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Herzog Christoph's Wurf und Sprung.

„Und ich glaub', er hat recht, Vater, denn der Herr
Florian hat heute wildfeurige Blick' auf mich geschossen —"

„Hat er —?"

„Alleweil wollt' er mir die Hand küssen und drücken —"

„Was sagst —?"

„Und die Wangen wollt' er mir streichen —"

„Das hält' er gewollt?"

„Und alleweil hat er hinübergeblinzt, ob Ihr s nicht
seht Vater."

„Ja da soll ja den Herrn Hupfinsland der Teu —
aber — Gertraud. das hat er wohl nicht so bös gemeint,
— er hat mir so was fallen lassen von — verstehst mich,
vielleicht hat er im Sinn —"

„Aber Vater!" flehte Gertraud und eilte gegen die Thüre.

„Ja aber wenn er dich heirathen wollt'?"

„Heilige Mutter Gottes!" stammelte Gertraud, nahm
schnell die zwei leeren Schüsseln und verschwand.

4.

Nun war wenige Tage früher ein fremder Kaufherr an
der Herzoge Hof gekommen, mit dem hatte auch Christoph
zu verkehren, der ihm auch sonst geneigt war, weil er ein
angenehmer, in keiner Weise kriechender junger Mann war.
Da fragte nun der fürstliche Gönner, wie's käme, daß er
noch kein ehelich Weib habe, so er doch nur wählen dürfe.

Da lächelte der junge Kaufherr und sagte: „Gnädigster
Herr Herzog, wenn's so fort geht, wie bis jetzt, gewinn'
ich mein Leben lang keine Hausfrau, denn es ist mir noch
gar kein weiblich Wesen schön genug vorgekommen, daß ich
es der Anfrage werth gehalten, und Hab' doch schon viele
treffliche Jungfrauen gesehen zu Venedig und Amsterdam,
i auch vielen anderen Orten. Fänd' ich aber einmal die
Rechte und Echte, ja die dürfte so arm sein, wie ich reich,
ich nähm' sie, und kostete es wahre Wagnisse und Helden-
thaten, ich wollte keine Gefahr scheuen, bis ich sie eroberte."

„Ihr werdet mir auch schöne Wagnisse und Heldeuthaten
verrichten!" rief Christoph, „Herr Kunrath!"

„Da irrt Ihr mit Verlaub," sprach Herr Kunrath. „Ich
wär' ja wohl weit lieber ein Ritter, denn ein Kaufherr, zu
dem ich einmal geboren bin, weil sich's so geschickt hat.
Glaubt mir nur, Herr Herzog, ich nehm's im Reiten und
Springen, im Werfen und Schießen mit gar Vielen auf,
und wär' Euer Geschick und große Kraft nicht gar zu wohl-
bekannt, so möcht' ich Euch wohl in einem oder dem anderen
Stück zum Wettstreit auffordern!"

„Wer weiß, dazu kann noch Gelegenheit werden," sagte
Christoph lächelnd.

Als der Kaufherr wieder zu Christoph kam, ließ er sich
vernehmen: „Gnädigster Herr Herzog, ich glaub', ich geh'
nicht aus München fort, ohne daß ich meine Ehehälfte er-
rungen oder viel Herzleid von hinnen nehm'."

„Das wäre," sprach Christoph, „uns wollt Ihr die
Ehr' anthun?! Wer ist denn die Auserwählte?"

139

Und mit allem Feuer erzählte ihm Herr Kunrath, wie
er im Thal vor drei Tagen um die Nachmittagsstunde eine
Jungfrau erblickt, die Alles an Schönheit übertroffen, was
er je gesehen, und da er sie in der Freude seines Herzens
beschrieb, merkte Herzog Christoph, daß es sich um Gertraud
handle; der Kaufherr wußte auch schon Alles zu sagen, wie
sie heiße, woher der Vater und wo er wohne, so viele
Nachfrage hatte er gepflogen, und schwur, unvermuthet hin-
zugehen und sie aus der Armuth in die schwindelnde Höhe
seiner Reichthümer zu heben.

Herzog Christoph hatte Gertraud bis zu der Stunde
nicht wieder gesehen, aber bei des Kaufherren Liebesflammen
wurde sein Gemülh auch trotz allem Widerstande entzündet;
eine Art Eifersucht trieb ihn, so sie auch zu gar nichts
führen konnte, und ohne weiters ging er hinaus, und gab
dem Philipp den schon bekannten Auftrag, zu Meister
Heidelolf zu gehen. Philipps Gesicht war bei dem Namen
Heidelolf ganz verklärt worden, so daß es dem Herzog auf-
fiel; auch sah er voll Dankes gen Himmel und jagte mit
einem Diensteifer dem Thal zu. der dem Herzog Christoph
gar zu groß dünkte.

Was soll das sein, sprach er für sich, am Fenster stehend,
warum rennt der Philipp gar so glückselig durch die Burg-
gaffe? — dem Bildschnitzer zu Lieb geschieht das nicht —
kennt er etwa auch die Gertraud? Nun das fehlte mir, daß
der Diener des eigenen fürstlichen Herren Nebeichuhler würde.
Doch was sag' ich von mir! Mein kann sie doch nicht werden,
aber du armer Teufel von Philipp, was willst du ausrichten
gegen den jungen Kaufherren, der sich vorgenonimen, den gül-
denen Apfel seiner Wünsche zu pflücken, so ihn auch eine
ganze Schaar Drache» bewachte!

Als er wieder im Gemache stand und der Kaufherr sich
beurlauben wollte, sagte Christoph: „9hm habt Ihr mir
das Alles wohl und lang erzählt, und ich wünsche Glück;
vielleicht kann ich Euch selbst Etwas verkünden, denn Ihr
müßt wissen, daß mir die tugendhafte Jungfrau bekannt ist,
und daß ich heute um die vierte Stunde beim Vater einspreche."

Herr Kunrath war betroffen, da er hörte, der Herzog
gehe zum Bildschnitzer, Christoph's Wandel war aber weit-
bekannt, drum schob er die Sorgen weg und sprach: „Wohl
Herr Herzog, ich leg's in Euere Hand, und auf alle Weise
will ich werben, wie sich's gehört."

„Herr Kunrath," versetzte der Herzog „macht Euch nicht
zu viel und zu wenig Hoffnung. Möglich, daß Ihr bald
am Ziele seid, aber, wenn es so wäre, wie ich mir gerade
was gedacht, kämet Ihr kaum ohne Wagstück und lustig
große That davon, und hättet sodann die beste Gelegenheit,
Euere Kräfte zu zeigen."

„Ich versteh' Euch nicht ganz, gnädigster Herr Herzog,"
sagte der Kaufherr lächelnd, „aber wie's komme, ich bin zu
Allem bereit, denn mein Herz ist ganz in der Jungfrau
Gewalt." Darauf ging er.

Christoph ging mit langen Schritten auf und nieder, bis
Philipp zurückkam, ihm erzählte, was für Schnitzerei bei
Meister Hans zu sehen sei und mit großer Theilnahme vom
hl. Johannes sprach. Als er sich entfernen wollte, sagte
! Christoph: „Bleib Philipp!" Er trat mit verschränkten j

18'
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