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Illustrationen zu den deutschen^ Classikern.
„Heinrich, mir graut vor Dir!"'
(Faust.)
Lein Leben machen.
(Fortsetzung.)
„Tu kennst die Feuerkompagnien nich , weil Du noch zu
grün bist!" sagte mein Partner, „aber ich bin zwanzig Jahr
im Land, und was ich nicht weiß, weiß Niemand! Wie oft
kann man hören, daß sich die Feuerleute förmliche Gefechte lie-
fern, wie z. B. in Philadelphia und Boston, wo eine Kompag-
nie ein Haus ansteckt, um die andre zum Löschen herbeizulocken,
und dann mit Schüffen über sie herfällt. Und dann weißt Du
ja selbst, daß erst vor einigen Tagen hier in Luisville der Wirth
Boeßer, bei dem Du auch einmal Barkeeper warst, in seinem
eigenen Haus von einer Feucrkompagnie auf den Tod geprügelt
wurde, und das schon zum zweiten Male!"
„Bermuthlich wär's ihm nicht so ergangen," antwortete ich,
„hätte er, anstatt blind auf sie zu feuern, das Herz gehabt, den
ärgsten Schreier unter ihnen mit einer guten Kugel bekannt zu
machen. Jndcsien will ich für Pistolen sorgen, und wir wollen
uns vorsehen hinter unsrer Bar, wie in einer Festung."
Kriegerisch genug sah es auch bald hinter der Bar und
im angrenzenden Schlafzimmer aus, aber alle Waffen waren
den Blicken der im Schenkzimmer Stehenden verborgen. Zwei
einfache Sattelpistolen, ein Revolver, alle scharfgeladen, — die
Schüsse zogen wir alle zwei Tage aus und luden frisch, denn
die Feinde blieben, um uns sicher zu machen, über eine Woche
lang aus — ein Bowieknife und ein alter Säbel lagen hand-
bereit auf den Füßchen hinter der Bar, und im Schlafzimmer
standen zwei gutgeladene Doppelbüchsen.
Fast hatte ich schon den Vorfall vergessen, als eines Abends
spät acht junge Männer in's Schenkzimmer traten und Brandy
forderten. Als sie getrunken hatten, und ich Bezahlung ver-
langte, stellte sich Einer mit frecher Stirne mir gegenüber und
sagte: „God dam! habe ich Ihnen nicht das Geld in die
Hand gegeben, ehe wir die Gläser anrührten?"
„Das ist eine Lüge!" antwortete ich und errieth zugleich,
sie suchten absichtlich eine Gelegenheit, Händel anzufangen.
„Was! Ihr heißt mich einen Lügner?" schrie derselbe, in-
dem er ein Glas ergriff und Anstalt zu machen schien, es mir
entgegen zu schleudern.
Im nämlichen Augenblick öffnete die Wirthin die anstoßende
Zimmerthüre und rief uns ängstlich zu, das Haus sei von Men-
schen umringt.
„Wenn Ihr gekommen seid, um Unfug zu treiben, so fangt
sogleich an!" erwiderte ich und blickte dem, der das Glas er-
griffen hatte, fest in's Gesicht.
„Madame!" wendete sich jetzt Einer an die Wirthin, wäh-
rend sich das Zimmer füllte mit andern Mitgliedern der Feuer-
kompagnie, „Sie gehen am Besten in die Küche zurück, wenn
Sie nicht insultirt werden wollen."
„Versucht's!" rief ich, „und Ihr werdet sehen, daß wir
das volle Hausrecht kennen und anwenden werden. Glaubt nicht,
daß uns die amerikanischen Gesetze unbekannt sind, wir lassen
uns nicht durch Worte einschüchtern, und wenn Ihr uns um-
bringen wollt, so bringen wir jedenfalls vorher einige von Euch
um!"
Sie drängten sich nun vor die Bar, hinter der mein
Partner und ich standen, einige frugen so unschuldig, als ver-
stünden sie von der ganzen, abgemachten Sache Nichts, was es
gäbe, andre schimpften, fluchten und drohten, aber Alle schienen
unschlüssig, zur That zu schreiten. Sie mochten kaum fünf
Minuten im Zimmer sein, als ihnen Einige von draußen, die
auf der Lauer standen, zuriefen, und alle sich auf die Straße
zurückzogen, wo sie zusammenflüsterten. „Ich gehe und hole die
Watchleute!" sagte mein Partner, der trotz unsrer vielen Waf-
fen den Muth verlor, steckte eine Pistole in die Tasche, und
eilte durch die Hinterthür fort. Ich trank nun, im Angesicht
der Feucrleute, die mich vor der Thüre im Auge behielten, ein
Glas Brandy, und wandelte hinter der Bar hin und her, auf
Alles gefaßt.
„Alles ist recht!" riefen nach einer Weile einige Stimmen
auf der Straße, und etwa zwanzig Feuerleute drängten sich in's
Zimmer, unter ihnen erkannte ich jene, die wir vor acht Tagen I
zum Tempel hinaus gejagt hatten.
„Satisfaktion will ich haben, damned dutchman!" schrie
der. welcher den Streit begonnen, und ballte die Faust gegen |
Illustrationen zu den deutschen^ Classikern.
„Heinrich, mir graut vor Dir!"'
(Faust.)
Lein Leben machen.
(Fortsetzung.)
„Tu kennst die Feuerkompagnien nich , weil Du noch zu
grün bist!" sagte mein Partner, „aber ich bin zwanzig Jahr
im Land, und was ich nicht weiß, weiß Niemand! Wie oft
kann man hören, daß sich die Feuerleute förmliche Gefechte lie-
fern, wie z. B. in Philadelphia und Boston, wo eine Kompag-
nie ein Haus ansteckt, um die andre zum Löschen herbeizulocken,
und dann mit Schüffen über sie herfällt. Und dann weißt Du
ja selbst, daß erst vor einigen Tagen hier in Luisville der Wirth
Boeßer, bei dem Du auch einmal Barkeeper warst, in seinem
eigenen Haus von einer Feucrkompagnie auf den Tod geprügelt
wurde, und das schon zum zweiten Male!"
„Bermuthlich wär's ihm nicht so ergangen," antwortete ich,
„hätte er, anstatt blind auf sie zu feuern, das Herz gehabt, den
ärgsten Schreier unter ihnen mit einer guten Kugel bekannt zu
machen. Jndcsien will ich für Pistolen sorgen, und wir wollen
uns vorsehen hinter unsrer Bar, wie in einer Festung."
Kriegerisch genug sah es auch bald hinter der Bar und
im angrenzenden Schlafzimmer aus, aber alle Waffen waren
den Blicken der im Schenkzimmer Stehenden verborgen. Zwei
einfache Sattelpistolen, ein Revolver, alle scharfgeladen, — die
Schüsse zogen wir alle zwei Tage aus und luden frisch, denn
die Feinde blieben, um uns sicher zu machen, über eine Woche
lang aus — ein Bowieknife und ein alter Säbel lagen hand-
bereit auf den Füßchen hinter der Bar, und im Schlafzimmer
standen zwei gutgeladene Doppelbüchsen.
Fast hatte ich schon den Vorfall vergessen, als eines Abends
spät acht junge Männer in's Schenkzimmer traten und Brandy
forderten. Als sie getrunken hatten, und ich Bezahlung ver-
langte, stellte sich Einer mit frecher Stirne mir gegenüber und
sagte: „God dam! habe ich Ihnen nicht das Geld in die
Hand gegeben, ehe wir die Gläser anrührten?"
„Das ist eine Lüge!" antwortete ich und errieth zugleich,
sie suchten absichtlich eine Gelegenheit, Händel anzufangen.
„Was! Ihr heißt mich einen Lügner?" schrie derselbe, in-
dem er ein Glas ergriff und Anstalt zu machen schien, es mir
entgegen zu schleudern.
Im nämlichen Augenblick öffnete die Wirthin die anstoßende
Zimmerthüre und rief uns ängstlich zu, das Haus sei von Men-
schen umringt.
„Wenn Ihr gekommen seid, um Unfug zu treiben, so fangt
sogleich an!" erwiderte ich und blickte dem, der das Glas er-
griffen hatte, fest in's Gesicht.
„Madame!" wendete sich jetzt Einer an die Wirthin, wäh-
rend sich das Zimmer füllte mit andern Mitgliedern der Feuer-
kompagnie, „Sie gehen am Besten in die Küche zurück, wenn
Sie nicht insultirt werden wollen."
„Versucht's!" rief ich, „und Ihr werdet sehen, daß wir
das volle Hausrecht kennen und anwenden werden. Glaubt nicht,
daß uns die amerikanischen Gesetze unbekannt sind, wir lassen
uns nicht durch Worte einschüchtern, und wenn Ihr uns um-
bringen wollt, so bringen wir jedenfalls vorher einige von Euch
um!"
Sie drängten sich nun vor die Bar, hinter der mein
Partner und ich standen, einige frugen so unschuldig, als ver-
stünden sie von der ganzen, abgemachten Sache Nichts, was es
gäbe, andre schimpften, fluchten und drohten, aber Alle schienen
unschlüssig, zur That zu schreiten. Sie mochten kaum fünf
Minuten im Zimmer sein, als ihnen Einige von draußen, die
auf der Lauer standen, zuriefen, und alle sich auf die Straße
zurückzogen, wo sie zusammenflüsterten. „Ich gehe und hole die
Watchleute!" sagte mein Partner, der trotz unsrer vielen Waf-
fen den Muth verlor, steckte eine Pistole in die Tasche, und
eilte durch die Hinterthür fort. Ich trank nun, im Angesicht
der Feucrleute, die mich vor der Thüre im Auge behielten, ein
Glas Brandy, und wandelte hinter der Bar hin und her, auf
Alles gefaßt.
„Alles ist recht!" riefen nach einer Weile einige Stimmen
auf der Straße, und etwa zwanzig Feuerleute drängten sich in's
Zimmer, unter ihnen erkannte ich jene, die wir vor acht Tagen I
zum Tempel hinaus gejagt hatten.
„Satisfaktion will ich haben, damned dutchman!" schrie
der. welcher den Streit begonnen, und ballte die Faust gegen |
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Illustrationen zu den deutschen Klassikern"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 19.1854, Nr. 441, S. 70
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg