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Der letzte Frater.

j Wollten ihrKapuzinerbrod; und an Sonntagen kamen die Bauers-
! leute in's Kloster, vor und nach der Kirche, um sich zu Wärmen
an dem mächtigen Ofen im Refektorium und sonst etwas War-
mes zu erhaschen: eine Kapuzinersuppe nämlich oder ein Stück
Brucknudel. Da waren die Patres oft recht übel daran, denn
in Ellwangen durften sie nicht terminiren — das wäre doch gar
zu unschicklich gewesen am Sitze der Aufklärung — auch keinen
neuen Pater oder Frater mehr annehmen; — so waren sie denn
hauptsächlich auf den Frater Peregrin angewiesen, wenn dieser
nichts schickte, so war Quatember an Feiertagen. Diesem aber
ging es nicht minder schwierig: Wo vor Zeiten die Bäuerin mit
dem Nudelschäufelein in den Schmalzhafen gefahren, da nahm
sie jetzt den Eßlöffel, und aus einem Viertelein Mehl wurde gar
häufig ein Kochlöffel voll. Ja, was noch das Aergste: gar
Manche ließen Worte fallen, als achteten sie das Kloster gar
nicht mehr so hoch und meinten, es wäre unnöthig, für nichts
und wieder nichts ihre Sachen zu verschenken; auch mußten sie
ohnehin an das neue Kammeralamt gar Vieles abliefern, was
sie sonst freiwillig dem Kloster hatten zukommen lassen. Den
Frater Peregrin aber dauerten die Armen zu Hause, so oft er
daran dachte, und er sann Verschiedenem nach, um, wenn nicht
dem religiösen Sinn, so doch wenigstens seinem Bettelsack auf-
zuhelfen. So kommt er einmal zu der Strohbäurin in Zöbin-
gen, die stets die Eier ungezählt und den Butter ungewogen ge-
geben hatte. Heute mußte er etwas warten, denn die Bäuerin
war eben damit beschäftigt, ihrem neugebornen Kinde den Brei
zu reichen (die Nationalspeise aller Schwaben während ihres
ersten Lebensjahres.)

„Kann schon warten, Büurin,“ sprach der Frater, „laßt
Euch nicht stören, es schmeckt ihm gar so gut, dem Kleinen
da, — 's ist doch ein Büblein, nicht wahr?"

„Jawohl, Hochwürdiger Herr, Johannesle heißt es."

„So, so! das reimt sich ja prächtig zusammen, Ihr heißt
ja Lisebeth — ei ei! Aber hört, Bäuerin, das will mir nicht
gefallen, daß Ihr Eurem Kind den Brei mit einem Löffelein
reichet und nicht über dem Finger, wie's alle rechten Bauers-
leut' machen — das ist eine städtische Erfindung."

„Wohl wahr, Hochwürdiger Herr, hab's auch schon
denkt, allein mein Bauer hat mir letzthin diesen Pfifferling
mit vom Markt heimgebracht, und jetzt will ichs doch nicht
unbenützt liegen lassen, sein Geld hat's ja doch gekostet, 's
ist aber ein ungeschickt's Ding, muß es schon sagen, und ich
kann auch nicht recht umgehen damit.-“

„Ei was!" legt den T— bei Seite und breiet Euer
Büblein, wie inan andere Bauernkinder auch breiet." Und
der Frater nahm das beinerne Löffelein, die Bäuerin aber
gab dem Kinde mit dem Finger vollends den Brei.

Als das Geschäft vorbei war und der Frater sein Stück
Schmalz und seine Eier hatte, wofür er der Bäuerin zwei Bild-
chen, eine hl. Elisabeth und einen Johannes der Täufer gab,
ging er weiter, Zipplingen zu; vor dem letzten Hause aber setzte
er sich nieder, nahni einen Stein und zerschlug damit auf der
Hausstaffel das beinerne Löffelein, daß es in hundert Splitter
zerbrach. Diese sammelte er vorsichtig in ein leinenes Läppchen

und umwickelte es ganz mit Heiligenbildchen. Als er nun gen
Zipplingen kam und in das Haus der Strobelbäurin trat, da
ward er nicht am freundlichsten ausgenommen, denn so eben
war des Stadtschreibers Schreiber weggegangen, der für sei-
nen Herrn, den jetzt „Gerichtsnotar" benamsten ehemaligen !
Stadtschreiber, eine Theilung vorgenommen hatte, wobei es das
Amt zwei Drittel und die Betheiligten noch ein Drittel des Ver-
mögens traf; derselbe hatte das Kapuzinerlein gesehen und nun
arg über die Bettelpfaffen und die dummen Bauern geschol-
ten. Das hatte sich die Bäuerin gemerkt, und: „Ach was!"
fing sie an, „geht nur weiter, ich habe heute nichts. Mit
euren Heiligenbildlein da und euren Ringlein — da soll man
nichts als geben und wiedergeben, und zuletzt sind's nicht ein-
mal recht geweihte Sachen; da ist mir mein Mehl und Schmalz
lieber, als dies Bagatell — geht nur Frater!"

„Strobelbäurin," sagte ernsthaft Frater Peregrin, „Ihr
seid letz daran; diesmal habe ich kostbarere Sachen, als bloße
Heiligenbildchen."

„Werdet etwas Sauberes haben — kenn' Euren Kram
schon; was werdet Ihr denn haben, he?" erwiderte, nicht ;
ohne eine Art Neugier, die Bäurin.

„Gewiß, Bäurin — seht!" und er zog sein Päckchen
heraus, küßte es, nahm einen Splitter des Löffeleins sachte
zwischen die Finger — „seht, Strobelbäurin," sprach er,
„das ist ein Stückchen von dem Löffelein, mit welchem Eli-
sabeth dem Johannes den Brei gegeben hat."

„Das that natürlich seine Wirkung und der Splitter wurde
reichlich belohnt. Auch noch and're fromme Weiber erhielten
unter gleichen Bedingungen von der Reliquie, so daß ganze ;
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der letzte Frater"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Stein <Motiv>
Eingang <Architektur>
Mönch <Motiv>
Löffel
zerstören
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Kapuziner

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 19.1854, Nr. 443, S. 82

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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