Was sich Stürzenbecher
scheuknopf ging fort, als hätte ihn Eener de Butter vom Brode
genommen.
„Wie nun Menschenknopf is nach Petersborg zurückge-
kommen, hat der Kaiser furchtbar geräsonirt nn gesagt: „Hör'n
Se, wenn Se nich gleich wieder fort machen un mir de Terkei
verschaffen, dann sollen Se sehn, was ich thue." — Na, was
das zu bedeuten hatte, wußte Menschenknopf schon, also machte
er sich ooch gleich auf de Socken un gleich wieder nach Kon-
stantinopel. Es dauerte nich lange, so kam er dort an. „Na
warte Soltan," dachte er bei sich, „wo keene Höflichkeit nich
helfen will, da muß man es mit der Grobheit versuchen." —
Nu is gleich vor den Soltan seiner Wohnung eene große Pfütze,
da trat Menschenknopf 'nein, so daß er aussah wie ein russi-
scher Chausseewärter, un so ging er in den Soltan seine Woh-
nung. Den Hut nahm er ooch nich ab un ließ sich nich een-
mal anmelden. Der Soltan saß wieder beim Kaffee un wun-
derte sich nich wenig, wie der Russe wieder da war. „Na da
bin ich wieder," sagte Menschenknopf, un trat groß und breet
vor den Soltan. — „Freut mich," sagt der, „aber erlauben
Se gefälligst, gibt es denn in Rußland keene Stiefelwichse nich
un ooch keene Huthaken?" — Da schämte sich Menschenknopf,
zog sein seid'nes Schnopftuch 'raus, wischte sich de Stiefeln ab,
un gab eenen Mohren seinen Filzpariser zum Aufheben, —
„Schön," sagte der Soltan, „was wünschen Sie also demnach?"
„Ich soll Ihnen noch een Kompelmank sagen vom Kaiser un
er ließe sich de Kirchenschlüssel ausbitten, weil Sie doch so nie-
mals nich als Muselmann in de Kirche gingen." — „So,"
sagte der Soltan, „dann will er mir wohl etliche tausend
fromme Kosaken in de Kirche schicken. Nee, mein Guter, sagen
Sie wieder ein Kompelmank, aber es thüte mir leid, das ginge
nich." — „Is das Ihr Ernst?" fragt nu Menschenknopf. —
„Un ob!" sagt d'rauf der Soltan. — „Na, so kündige ich
Sie hiermit den Krieg an," sagt der Russe. — „Kreuz-Mords-
Blitz - Bomben - Wetter-Element! nu machen Se aber, daß Se
'naus kommen," schreit jetzt der Soltan un greift nach seinen
Dolch; aber Menschenknopf denkt, daß er nich so sehr lange
hier zu warten hat, dreht sich um un lauft fort, ohne daß er
seinen Hut mitnimmt, un reist in Begleitung von Kurier-
! Pferden auf der Stelle ab. Wie er nach Petersburg kommt,
wird gleich Generalmarsch geschlagen, der Kaiser reitet vor
die Fronte von seine Soldaten un sagt: „Meine Herren,
jetzt geht's los! Morgen geht es in de Terkei. Wer mit
will, kann mitkommen, un wer nich will, muß nach Sie-
beririchen!" — Da schrieen Alle: „Ei ja, hören Se, mir
machen Alle mit; es lebe der Kaiser!" — Un richtig, den an-
dern Tag früh Morgens um fünfe geht's in Petersborg zum
Berliner Thor 'naus un derektemank g'rade auf de Terkei los.
Wie nun der Soltan sah, daß der Ruffe doch Ernst machen
thüte, da war er ooch nich faul un trommelte rasch seine Ar-
tullerie, Kafallerie un Fußinfanterie zusammen un sagte: „Meine
Herrn, morgen geht der Krieg an der Donau los; wer mit
machen will, kann mit kommen un wer nich will, kriegt sechs-
hundert auf de Fußsohlen!"—Da sagten Alle: „Eija, hörenSe,
wir machen Alle mit; es lebe der Soltan !" Un so ging es also den
s Stammgäste erzählen. 175
nächsten Tag in de Schlacht. Nu war das aber eene dumme Ge-
schichte, denn de Russen hatten mehr Geld als wie de Terken,
un wir Staatsmänner sagen immer: „Wer's Geld hat, der i
hat Recht!" Un so kam es also, daß die Terken bald gehö- !
rige Prügel kriegten. Aber hauptsächlich war es jetzt den Rus-
sen dadrum zu thun, daß se wollten de Donau haben; denn
wenn wir die haben, dann haben wir bald de ganze Terkei —
haben 'se gesagt. Aber hingegen nu wußte der Soltan bald nich
mehr, wohin er sich wenden sollte vor Angst, da setzte er sich
eenes Morgens an seinen Schreibtisch, nahm eenen Postbogen
mit Goldschnitt un schrieb an die Königin von England:
„Sehr wcrthgeschätzte Madame Victoria! Denn warum soll
ich nu g'rade leiden, ich habe ihm doch gar nichts nich gethan
un er kommt jetzt mir nichts Dir nichts un will de Donau.
Is das recht? He! frage ich Ihnen un wenn Sie mit Nein
antworten, so haben Se doch de Güte un schicken mir mit näch-
ster Post etliche tausend abgelegte Zentner Sterlingse, einige
tausend Schiffe un was Sie sonst noch an abgctrag'ner Wasche
für meine Soldaten entbehren können. Vielleicht könnte ich Dero
Famikte bei andern Gelegenheiten wieder mal gefällig sein. Ihr
treuergebencr Soltan."
Mit derselben Post schrieb der Soltan ooch an den Fran-
zosenkaiser un versprach ebenfalls dankbar zu sein, wenn ihn de
Nachbarn mal nnbequem werden wollten.
Napoleon un Victoria waren bald im Klaren, wie da zu !
helfen wär'. Erst thaten sc sich besprechen, ob auch was da
wäre, womit se sich könnten bezahlen lassen, wenn se den Sol-
tan helfen thüten, un da sich dieses bestätigte, so setzten sie sich
hin un schrieben an den Kaiser von Rußland:
„Mon ami! (so nennen se sich nämlich bei Hofe!) Aber
nee hör'n Se', das geht nich. Er hat Sie gar nichts nich ge-
than un also dürfen Sie ihn ooch nichts nich thun. Also nu
sein Sie so gut un räumen Se gleich de Donau ordentlich aus!
aber ordentlich! — sonst verbleiben wir Ihre mon amis Napo-
leon und Victoria."
„Un was that der Kaiser von Rußland? Er räumte die
Donau nich aus, sondern hingegen er schüttelte noch so'n Paar
Hundert Schiffe Sandsäcke an de Mündung, so daß jetzt de ganze Do-
nau verstopft ist. — N u gleich darauf ging der Krieg los!"
„Also blos wegen de Unreinlichkeit in der Donau streiten
se sich?" meinte kopfschüttelnd Stürzenbecher.
„Gewiß, wegen weiter gar nichts nich," versicherte Krause.
„Allein der Schmutz in der Donau soll ooch so bedeutend sein,
wie nirgends sonst wo."
„Wat meenste, Krause?" rief hier beleidigt Luftmayer,
„denkst Du denn, mir hätten in Berlin nich ooch Schmutzig-
keeten so jut wie in der Donau? Da mußt Du nur erst een-
mal de Spree jesehn haben! Nee, über de Spree jeht jar nichts
in der Welt!"
„Wenn De meenst, dann könnt Ihr Euch ja ooch de Ruffen
nach Berlin verschreiben, daß Se Euch de Spree ausräumen!"
schlug spöttisch Krause vor.
„I nu," lispelte geheimnißvoll Luftmayer, „man kann nich
wissen, wat Wir noch zu thun jedenken!"
scheuknopf ging fort, als hätte ihn Eener de Butter vom Brode
genommen.
„Wie nun Menschenknopf is nach Petersborg zurückge-
kommen, hat der Kaiser furchtbar geräsonirt nn gesagt: „Hör'n
Se, wenn Se nich gleich wieder fort machen un mir de Terkei
verschaffen, dann sollen Se sehn, was ich thue." — Na, was
das zu bedeuten hatte, wußte Menschenknopf schon, also machte
er sich ooch gleich auf de Socken un gleich wieder nach Kon-
stantinopel. Es dauerte nich lange, so kam er dort an. „Na
warte Soltan," dachte er bei sich, „wo keene Höflichkeit nich
helfen will, da muß man es mit der Grobheit versuchen." —
Nu is gleich vor den Soltan seiner Wohnung eene große Pfütze,
da trat Menschenknopf 'nein, so daß er aussah wie ein russi-
scher Chausseewärter, un so ging er in den Soltan seine Woh-
nung. Den Hut nahm er ooch nich ab un ließ sich nich een-
mal anmelden. Der Soltan saß wieder beim Kaffee un wun-
derte sich nich wenig, wie der Russe wieder da war. „Na da
bin ich wieder," sagte Menschenknopf, un trat groß und breet
vor den Soltan. — „Freut mich," sagt der, „aber erlauben
Se gefälligst, gibt es denn in Rußland keene Stiefelwichse nich
un ooch keene Huthaken?" — Da schämte sich Menschenknopf,
zog sein seid'nes Schnopftuch 'raus, wischte sich de Stiefeln ab,
un gab eenen Mohren seinen Filzpariser zum Aufheben, —
„Schön," sagte der Soltan, „was wünschen Sie also demnach?"
„Ich soll Ihnen noch een Kompelmank sagen vom Kaiser un
er ließe sich de Kirchenschlüssel ausbitten, weil Sie doch so nie-
mals nich als Muselmann in de Kirche gingen." — „So,"
sagte der Soltan, „dann will er mir wohl etliche tausend
fromme Kosaken in de Kirche schicken. Nee, mein Guter, sagen
Sie wieder ein Kompelmank, aber es thüte mir leid, das ginge
nich." — „Is das Ihr Ernst?" fragt nu Menschenknopf. —
„Un ob!" sagt d'rauf der Soltan. — „Na, so kündige ich
Sie hiermit den Krieg an," sagt der Russe. — „Kreuz-Mords-
Blitz - Bomben - Wetter-Element! nu machen Se aber, daß Se
'naus kommen," schreit jetzt der Soltan un greift nach seinen
Dolch; aber Menschenknopf denkt, daß er nich so sehr lange
hier zu warten hat, dreht sich um un lauft fort, ohne daß er
seinen Hut mitnimmt, un reist in Begleitung von Kurier-
! Pferden auf der Stelle ab. Wie er nach Petersburg kommt,
wird gleich Generalmarsch geschlagen, der Kaiser reitet vor
die Fronte von seine Soldaten un sagt: „Meine Herren,
jetzt geht's los! Morgen geht es in de Terkei. Wer mit
will, kann mitkommen, un wer nich will, muß nach Sie-
beririchen!" — Da schrieen Alle: „Ei ja, hören Se, mir
machen Alle mit; es lebe der Kaiser!" — Un richtig, den an-
dern Tag früh Morgens um fünfe geht's in Petersborg zum
Berliner Thor 'naus un derektemank g'rade auf de Terkei los.
Wie nun der Soltan sah, daß der Ruffe doch Ernst machen
thüte, da war er ooch nich faul un trommelte rasch seine Ar-
tullerie, Kafallerie un Fußinfanterie zusammen un sagte: „Meine
Herrn, morgen geht der Krieg an der Donau los; wer mit
machen will, kann mit kommen un wer nich will, kriegt sechs-
hundert auf de Fußsohlen!"—Da sagten Alle: „Eija, hörenSe,
wir machen Alle mit; es lebe der Soltan !" Un so ging es also den
s Stammgäste erzählen. 175
nächsten Tag in de Schlacht. Nu war das aber eene dumme Ge-
schichte, denn de Russen hatten mehr Geld als wie de Terken,
un wir Staatsmänner sagen immer: „Wer's Geld hat, der i
hat Recht!" Un so kam es also, daß die Terken bald gehö- !
rige Prügel kriegten. Aber hauptsächlich war es jetzt den Rus-
sen dadrum zu thun, daß se wollten de Donau haben; denn
wenn wir die haben, dann haben wir bald de ganze Terkei —
haben 'se gesagt. Aber hingegen nu wußte der Soltan bald nich
mehr, wohin er sich wenden sollte vor Angst, da setzte er sich
eenes Morgens an seinen Schreibtisch, nahm eenen Postbogen
mit Goldschnitt un schrieb an die Königin von England:
„Sehr wcrthgeschätzte Madame Victoria! Denn warum soll
ich nu g'rade leiden, ich habe ihm doch gar nichts nich gethan
un er kommt jetzt mir nichts Dir nichts un will de Donau.
Is das recht? He! frage ich Ihnen un wenn Sie mit Nein
antworten, so haben Se doch de Güte un schicken mir mit näch-
ster Post etliche tausend abgelegte Zentner Sterlingse, einige
tausend Schiffe un was Sie sonst noch an abgctrag'ner Wasche
für meine Soldaten entbehren können. Vielleicht könnte ich Dero
Famikte bei andern Gelegenheiten wieder mal gefällig sein. Ihr
treuergebencr Soltan."
Mit derselben Post schrieb der Soltan ooch an den Fran-
zosenkaiser un versprach ebenfalls dankbar zu sein, wenn ihn de
Nachbarn mal nnbequem werden wollten.
Napoleon un Victoria waren bald im Klaren, wie da zu !
helfen wär'. Erst thaten sc sich besprechen, ob auch was da
wäre, womit se sich könnten bezahlen lassen, wenn se den Sol-
tan helfen thüten, un da sich dieses bestätigte, so setzten sie sich
hin un schrieben an den Kaiser von Rußland:
„Mon ami! (so nennen se sich nämlich bei Hofe!) Aber
nee hör'n Se', das geht nich. Er hat Sie gar nichts nich ge-
than un also dürfen Sie ihn ooch nichts nich thun. Also nu
sein Sie so gut un räumen Se gleich de Donau ordentlich aus!
aber ordentlich! — sonst verbleiben wir Ihre mon amis Napo-
leon und Victoria."
„Un was that der Kaiser von Rußland? Er räumte die
Donau nich aus, sondern hingegen er schüttelte noch so'n Paar
Hundert Schiffe Sandsäcke an de Mündung, so daß jetzt de ganze Do-
nau verstopft ist. — N u gleich darauf ging der Krieg los!"
„Also blos wegen de Unreinlichkeit in der Donau streiten
se sich?" meinte kopfschüttelnd Stürzenbecher.
„Gewiß, wegen weiter gar nichts nich," versicherte Krause.
„Allein der Schmutz in der Donau soll ooch so bedeutend sein,
wie nirgends sonst wo."
„Wat meenste, Krause?" rief hier beleidigt Luftmayer,
„denkst Du denn, mir hätten in Berlin nich ooch Schmutzig-
keeten so jut wie in der Donau? Da mußt Du nur erst een-
mal de Spree jesehn haben! Nee, über de Spree jeht jar nichts
in der Welt!"
„Wenn De meenst, dann könnt Ihr Euch ja ooch de Ruffen
nach Berlin verschreiben, daß Se Euch de Spree ausräumen!"
schlug spöttisch Krause vor.
„I nu," lispelte geheimnißvoll Luftmayer, „man kann nich
wissen, wat Wir noch zu thun jedenken!"