74 Großes keroplastisches Kabinet.
vielleicht durch einen ganz einfachen Mechanismus der Kopf, die Augen oder die
Hände der Figur beweglich gemacht werden, aufs höchste gesteigert werden kann.
Wie angenehm, in dieser Art unsre abwesenden oder verstorbenen Bekannten und
Geliebten zu besitzen, die man im traulichen Familienkreise oder bei häuslichen Festen —
mit an den Tisch setzen kann; wie praktisch und zugleich wohlfeil, solche Figuren in
Gesellschaften verschiedener Art zu setzen, wo ohnehin nichts gesprochen werden soll
u. s. f. . . . Doch wir wollen uns. über diese Sache nicht noch weiter ausbreiten,
indem wir sonst Bestellungen bekommen könnten, die wir nicht ausführen dürften
u. s. w„ und verweisen daher auf die demnächst erscheinende ausführliche Anzeige
unseres mit dem Cabinet verbundenen keroplastischen Portraitir-Jnstitutes.
Als geschichtliche Notiz des Cabineles genüge, daß der verstorbene G. Ki enlc im
I. 1798 für dies Cabinet zu sammeln anfing, und damit reiste. Nach dem Tode
desselben (1817) kam es in Besitz des russischen Fürsten ***tsch in Berlin und blieb
' bis zum Jahre 1834 unsichtbar, wo es dann der derzeitige Besitzer aus der Verlassen-
schaft des besagten Herrn Fürsten erstand, seitdem zeitgemäß vergrößerte, und nunmehr
i xylographisch cdirt.
Für den biographischen Text der Celebritäten unsres Cabinets wurde der
I durch seine Uebersctzungen in's Deutsche berühmte Doctor Gustav Schweinchen
gewonnen, dessen unermüdlicher sorgsalt wir auch die interessanten Autographieen
verdanken, zu welchem Zwecke man ihm von Seite der verehrlichen Archiv- und
Bibliothekbehörden auf's Bereitwilligste entgegen kam. und ohne ivelche Theilnahme
es ihm in der That unmöglich gewesen wäre, besagte Facsimiles in solcher Voll-
kommenheit zu liefern.
Den unsinnig großen ästhetischen und divertimentalen Werth der Sammlung weiter
anpreisen zu wollen, ist rein überflüssig: er leuchtet zu sehr von selbst ein; — aber,
wenn man den Nutzen im Allgemeinen ins Auge faßt, der aus der nähern Bekannt-
schaft oder Erkenntniß und der Verbreitung dieses Kunstschatzes entspringt; wenn man
bedenkt, welcher ungeheure Gewinn hier auf einem ganz populären Wege durch
Förderung und Läuterung des Kunstsinnes, einerseits für die Kunst selbst, erzielt
wird, und andrerseits für die Wissenschaft, namentlich für die Geschichte durch die
beigefügten trefflichen Biographieen, die in beinahe tacitischem Style, kurz und schla-
gend , die interessantesten Data und Zahlen in nneo, ja manches bringen, was man
I sogar in Büchern von Fach oft nur breit und todtgeschlagen, oder ganz und gar nicht
findet, wie nicht minder hinsichtlich der Geographie und Statistik rc. ausgezeichnete
Notizen enthalten, und notu den« nicht zu schwer faßlich, sondern verständlich beinahe
für Jedermann (was beim Tacitus nicht einmal immer der Fall); wenn man, sage ich,
schlüßlich die schwierige und doch so gewissenhafte Wahl bedenkt, die der selige Kienle
so wie der jetzige Besitzer getroffen, indem sie nur wahrhaft berühmte Männer und
Frauen ohne Unterschied des resp. Standes und Vaterlandes in die Sammlung auf-
nahmen, und nebenbei die ungeheure Mühe der Ausgabe des Herrn Doctor S chw e i n-
chen, hinsichtlich des Textes, alle, sogar die mindesten politischen Beziehungen oder
1 Anspielungen auf Strengste ja Aengstlichste zu vermeiden: so erstaunt man billig über
den großartigen Gedanken, eine solche Sammlung zu gründen und zu verbreiten, die,
ein wahrhaft kosmopolitisches Riesenwerk, allgewaltig die Gesittung und Denkweise des
ganzen civilisirten Erdballes erpackend, schon jetzt als eines der hellglänzendsten Stern-
bilder am Himmel der Kunstgeschichte von Jahrtausenden und Völkermillionen dasteht.
Was die Anerkennung dieses Kunstschatzes, der eigentlich über alle Kritik erhaben,
schon früher von Seite der öffentlichen Kritik anbelangt, verweisen wir auf die
zahlreichen Lobeserhebungen der besseren deutschen Blätter; hier sei es genügend, nur
noch die Aeusierung eines unserer größten noch lebenden Künstlers anzuführen: „er
möchte diese Sammlung nicht bei sich im Zimmer haben", (solch einen tiefen Eindruck
hatte sie nämlich bei ihm hcrvorgebracht); und dann noch die ewig denkwürdigen
geistreichen Worte, welche der große Goethe, als er am 1. April 1816 in Weimar
diese Sammlung mit einem Besuche beehrte, beim Hcrausgehen zu seinen Freunden
sprach: „So etwas ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht vorgekommen."
Wilh. Brcnnrcke,
Besitzer des keroplastischen Cabinets und Wachszieher aus Leipzig.
(Gegenwärtiges Facsimile verdanken wir der gütigen
Vermittlung unsers Vice-Consuls in Tetuan, Herrn
Schuhmachermeister G. Braun.)
Mulei Abd Errahman
geb. 1799
dcrmaliger Kaiser und Selbstbeherrscher von
Marocco, folgte seinem Durchlauchtigsten Herr»
Vetter Mulei Solimann (j- 1822) in der Re-
gierung. Sein Herr Vater war Hassan Musib
Rakaschi Abu Nawas Kutalkulub Schach; seine
Frau Mutter: Fatime Risal, eine geborne Si-
dibedidldadl cl Arbir Mogribul Aksa aus Fez.
Eine scharmante Familie. Mulei reiht sich
den aufgeklärtesten Fürsten der Gegenwart
glücklich an.
Das Verbot des Menschenfleischessens am
kaiserlichen Hose, schon aus früherer Zeit her-
rührend, bestätigte Mulei gleichfalls wieder
bei seinem Regierungsantritte.
vielleicht durch einen ganz einfachen Mechanismus der Kopf, die Augen oder die
Hände der Figur beweglich gemacht werden, aufs höchste gesteigert werden kann.
Wie angenehm, in dieser Art unsre abwesenden oder verstorbenen Bekannten und
Geliebten zu besitzen, die man im traulichen Familienkreise oder bei häuslichen Festen —
mit an den Tisch setzen kann; wie praktisch und zugleich wohlfeil, solche Figuren in
Gesellschaften verschiedener Art zu setzen, wo ohnehin nichts gesprochen werden soll
u. s. f. . . . Doch wir wollen uns. über diese Sache nicht noch weiter ausbreiten,
indem wir sonst Bestellungen bekommen könnten, die wir nicht ausführen dürften
u. s. w„ und verweisen daher auf die demnächst erscheinende ausführliche Anzeige
unseres mit dem Cabinet verbundenen keroplastischen Portraitir-Jnstitutes.
Als geschichtliche Notiz des Cabineles genüge, daß der verstorbene G. Ki enlc im
I. 1798 für dies Cabinet zu sammeln anfing, und damit reiste. Nach dem Tode
desselben (1817) kam es in Besitz des russischen Fürsten ***tsch in Berlin und blieb
' bis zum Jahre 1834 unsichtbar, wo es dann der derzeitige Besitzer aus der Verlassen-
schaft des besagten Herrn Fürsten erstand, seitdem zeitgemäß vergrößerte, und nunmehr
i xylographisch cdirt.
Für den biographischen Text der Celebritäten unsres Cabinets wurde der
I durch seine Uebersctzungen in's Deutsche berühmte Doctor Gustav Schweinchen
gewonnen, dessen unermüdlicher sorgsalt wir auch die interessanten Autographieen
verdanken, zu welchem Zwecke man ihm von Seite der verehrlichen Archiv- und
Bibliothekbehörden auf's Bereitwilligste entgegen kam. und ohne ivelche Theilnahme
es ihm in der That unmöglich gewesen wäre, besagte Facsimiles in solcher Voll-
kommenheit zu liefern.
Den unsinnig großen ästhetischen und divertimentalen Werth der Sammlung weiter
anpreisen zu wollen, ist rein überflüssig: er leuchtet zu sehr von selbst ein; — aber,
wenn man den Nutzen im Allgemeinen ins Auge faßt, der aus der nähern Bekannt-
schaft oder Erkenntniß und der Verbreitung dieses Kunstschatzes entspringt; wenn man
bedenkt, welcher ungeheure Gewinn hier auf einem ganz populären Wege durch
Förderung und Läuterung des Kunstsinnes, einerseits für die Kunst selbst, erzielt
wird, und andrerseits für die Wissenschaft, namentlich für die Geschichte durch die
beigefügten trefflichen Biographieen, die in beinahe tacitischem Style, kurz und schla-
gend , die interessantesten Data und Zahlen in nneo, ja manches bringen, was man
I sogar in Büchern von Fach oft nur breit und todtgeschlagen, oder ganz und gar nicht
findet, wie nicht minder hinsichtlich der Geographie und Statistik rc. ausgezeichnete
Notizen enthalten, und notu den« nicht zu schwer faßlich, sondern verständlich beinahe
für Jedermann (was beim Tacitus nicht einmal immer der Fall); wenn man, sage ich,
schlüßlich die schwierige und doch so gewissenhafte Wahl bedenkt, die der selige Kienle
so wie der jetzige Besitzer getroffen, indem sie nur wahrhaft berühmte Männer und
Frauen ohne Unterschied des resp. Standes und Vaterlandes in die Sammlung auf-
nahmen, und nebenbei die ungeheure Mühe der Ausgabe des Herrn Doctor S chw e i n-
chen, hinsichtlich des Textes, alle, sogar die mindesten politischen Beziehungen oder
1 Anspielungen auf Strengste ja Aengstlichste zu vermeiden: so erstaunt man billig über
den großartigen Gedanken, eine solche Sammlung zu gründen und zu verbreiten, die,
ein wahrhaft kosmopolitisches Riesenwerk, allgewaltig die Gesittung und Denkweise des
ganzen civilisirten Erdballes erpackend, schon jetzt als eines der hellglänzendsten Stern-
bilder am Himmel der Kunstgeschichte von Jahrtausenden und Völkermillionen dasteht.
Was die Anerkennung dieses Kunstschatzes, der eigentlich über alle Kritik erhaben,
schon früher von Seite der öffentlichen Kritik anbelangt, verweisen wir auf die
zahlreichen Lobeserhebungen der besseren deutschen Blätter; hier sei es genügend, nur
noch die Aeusierung eines unserer größten noch lebenden Künstlers anzuführen: „er
möchte diese Sammlung nicht bei sich im Zimmer haben", (solch einen tiefen Eindruck
hatte sie nämlich bei ihm hcrvorgebracht); und dann noch die ewig denkwürdigen
geistreichen Worte, welche der große Goethe, als er am 1. April 1816 in Weimar
diese Sammlung mit einem Besuche beehrte, beim Hcrausgehen zu seinen Freunden
sprach: „So etwas ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht vorgekommen."
Wilh. Brcnnrcke,
Besitzer des keroplastischen Cabinets und Wachszieher aus Leipzig.
(Gegenwärtiges Facsimile verdanken wir der gütigen
Vermittlung unsers Vice-Consuls in Tetuan, Herrn
Schuhmachermeister G. Braun.)
Mulei Abd Errahman
geb. 1799
dcrmaliger Kaiser und Selbstbeherrscher von
Marocco, folgte seinem Durchlauchtigsten Herr»
Vetter Mulei Solimann (j- 1822) in der Re-
gierung. Sein Herr Vater war Hassan Musib
Rakaschi Abu Nawas Kutalkulub Schach; seine
Frau Mutter: Fatime Risal, eine geborne Si-
dibedidldadl cl Arbir Mogribul Aksa aus Fez.
Eine scharmante Familie. Mulei reiht sich
den aufgeklärtesten Fürsten der Gegenwart
glücklich an.
Das Verbot des Menschenfleischessens am
kaiserlichen Hose, schon aus früherer Zeit her-
rührend, bestätigte Mulei gleichfalls wieder
bei seinem Regierungsantritte.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Großes keroplastisches Kabinet."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
"Mulei Abd Errahman"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Mulei Abd Errahman
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 2.1846, Nr. 34, S. 74
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg