg blieb. 1956 wurde die Anstalt
schließlich in ein Landeskrankenhaus umgwan-
delt. Im Zusammenhang mit seiner einstigen
Bestimmung als Werkhaus entstanden auf dem
weitläufigen rückwärtigen Grundstück größere
Erweiterungen und Anlagen, darunter auch der
neugotische Sandsteinquaderbau der 1880 er-
bauten Anstaltskapelle im nordöstlichen Grund-
stücksteil.

Ehemaliges von Münchhausen’sches Rittergut
Im Gegensatz zu dem anspruchsvollen Barock-
bau des ehemaligen Waisenhauses zeigt sich
das gegenüberliegende ehemalige Herrenhaus
des Moringer Stadtguts in einer erheblich
schlichteren Gestalt (Lange Straße 27). Es ist
ein schmuckloser, ursprünglich siebenachsiger,
nach Verlängerung im 19.Jh. nunmehr neun-
achsiger Fachwerkbau, dem nach der späteren
Entfernung von steinerner Freitreppe und Bal-
kon in der Mittelachse und der in jüngerer Zeit
erfolgten Veränderung seiner Fenster, die ehe-
mals mit Stichbögen abschlossen, ein Teil sei-
nes einstigen Charakters genommen ist. So tritt
heute das Haus nur noch durch seinen hohen
massiven Sockel und breiten Baukörper aus
der Nachbarschaft der einfachen Wohnhaus-
zeilen hervor, die sonst das Bild der Langen
Straße prägen. Die Geschichte des ehemaligen
Rittergutes, dem es zugehörte, ist sehr alt.
Ursprünglich war das Moringer Stadtgut ein
Gut des Klosters Lippoldsberg und lag zu-
nächst außerhalb Moringens, wurde aber
später in die Stadt verlegt, wo es schon im
16.Jh. nachweisbar ist. Nach der Aufhebung
des Klosters kam es an verschiedene Adels-
geschlechter, die sich im Verlaufe des 17.Jh. in
seinem Besitz vielfach abwechselten, bis es
1730 in die Hand des Amtsschreibers Seiden-
sticker gelangte. 1734 brannte es mit dem
größten Teil der Stadt ab. Das abgebrannte Gut
kaufte 1739 der Moringer Drost von Münch-
hausen und baute den Gutshof nunmehr an
bevorzugter Stelle der von ihm entworfenen
neuen Stadtanlage vor dem Büchentor wieder
auf. Auch den Entwurf zum Herrenhaus lieferte
von Münchhausen selbst. Nachdem dieser in
der 2. Hälfte des 18.Jh. durch den Zukauf wei-
teren umfangreichen Gutsbesitzes im Moringer
Oberdorf sein Stadtgut abgerundet hatte, blieb
dieses Gut bis in das 20.Jh. hinein im Besitz der
Familie von Münchhausen und war bis zu sei-
ner schließlichen Auflösung im Jahre 1950 über
zwei Jahrhunderte neben der aus dem Burg-
vorwerk hervorgegangenen Domäne der zweite
bedeutende landwirtschaftliche Großbetrieb im
Ort. Das Herrenhaus des Stadtgutes wurde
1951 nach der Auflösung des Gutes vorüber-
gehend Rathaus, bis dieses 1975 nach Auf-
hebung des Amtsgerichts in das alte Amtshaus
auf der ehemaligen Burg umzog. Die große,
aufwendig in Werksteinquadern ausgeführte
Scheune, die 1861 im rückwärtigen Bereich
des Gutshofs an der heutigen Neuen Markt-

Lange Straße 27, ehern. Gutshaus von Münchhausen


Mannenstraße 4, Wohnhaus


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