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Kämmerer, Christian; Kellmann, Thomas; Lufen, Peter Ferdinand
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,2): Nördlicher Teil: mit den Städten Bad Gandersheim und Dassel, den Ortsteilen der Stadt Einbeck (einschließlich der 2013 eingemeindeten Ortsteile der Gemeinde Kreiensen) und der Gemeinde Kalefeld — Altenburg: E. Reinhold Verlag, 2018

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.65342#0503
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Salzderhelden, Saline 4a und 4b, Doppelwohnhaus für den Salzschreiber und Verwalter, Kellmann, 28.03.2016.

lieh über die beiden Tiefenbrunnen Sole ge-
fördert. Am Standort des neuen Salinenhofes
zeugen bis heute diverse bauliche Anlagen
von der Soleförderung in Salzderhelden bis in
das frühe 21. Jahrhundert, als die Stadt Ein-
beck als letzter Eigentümer die erwerbsmä-
ßige Förderung der Sole 2003 beendete. Der
Betrieb der Saline wurde bereits am 5. März
1960 eingestellt und der Gebäudebestand mit
den Förderrechten am 10. Dezember 1962 an
die Stadt Einbeck veräußert. Über elektrische
Tauchpumpen wurde bis zuletzt Sole für das
1851 gegründete Solebad gefördert. Das Bad
wurde letztmalig 1990 grundlegend saniert
und mit medizinischen Wannenbädern aus-
gestattet.
Die Geschichte der Soleförderung war von
ihren Anfängen gleichermaßen mit der Burg,
der Leinefurt und dem Flecken verbunden.
Nach einer Quelle des 18. Jahrhunderts wur-
de die Solequelle 1173 entdeckt. Parallel zum
erwerbsmäßigen Betrieb der Solequelle nach
Gründung einer Pfännerschaft im 13. Jahr-
hundert entstanden auch Burg und Siedlung.
Die wesentlich günstiger gelegene Vorgän-
gersiedlung Bonekenhusen am rechten Lei-
neufer im Bereich des heutigen Bahnhofs wur-
de erst im 15. Jahrhundert aufgegeben. Noch
vor der erstmaligen urkundlichen Erwähnung
der Burg wurden der Ansiedlung durch Her-
zog Albrecht den Großen vor 1279 weitrei-
chende Freiheiten verliehen. Die erstmalige
Erwähnung einer Pfännerordnung von 1477
verweist auf eine Organisation der Soleförde-
rung, wie sie von ihren Anfängen bis weit in
das 18. Jahrhundert hinein Bestand hatte. Die
Rechte der örtlichen Pfännerschaft wurden

1590 durch den letzten Herzog im Fürsten-
tum Grubenhagen ausdrücklich bestätigt. Die
Soleförderung bildete über Jahrhunderte den
wesentlichen Erwerbszweig in Salzderhelden.
Die Feldflur des Fleckens wurde bis in die
Mitte des 19. Jahrhunderts fast ausschließlich
durch den am Südrand ansässigen Adelshof
derer von Minnigerode sowie durch das Vor-
werk des Landesherrn unterhalb von Burg
und Amtshaus bewirtschaftet.
Die gewerbliche Nutzung der Solequelle lag
in den Händen einer eigenständig agieren-
den Gewerkschaft mit 15 Nutzungsanteilen
in Form von Koten, d.h. von Anteilen an den
Siedepfannen. Bis zur Gründung der neu-
en Saline außerhalb des Fleckens lagen die
15 Salzkoten verstreut innerhalb der Ortslage.
Der Solebrunnen mit dem Brunnenhaus, eine
erste Wasserkunst zur Förderung der Sole
ab 1586 und ein erstes Gradier- oder Lecke-
werk ab 1695 wurden als gemeinschaftliche
Anlagen der Gewerkschaft betrieben und un-
terhalten. Jeweils eine Pfanne war dem Lan-
des- und Burgherrn sowie dem Rittergut de-
rer von Minnigerode Vorbehalten. Die übrigen
13 Salzkoten gehörten den sogenannten Erb-
pfännern. Jede Salzpfanne wurde zunächst
von vier Erbpfännern betrieben. Anteilsrechte
und Siedebetrieb lagen also zunächst in ei-
ner Hand. Mit der Zeit wurden die privaten
Anteile durch Teilung, Verpfändung und Ver-
pachtung in viele kleine Anteile aufgesplit-
tert, sodass zuletzt der geringste Teil in den
Händen der vor Ort ansässigen Bewohner
lag. Die Salzkoten, bestehend aus einer über-
dachten Siedepfanne mit einem Salzkasten
als Magazin, standen also zunächst in enger

räumlicher und baulicher Verbindung mit den
Hausstätten der Erbpfänner. Zwischen An-
fang April und Ende November waren nach
einem Losverfahren stets 7 der 15 Siedepfan-
nen in Betrieb. Pro Sud wurden ca. 48 bis 70
Stunden veranschlagt. Hochwasser oder Tro-
ckenzeiten bewirkten eine nicht kalkulierbare
Einschränkung in der Soleförderung, da zu
diesen Zeiten die an die herrschaftliche Lei-
nemühle angeschlossene Wasserkunst nicht
arbeiten konnte oder die Pfannenhäuser unter
Wasser standen. Auch der Mangel an Brenn-
materialien wie Holz oder auch Stein-, Braun-
und Holzkohle konnte zu einer Einschränkung
der Salzgewinnung führen. Mit dem Bau des
ersten Gradierwerkes im Jahre 1695 wurde
eine erhebliche Einsparung an Brennstoffen
bewirkt, da der Salzgehalt der Sole erheblich
angereichert werden konnte. Zugleich wurde
der spätere Standort des neuen Salinenhofes
festgelegt, da das Gradierwerk ausgehend
vom alten Solebrunnen auf ca. 112 m Länge
nach Westen errichtet wurde. 1732 erfolgte
ein Neubau mit einer Länge von fast 143 m,
der 1737 auf ca. 227 m erweitert wurde. Die
Gradierwerke, die schon 1695 zusammen mit
dem Dach die beträchtliche Höhe von ca.
14 m einnahmen, machten sich trotz erhebli-
cher Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten
bezahlt. Sie erhöhten den Salzgehalt der Sole
durch Verdunstung des Wasseranteils be-
trächtlich, wodurch die Siedezeiten entspre-
chend verkürzt wurden.
Einen deutlichen Einschnitt in die Entwick-
lungsgeschichte der Salzgewinnung bedeu-
tete mit der Verlagerung in den Außenbereich
die langfristige Verpachtung der Saline durch
die Pfännerschaft an das Kurfürstentum Han-
nover ab 1755. Indem die Pachtverträge 1789
und 1819 verlängert wurden, verblieb die Sa-
line bis 1850 in staatlicher Trägerschaft. Damit
endete 1755 erstmals auch die Personaluni-
on zwischen dem Amt des Bürgermeisters
und des Vorsitzenden der Gewerkschaft der
Saizgrafen. In dem Pachtvertrag von 1755
verpflichtete sich der Landesherr zum Bau
einer neuen Saline am heutigen Standort. So
entstand in zweijähriger Bauzeit auf hoch-
wasserfreiem Gelände der landeseigenen
Amtshofländereien ein 116 m langer und 83 m
breiter Salinenhof mit einer Zuwegung von
Norden. Dieser Salinenhof mit den Wohnhäu-
sern der Bediensteten und einem zentralen
Siedehaus mit Trocknung und Magazin wurde
erforderlich, um zusammen mit dem neuen,
352 m langen Gradierwerk die Saline an ei-
nem Standort deutlich wirtschaftlicher als an
den im Flecken verstreuten Salzkoten betrei-

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