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Allein und still zerplatzen einsam.
Kläglich' unsägliches Mopsenschicksal! —
Wie Ugolino sterben die Seinen sah
Den Tod des Hungers, also nur umgekehrt.
So sah — o Schmerz! auch Er die Seine»
Alle zerplatzen an Ueberfütt'rung! —
Die gute Mutter, die ihm geboren einst
Die stillen Jungen — ach! und die Jungen selbst —
Dickbäuchig stumm im bangen Kreise
Lagen sie alle um ihn — zerplatzend. —
Als nun der Jüngste leise zersprungen war.
Die letzten Blicke seliger Träume voll.
Und einsam sich verlassen einsam
Fühlte der Alte — o Jammerschicksat! —
Der Wärter brachte wieder dieselbe Kost
Wie einst, da Alle lebten die Herrlichen. —
Was thut nicht Schmerz? und sich', verzweifelt
Alles verschlang da der alte Mopsbauch.
Auch er zerplatzte. — Herrliches Mopsgeschlecht
Und mit ihm sank'st du selber zum Acheron!
Ach wer erfaßt's — kein Menschen-Auge
Soll mehr erblicken ein Mopsenantlitz?!
Doch Dichterherzen singen in süßer Frist
Bon euerm Ruhme, möpsebegeisterte —
Und manche Nacht durch Frauenherzen
Wandelt ihr selber in süßem Traum noch! —
Der eingepökelte Vetter.
! (Schluß.)
Wie er dabei sieht den taudten Vetter an. is ihm grade
gewesen, als ob Rosenberg hätte genickt mit den Koppe un ge-
wackelt mit sein'» Bart als am Zeichen, daß es ihm were ganz
angenehm, ßu werden ßerschnitten.
Calmeier hat ihn also noch geschnitten in klaine Sticklichs
aff dieselbigc Nacht un in ain Faß gethan; aber drauf hat er
geschrieben:
Pökelfleisch! 0. Nr. 3.
piano. Vor Nässe ßu schützen!
Wie er nu is gekimmen mit sain Faß wieder in den Ha-
fen. hat er gleich gefunden ain andern Kaptän. was hat ge-
haißen Naumann un is abgesegelt noch an denselben Tage nach
Königsberg un hat mitgenommen das Faß vor drei Dollariuse.
I acht Wochen Lieferzeit.
Calmaier aber is gewesen gewaltig froh, wie er hat ge-
' macht jetzt so ain billiges Geschüftche. Er hat sich hingesetzt aff
sein Comptor un geschrieben ain Schreibebrieflich mit das Post-
schiff an den Speditör Cohn Hilzheimern in Königsberg
wie folgt:
„Herrn Cohn Hilzheimer in Königsberg i/Praißen.
Neukorks, d. 10. Aug. 1825.
Vermittelst das Schiff „Adler" Kaptän Naumann von
Königsberg bin ich gewesen so frei, unter heitigen Tage ab-
gehn ßu laffen an Ihre werthe Adresse ein Faß. signirt 6 Nr. 3.
enthält Pökelfleisch, womit sie wollen verfahren, wie nachstehend
verßeichnet.
Herr Hilzheimer! Ain Wort in Vertrauen! In das Fäß-
lich is main Vetter Rosenberg, was is gestorben un will mit
Gewalt sein begraben in Königsberg bei unsre Laite. Weil de
Fracht is gewesen ßu theier, habe ich gewußt kain bessres
Mittel un ihn müffen einpökcln un spedircn wie ain Fracht-
stück.
Herr Hilzheimer! Wollen Se die Gitigkeit haben, ßu be-
sorgen die Lewaje >) in Königsberg, so will ich sein erkenntlich
un werde schicken an ihre werthe Adresse mit das nächste Post-
schiff 10 Thaler Corant. Aber sein Se klug un verschwiegen.
Vor ähnliche Fälle bin ich jederzeit ßu Gegendienste bereit
un ßeichne
mit Hochachtung un Ergebenheit
Joel Calmeier."
Der Brief is gegangen direkt an Hilzheimern nach Königs-
berg un in Szeit vun acht Wochen is gekimmen die Antwort:
„Herrn Joel Calmeier in Neukorks.
Königsberg d. 12. Septemb. 1825.
Ich bin gekimmen in Besitz von Ihr Werthestes vom 10.
vorigen Monats un bin ßu jeder Stunde erbietig. Ihre Wünsche
prompt ßu erfüllen. Haben Se die Güte un stehlen Se die
versprochnen 10 Thaler Corant an Koppel. Mühlheim ot
Comp. Dort, womit ich stehe in Geschäftsverbindung.
Sobald als wie wird das avisirte Faß C. Nr. 3 ankim-
men in Königsberg, werde ich besorgen das Nöthige nach Vor-
schrift. Ich selbsten werde mit Lewaje thun.?)
Szuglcich bemerke ich Ihnen, daß ich noch ain Posten aus-
1) Lewaje; Begräbniß.
2) Lewaje thun; zum Grabe begleiten.
Allein und still zerplatzen einsam.
Kläglich' unsägliches Mopsenschicksal! —
Wie Ugolino sterben die Seinen sah
Den Tod des Hungers, also nur umgekehrt.
So sah — o Schmerz! auch Er die Seine»
Alle zerplatzen an Ueberfütt'rung! —
Die gute Mutter, die ihm geboren einst
Die stillen Jungen — ach! und die Jungen selbst —
Dickbäuchig stumm im bangen Kreise
Lagen sie alle um ihn — zerplatzend. —
Als nun der Jüngste leise zersprungen war.
Die letzten Blicke seliger Träume voll.
Und einsam sich verlassen einsam
Fühlte der Alte — o Jammerschicksat! —
Der Wärter brachte wieder dieselbe Kost
Wie einst, da Alle lebten die Herrlichen. —
Was thut nicht Schmerz? und sich', verzweifelt
Alles verschlang da der alte Mopsbauch.
Auch er zerplatzte. — Herrliches Mopsgeschlecht
Und mit ihm sank'st du selber zum Acheron!
Ach wer erfaßt's — kein Menschen-Auge
Soll mehr erblicken ein Mopsenantlitz?!
Doch Dichterherzen singen in süßer Frist
Bon euerm Ruhme, möpsebegeisterte —
Und manche Nacht durch Frauenherzen
Wandelt ihr selber in süßem Traum noch! —
Der eingepökelte Vetter.
! (Schluß.)
Wie er dabei sieht den taudten Vetter an. is ihm grade
gewesen, als ob Rosenberg hätte genickt mit den Koppe un ge-
wackelt mit sein'» Bart als am Zeichen, daß es ihm were ganz
angenehm, ßu werden ßerschnitten.
Calmeier hat ihn also noch geschnitten in klaine Sticklichs
aff dieselbigc Nacht un in ain Faß gethan; aber drauf hat er
geschrieben:
Pökelfleisch! 0. Nr. 3.
piano. Vor Nässe ßu schützen!
Wie er nu is gekimmen mit sain Faß wieder in den Ha-
fen. hat er gleich gefunden ain andern Kaptän. was hat ge-
haißen Naumann un is abgesegelt noch an denselben Tage nach
Königsberg un hat mitgenommen das Faß vor drei Dollariuse.
I acht Wochen Lieferzeit.
Calmaier aber is gewesen gewaltig froh, wie er hat ge-
' macht jetzt so ain billiges Geschüftche. Er hat sich hingesetzt aff
sein Comptor un geschrieben ain Schreibebrieflich mit das Post-
schiff an den Speditör Cohn Hilzheimern in Königsberg
wie folgt:
„Herrn Cohn Hilzheimer in Königsberg i/Praißen.
Neukorks, d. 10. Aug. 1825.
Vermittelst das Schiff „Adler" Kaptän Naumann von
Königsberg bin ich gewesen so frei, unter heitigen Tage ab-
gehn ßu laffen an Ihre werthe Adresse ein Faß. signirt 6 Nr. 3.
enthält Pökelfleisch, womit sie wollen verfahren, wie nachstehend
verßeichnet.
Herr Hilzheimer! Ain Wort in Vertrauen! In das Fäß-
lich is main Vetter Rosenberg, was is gestorben un will mit
Gewalt sein begraben in Königsberg bei unsre Laite. Weil de
Fracht is gewesen ßu theier, habe ich gewußt kain bessres
Mittel un ihn müffen einpökcln un spedircn wie ain Fracht-
stück.
Herr Hilzheimer! Wollen Se die Gitigkeit haben, ßu be-
sorgen die Lewaje >) in Königsberg, so will ich sein erkenntlich
un werde schicken an ihre werthe Adresse mit das nächste Post-
schiff 10 Thaler Corant. Aber sein Se klug un verschwiegen.
Vor ähnliche Fälle bin ich jederzeit ßu Gegendienste bereit
un ßeichne
mit Hochachtung un Ergebenheit
Joel Calmeier."
Der Brief is gegangen direkt an Hilzheimern nach Königs-
berg un in Szeit vun acht Wochen is gekimmen die Antwort:
„Herrn Joel Calmeier in Neukorks.
Königsberg d. 12. Septemb. 1825.
Ich bin gekimmen in Besitz von Ihr Werthestes vom 10.
vorigen Monats un bin ßu jeder Stunde erbietig. Ihre Wünsche
prompt ßu erfüllen. Haben Se die Güte un stehlen Se die
versprochnen 10 Thaler Corant an Koppel. Mühlheim ot
Comp. Dort, womit ich stehe in Geschäftsverbindung.
Sobald als wie wird das avisirte Faß C. Nr. 3 ankim-
men in Königsberg, werde ich besorgen das Nöthige nach Vor-
schrift. Ich selbsten werde mit Lewaje thun.?)
Szuglcich bemerke ich Ihnen, daß ich noch ain Posten aus-
1) Lewaje; Begräbniß.
2) Lewaje thun; zum Grabe begleiten.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der eingepökelte Vetter"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 19.1854, Nr. 450, S. 138
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg