Fliegende Blätter (19.1854 (Nr. 433-456))

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<£m sonderbares Concert.

(Schluß.)

Der Ventiltrompetenbläscr entfärbte sich zusehends und nicht
die schmetterndste Fanfare wäre jetzt im Stande gewesen, sein
Blut, das sich erschreckt wahrscheinlich in die Füße zurückgezogen
hatte, wieder in die Gesichtsadern zu treiben. Der Hornist stellte
sich, als habe er in dem weiten Trichter seines Instrumentes
etwas zu suchen, wenigstens verbarg er seinen Kopf fast ganz in
demsclbem, aber — ihm schwindelte vor dem Kommenden. Der
Klarinettist hatte aus Versehen das Hornmnndstück seines In-
^ strumentes zwischen den Zähnen zermalmt, ohne daß er es ge-
merkt hätte, so gewaltig tobte es in seinem Innern. Der Po-
saunist hatte vielleicht die größte Furcht, bemühte sich jedoch am
meisten, dieselbe zu verbergen und zwang sich, eine Melodie
zu trällern, die er in der 0 ctur begann, jedoch in seiner
Herzensangst bis F moll herabsinkend, endigte. Seine Zähne
schlugen dabei an einander wie Kastagnetten bei einem spanischen
Bolero und die gesummten Töne schwankten so hörbar, daß das

Ganze fast klang wie eine Liszt'sche Trillcretüde. Der Piccolo-
! flötist ermannte sich zuerst; er, der Eigenthümer des kleinsten
Instrumentes als Besitzer der größten Geistesgegenwart! Mit
' dem Rufe: Vorwärts! schickte er sich an, die Reihe zu eröffnen
und in der schwarzen Oeffnung zu verschwinden. Jetzt aber
stürzte Coxwell hinzu, der eben wieder von dem zu mächtigen
Andringen des jenseitigen Publikums dorthinüber gezogen wurde,
wo er durch „amicable hintsu *) mit der Faust auf die Bäuche
der Dränger die alte Weltordnung wieder hergestellt hatte.

„Stopp! Stopp!**) Harten Sie!" rief der Engländer aus
vollem Halse und zog den Flötisten, der schon den ersten Fuß
im „Schwarzen" hatte, an dem Frackschooß so unsanft zurück,
daß dieser ohnehin zwecklose, unästethische Lappen ihm in der Hand
zurück blieb.

Wüthend wegen dieser Verstümmelung seines Feierkleides
drehte sich der muthige Tonkünstler herum und schrie den Eng-
länder nicht eben flötenartig an: „Herr! Denken Sie denn, ich
habe meine Sachen gestohlen? Wenn Sie mir meinen Frack
nicht bezahlen, verklage ich Sie! Hier sind Zeugen genug. Nicht
wahr. Sie können es bezeugen?" wandte sich schließlich der er-
grimmte Flötist zu seinen Kollegen und dem Publikum.

Der Menge Richterspruch ist auf der Schwachheit Seite!
sagt ein alter griechischer Klassiker.

„Ja wohl! wir können es bezeugen! Er muß den Scha-
den ersetzen" — und ähnliche Gerechtigkeitssprüche mehr ertönten
ringsum.

„Verry well! I beg you pardon," ***) lenkte der Eng-
länder ein, „ich uerde das Schaden bezuahlen."

„Warum ziehen Sie denn aber Einen wieder heraus. Ich
denke, wir sollen da drinnen spielen?" frug der fast ganz be-
schwichtigte Musiker.

*) Freundliche Winke. **) Halt! Halt! ***) Sehr wohl, ich

bitte um Verzeihung.

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