22. ! Bestellungen werde» in allen Buch- und Kunst-
_jhand l unge», sowie von allen P o stäni teru und
ZcilnugSexpeditioneu angenommen.
Das Lcsekränzchen.
Carl Cramer.
O Wind, o Wind, o Wind!
Wie viele Weiber sind.
Volkslied.
Jm Hause des Regierungskanzelisten Schreibe! herrschte große
Unruhe. Das Oberste ward zu Unterst gekehrt. Schränke ge-
räumt und auf die Seite geschoben, Thüren ausgehoben, Betten
auseinander genommen und auf den Speicher geschafft; kurz,
da war nicht ein Geräth, das auf seiner Stelle geblieben wäre.
Kein Wunder, daß bei einer solchen totalen Umwälzung alles
Bestehenden die Frau Rcgierungskanzelistin am Ende nicht mehr
wußte, wo ihr der Kopf stand.
Aber auch der Herr Regierungskanzelist war nicht müßig.
Wir sehen ihn emsig beschäftigt, mit einem in Dinte getunkten
_ Erscheinen wöchentlich ein Mal. Snbscriptiond-1 TT
Preis finden Band von 24 Nummern 3 st. 36 kr. I ' ^
R.-W. ob. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 12kr. N.-W.od.3ggr-
Schwämmchen, die etwas weiß gewordenen Nähte seines schwar-
zen Fracks wieder aufzufrischen. Neben ihm steht ein Glas
Bier, aus dem er einige Züge thut, wobei er sich jedoch stets
mit dem Daumen eine Grenze seht; denn heute war das Bier
eigentlich nicht zum Trinken da, sondern zu einem höhern Ziveck,
zum Gummiren des Fracks. Ein zweiter Gegenstand nahm
gleichfalls seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch, nämlich ein
großer Topf, in den wir aus einem Filter Flüffigkeit sickern
hören. Bon Zeit zu Zeit unterbricht er sich in seiner Färberei,
um den Filter aus einem zweiten Gefäße wieder aufzufullen.
Schreibe! fabnzirt nämlich Champagner, denn heute ist Leje-
kränzchcn mit Thee, am Schluffe aber soll es hoch hergehen,
und Cardinal mit Champagner servirt werden.
Da vielleicht einige unsrer Leser oder Leserinnen nächstens
einen ähnlichen Lesethee oder gar Thee-dansant zu geben gedenken,
(wozu wir uns hiermit höflichst einladen), so wollen wir ihnen
den Dienst erzeigen. Schreibe! bei seinem Verfahren, welches
die Kanzelistin ihrem Bruder, dem Apotheker-Provisor verdankt,
etwas näher zu beobachten.
Die Flüffigkeit, welche in den Topf rinnt, ist ein wohl
gezuckertes saures Weinchen, ursprünglich weiß, dem aber durch
ein Glas Bordeaux das Ansehen des Oeil äs xerärir, so wie
etwas französischer Geschmack beigebracht wurde. — Die Nähte
des Fracks sind jeht geschwärzt, der Wein ist durchgelaufen;
nachdem sich Schreibe! überzeugt, daß er klar ist, füllt er ihn
auf Flaschen, setzt jeder einige Fingerhut kohlensaures Natron
hinzu, und verkorkt sie uninittelbar drauf. Jetzt ist der Cham-
pagner fertig; ein Champagner, der sich gewaschen hat; den
wollen wir sehen, der dem Cardinal anschmecken wird, daß dies
kein ächter vue äe Montebello ist; besonders wenn die Flaschen
in Stagnol prangen, und mit den Etiquetten geschmückt sind,
die sich Schreibe! durch den Bedienten des Regierungspräsidenten
zu verschaffen gewußt hatte. Schade, daß er getrunken wird.
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_jhand l unge», sowie von allen P o stäni teru und
ZcilnugSexpeditioneu angenommen.
Das Lcsekränzchen.
Carl Cramer.
O Wind, o Wind, o Wind!
Wie viele Weiber sind.
Volkslied.
Jm Hause des Regierungskanzelisten Schreibe! herrschte große
Unruhe. Das Oberste ward zu Unterst gekehrt. Schränke ge-
räumt und auf die Seite geschoben, Thüren ausgehoben, Betten
auseinander genommen und auf den Speicher geschafft; kurz,
da war nicht ein Geräth, das auf seiner Stelle geblieben wäre.
Kein Wunder, daß bei einer solchen totalen Umwälzung alles
Bestehenden die Frau Rcgierungskanzelistin am Ende nicht mehr
wußte, wo ihr der Kopf stand.
Aber auch der Herr Regierungskanzelist war nicht müßig.
Wir sehen ihn emsig beschäftigt, mit einem in Dinte getunkten
_ Erscheinen wöchentlich ein Mal. Snbscriptiond-1 TT
Preis finden Band von 24 Nummern 3 st. 36 kr. I ' ^
R.-W. ob. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 12kr. N.-W.od.3ggr-
Schwämmchen, die etwas weiß gewordenen Nähte seines schwar-
zen Fracks wieder aufzufrischen. Neben ihm steht ein Glas
Bier, aus dem er einige Züge thut, wobei er sich jedoch stets
mit dem Daumen eine Grenze seht; denn heute war das Bier
eigentlich nicht zum Trinken da, sondern zu einem höhern Ziveck,
zum Gummiren des Fracks. Ein zweiter Gegenstand nahm
gleichfalls seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch, nämlich ein
großer Topf, in den wir aus einem Filter Flüffigkeit sickern
hören. Bon Zeit zu Zeit unterbricht er sich in seiner Färberei,
um den Filter aus einem zweiten Gefäße wieder aufzufullen.
Schreibe! fabnzirt nämlich Champagner, denn heute ist Leje-
kränzchcn mit Thee, am Schluffe aber soll es hoch hergehen,
und Cardinal mit Champagner servirt werden.
Da vielleicht einige unsrer Leser oder Leserinnen nächstens
einen ähnlichen Lesethee oder gar Thee-dansant zu geben gedenken,
(wozu wir uns hiermit höflichst einladen), so wollen wir ihnen
den Dienst erzeigen. Schreibe! bei seinem Verfahren, welches
die Kanzelistin ihrem Bruder, dem Apotheker-Provisor verdankt,
etwas näher zu beobachten.
Die Flüffigkeit, welche in den Topf rinnt, ist ein wohl
gezuckertes saures Weinchen, ursprünglich weiß, dem aber durch
ein Glas Bordeaux das Ansehen des Oeil äs xerärir, so wie
etwas französischer Geschmack beigebracht wurde. — Die Nähte
des Fracks sind jeht geschwärzt, der Wein ist durchgelaufen;
nachdem sich Schreibe! überzeugt, daß er klar ist, füllt er ihn
auf Flaschen, setzt jeder einige Fingerhut kohlensaures Natron
hinzu, und verkorkt sie uninittelbar drauf. Jetzt ist der Cham-
pagner fertig; ein Champagner, der sich gewaschen hat; den
wollen wir sehen, der dem Cardinal anschmecken wird, daß dies
kein ächter vue äe Montebello ist; besonders wenn die Flaschen
in Stagnol prangen, und mit den Etiquetten geschmückt sind,
die sich Schreibe! durch den Bedienten des Regierungspräsidenten
zu verschaffen gewußt hatte. Schade, daß er getrunken wird.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das Lesekränzchen."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 2.1846, Nr. 46, S. 169
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg