Dürings Erle.
Wälder. Wlatislaw hatte alle Hände voll zu thun, sich ihrer
zu erwehren; allein er widerstand ihnen wie ein sester Thurm
acht Jahre hindurch, und zwar so ritterlich, daß die Deutschen,
ohne etwas inehr, als daß sie das Land verwüstet hatten,
ausgerichtet zu haben, wieder heimziehcn mußten.
Durch das Glück, womir er den Deutschen widerstanden,
niuthig gemacht, richtete Wlatislaw seine Blicke wieder auf Prag
und seinen Herzog. Er gebot daher, daß sich all sein Volk an
einem bestiinmten Tage auf einer großen Wiese versammeln sollte.
Er selbst aber setzte sich auf einen sehr hohen Stuhl, um all
sein Volk übersehen zu können, und fragte nun mit lauter
Stimme: „ob sie ihm getreulich helfen wollten, er gedenke dem
Neklan eine Schlacht zu liefern, ihn zu vertilgen und ihm sein
Herzogthum zu nehnien." Und sie schrien Alle wie aus einem
Munde: „Sie wollten ihm beistehen, allezeit, und Neklans
Land erobern, er solle nur selbst nicht säumen." Als er
diese Antwort vernommen, dankte er ihnen und hieß sie Alle
wieder heimziehen.
Nun ließ sich Herzog Wlatislaw ein großes Schwert schmie-
den. Als dasselbe fertig >var, ließ er es im ganzen Lande herum
tragen und dabei ausrufen, daß sich Jedermann ein solches Schwert
sollte machen lassen, weder länger noch kürzer. Und welcher
Mann oder Bursche auf's kiinftige Jahr dieses Schwertes Länge
haben würde, der solle, sobald der Herzog einen Krieg würde
ausrufen lassen, mit diesem Schwerte erscheinen, und überdies
in einem Pechwamms oder Harnisch, einem eisernen Hute,
Tartschen, Pfeilen und Handbogen; und welche Raubvögel
hätten, als Habichte, Sperber, Raben und Falken, die sollten
sie mit sich führen, denn sie würden von ihrer Feinde Fleisch
gespeist und mit ihrem Blute getränkt werden.
Hierauf sandte Wlatislaw einige wohlberedte, kluge Män-
ner, mit wilden Angesichtern und. grimmigem Aussehen zum
Neklan, mit dem Befehle, ihm zu sagen, daß Wlatislaw
ihm folgende drei Stücke entbiete:
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Erstens. Wenn Neklan ihm sein ganzes Herzogthum
abtreten wolle, so würde er es in Güte annehmen.
Zweitens. Lade er ihn ein, persönlich einen Zweikampf
mit ihm zu' bestehen, und wer den andern iiberwinden würde,
der sollte Herr sein über beide Herzogthümer.
Drittens. Wenn er aber Lust hätte, mit einer be-
stimmten Anzahl Kriegsleuten, von welcher Art er wolle,
ihm zu begegnen, so wäre er auch damit zufrieden.
Im Falle er von diesen drei Artikeln keinen annehmen
wolle, so sollte er gewärtig sein, daß er ihn mit all seinem
Volk überziehen, vertilgen, und das Herzogthum Prag mit
seinen Anhängern und Leuten besetzen würde.
Neklan war über diese Botschaft äußerst bestürzt, berief seine
Wladiken, und bat sie um Rath, ihm zu helfen, was dem Wla- !
tislaw zu antworten sei. Diese beriethen sich unter einander
und gaben den Gesandten folgende Antwort: Für's erste sei er
nicht bedacht, ihm sein Herzogthum gutwillig abzutreten, denn !
es zwinge ihn keine Noth dazu, und eine solche Handlung würde ;
Jedermann, ja Wlatislaw selbst, ihm als eine Thorheit anrech- ^
nen. Für's zweite, mit Wlatislaw persönlich zu kämpfen, sei !
gleichfalls nicht vonnöthen, und er begehre weder ihres Herzogs :
Tod, noch sein Fürstenthum. Für's dritte, mit einer gleichen
Anzahl Volks sich zu schlagen, bedünke ihm auch unziemlich zu
sein. Tenn wenn gleich zehn Prager zehn Sozer erschlügen, so
könnte dieses vielleicht weniger ihrer Mannheit als dem Glücke
zugeschrieben werden. Will daher EuerHerr, der Wlatislaw, das
Prager Herzogthum feindlicher Weise überfallen, so wird ihni
unser Herr, der Herzog Neklan, nicht nur als ein beherzter Mann
begegnen, sondern auch ihn und euch Alle aus dem Lande treiben.
Die Gesandten hörten diese Antwort, zogen davon und
erzählten sie getreulich ihrem Herrn, aber dieser ward da-
rüber so ergrimmt, daß er sich vor Wuth mit seinen eignen
Händen die Kleider vom Leibe riß.
Als nun der Frühling gekommen war, versammelte Wlatislaw
seine Völker auf dem Felde, so Bosdiechow genannt wird. Dann
sandte er einen Boten zu Neklan mit der Ladung, daß er seiner
am 10. Mai auf dem Felde von Turske Pole warten sollte.
Der stille unbehcrzte Neklan erschrack, als er den Boten
kommen sah und seine Werbung hörte, wie gewöhnlich, ganz
unniüßig. Er suchte wie immer Zuflucht bei seinen Räthen,
und der Bote erhielt zur Antwort: „Wlatislaw solle nur
„kommen, Neklan würde ihm selbst mit seinem eigenen
„Schwerte das Haupt abschlagen."
Aber Neklan gebot allen seinen Edelleuten, Bürgern und
Bauern, daß sie sich bereit halten sollten. Da rüsteten sie sich
sänimtlich in ihren Harnischen, Pechwämmsern und Helmen,
niit Schwertern, Schilden, Pfeilen und Bogen und anderer
Rüstung auf's zierlichste, und lagerten sich den 8. Mai aus
der Ebene über dem Orte Brnsky. Und allesammt schwuren
dem Herzoge zu, daß sie standhaft und männlich fechten
wollten.
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Wälder. Wlatislaw hatte alle Hände voll zu thun, sich ihrer
zu erwehren; allein er widerstand ihnen wie ein sester Thurm
acht Jahre hindurch, und zwar so ritterlich, daß die Deutschen,
ohne etwas inehr, als daß sie das Land verwüstet hatten,
ausgerichtet zu haben, wieder heimziehcn mußten.
Durch das Glück, womir er den Deutschen widerstanden,
niuthig gemacht, richtete Wlatislaw seine Blicke wieder auf Prag
und seinen Herzog. Er gebot daher, daß sich all sein Volk an
einem bestiinmten Tage auf einer großen Wiese versammeln sollte.
Er selbst aber setzte sich auf einen sehr hohen Stuhl, um all
sein Volk übersehen zu können, und fragte nun mit lauter
Stimme: „ob sie ihm getreulich helfen wollten, er gedenke dem
Neklan eine Schlacht zu liefern, ihn zu vertilgen und ihm sein
Herzogthum zu nehnien." Und sie schrien Alle wie aus einem
Munde: „Sie wollten ihm beistehen, allezeit, und Neklans
Land erobern, er solle nur selbst nicht säumen." Als er
diese Antwort vernommen, dankte er ihnen und hieß sie Alle
wieder heimziehen.
Nun ließ sich Herzog Wlatislaw ein großes Schwert schmie-
den. Als dasselbe fertig >var, ließ er es im ganzen Lande herum
tragen und dabei ausrufen, daß sich Jedermann ein solches Schwert
sollte machen lassen, weder länger noch kürzer. Und welcher
Mann oder Bursche auf's kiinftige Jahr dieses Schwertes Länge
haben würde, der solle, sobald der Herzog einen Krieg würde
ausrufen lassen, mit diesem Schwerte erscheinen, und überdies
in einem Pechwamms oder Harnisch, einem eisernen Hute,
Tartschen, Pfeilen und Handbogen; und welche Raubvögel
hätten, als Habichte, Sperber, Raben und Falken, die sollten
sie mit sich führen, denn sie würden von ihrer Feinde Fleisch
gespeist und mit ihrem Blute getränkt werden.
Hierauf sandte Wlatislaw einige wohlberedte, kluge Män-
ner, mit wilden Angesichtern und. grimmigem Aussehen zum
Neklan, mit dem Befehle, ihm zu sagen, daß Wlatislaw
ihm folgende drei Stücke entbiete:
51
Erstens. Wenn Neklan ihm sein ganzes Herzogthum
abtreten wolle, so würde er es in Güte annehmen.
Zweitens. Lade er ihn ein, persönlich einen Zweikampf
mit ihm zu' bestehen, und wer den andern iiberwinden würde,
der sollte Herr sein über beide Herzogthümer.
Drittens. Wenn er aber Lust hätte, mit einer be-
stimmten Anzahl Kriegsleuten, von welcher Art er wolle,
ihm zu begegnen, so wäre er auch damit zufrieden.
Im Falle er von diesen drei Artikeln keinen annehmen
wolle, so sollte er gewärtig sein, daß er ihn mit all seinem
Volk überziehen, vertilgen, und das Herzogthum Prag mit
seinen Anhängern und Leuten besetzen würde.
Neklan war über diese Botschaft äußerst bestürzt, berief seine
Wladiken, und bat sie um Rath, ihm zu helfen, was dem Wla- !
tislaw zu antworten sei. Diese beriethen sich unter einander
und gaben den Gesandten folgende Antwort: Für's erste sei er
nicht bedacht, ihm sein Herzogthum gutwillig abzutreten, denn !
es zwinge ihn keine Noth dazu, und eine solche Handlung würde ;
Jedermann, ja Wlatislaw selbst, ihm als eine Thorheit anrech- ^
nen. Für's zweite, mit Wlatislaw persönlich zu kämpfen, sei !
gleichfalls nicht vonnöthen, und er begehre weder ihres Herzogs :
Tod, noch sein Fürstenthum. Für's dritte, mit einer gleichen
Anzahl Volks sich zu schlagen, bedünke ihm auch unziemlich zu
sein. Tenn wenn gleich zehn Prager zehn Sozer erschlügen, so
könnte dieses vielleicht weniger ihrer Mannheit als dem Glücke
zugeschrieben werden. Will daher EuerHerr, der Wlatislaw, das
Prager Herzogthum feindlicher Weise überfallen, so wird ihni
unser Herr, der Herzog Neklan, nicht nur als ein beherzter Mann
begegnen, sondern auch ihn und euch Alle aus dem Lande treiben.
Die Gesandten hörten diese Antwort, zogen davon und
erzählten sie getreulich ihrem Herrn, aber dieser ward da-
rüber so ergrimmt, daß er sich vor Wuth mit seinen eignen
Händen die Kleider vom Leibe riß.
Als nun der Frühling gekommen war, versammelte Wlatislaw
seine Völker auf dem Felde, so Bosdiechow genannt wird. Dann
sandte er einen Boten zu Neklan mit der Ladung, daß er seiner
am 10. Mai auf dem Felde von Turske Pole warten sollte.
Der stille unbehcrzte Neklan erschrack, als er den Boten
kommen sah und seine Werbung hörte, wie gewöhnlich, ganz
unniüßig. Er suchte wie immer Zuflucht bei seinen Räthen,
und der Bote erhielt zur Antwort: „Wlatislaw solle nur
„kommen, Neklan würde ihm selbst mit seinem eigenen
„Schwerte das Haupt abschlagen."
Aber Neklan gebot allen seinen Edelleuten, Bürgern und
Bauern, daß sie sich bereit halten sollten. Da rüsteten sie sich
sänimtlich in ihren Harnischen, Pechwämmsern und Helmen,
niit Schwertern, Schilden, Pfeilen und Bogen und anderer
Rüstung auf's zierlichste, und lagerten sich den 8. Mai aus
der Ebene über dem Orte Brnsky. Und allesammt schwuren
dem Herzoge zu, daß sie standhaft und männlich fechten
wollten.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Dürings Erle"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 2.1846, Nr. 31, S. 51
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg