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140 Herzog Christoph s

Armen vor ihn hin, sah ihm fest in s Auge und fuhr fort:
„Ich Hab' dich noch nie so froh gesehen. Hat dich was
Glückliches betroffen?"

„Gnädigster Herr Herzog," entgegnete Philipp, „alle Zeit
ich auf der Welk bin, ist dieser mein glücklichster Tag!"

„Macht die Minne so froh?"

„Errathen habt Jhr's, gnädigster Herr Herzog!" stam-
melte Philipp.

„Brennt dein Herz gen's Thal zu?"

„Wohl, gnädigster Herr Herzog, gen's Thal brennt s zu,
und alles Master an der Hochbrück' kann die Flamm' nicht
löschen — aber —"

„Ist s etwa gar die Gertraud —?" !

„Getroffen, gnädigster Herr Herzog, Gertraud heißt sie, '
aber —"

„Des Bildschnitzers Heidelolf Tochter?"

„Ja, bei Gott, sie ist's! und keine Andere; Aber wer kann
Euch das gesagt haben, gnädigster Herr Herzog?!"

„Liebt sie dich?"

„Und wie!!"

„Weiß es der Vater?"

„Wohl weiß er es, aber —" und in einem Zuge erzählte
Philipp — glückselig, dem Herzog seine Schnierzen und Freu-
den anvertrauen zu dürfen, — Alles vom ersten Beginn seiner
Liebe bis zu der Stunde; dazu alle seine Besorgnisse wegen
des wohlweisen Ratsherrn Florian Hnpfinsland, und so bis
auf das Letzte, wie weiter oben die Sache ihren Verlauf nahm
und getreu erzählt worden ist.

Christoph erwog, wie billig seines treuen Philipp Wünsche
seien, und beschloß, ihn glücklich zu machen, wenn es sein
könnte. Er ließ sich aber noch nichts merken, weil er ihm
die große Liebe Gertraudens noch nicht ganz glaubte und sagte
kalthin: „Philipp, du hast einen mächtigeren Nebenbuhler, als
Herrn Florian, schau zu, daß du nicht verspielst."

„Einen mächtigeren Nebenbuhler als Herrn Florian —?"
lallte Philipp. Christoph winkte ihm; unter tausend Zweifeln
trat er ab, und mit ganz anderen Augen, denn vorher, sah
er den Besuch des Herzogs beim Bildschnitzer an. „Sollte er,
er selbst —? träumte er vor sich hin, — nein nimmermehr
— aber wer sonst —? O meine Gertraud, jetzt wird sich's
zeigen, ob du mich treu liebst oder nicht!"

Christoph aber stand in tiefem Sinnen, und das Bild
der holden Jungfrau zog zauberisch an seiner Seele vorüber,
und er drängte es nicht zurück, als wollt' er sie für ewig von
hinnen scheiden seh n, und als würf' er ihr ein wehmüthiges
Lebewohl zu.

„So ist mir denn der Liebe Glück nicht beschieden," sagte
er. Der Traum ist wahr geworden. Da steh' ich am Ab-
grunde, über den ich nickt setzen kann, als da ist der Stand
der Holden, ihre Liebe und Nebenbuhler, mit denen Herzog
Christoph nicht streiten kann. So fahr denn hin, du reizendes
Bild, leb' wohl, du süße Maid mit deinem heiterfrommen
Engelsantlitz und deinen Augen, drin der offene Himmel liegt —
leb' wohl, du Allereinzige, die so, wie ich mir sie dachte,

Wurf und Sprung.

meiner werth wäre, leb' wohl für ewig du Traum der Minne!
Nur Eines will ich nun thun; dich glücklich machen, wenn
du's werden willst durch Philipp — — oder den reichen
Kaufherrn? Ja nun, wird sich auch zeigen, ob ihre Seele so
schön wie ihr Leib, und ob ich in späteren Jahren einst mit
Freuden dran denken darf, wie sie mir einst so nah zum Her-
zen getreten!

5.

Vom Thurm der hl. Geistkirche klang die vierte Nach-
mittagsstunde nieder, da stand Heidelolf an der Hausthüre in
seinem besten Rock und Wamms und wartete auf den Herzog.
Gertraud war in der Kammer, und nahm noch das Beste um,
was sie im Schrein finden konnte.

„Seid Ihr Meister Heidelolf?" redete Herzog Christoph
den Bildschnitzer an, der ihn in seinem schlichten, schwarzen
Gewände nicht vermuthete.

„Euch zudienen, gnädiger Herr," versetzte er halb zweifelnd.

„So kommt herauf," sprach Christoph „und zeigt mir
Euere künstlichen Werke, ich bin der Herzog Christoph."

„Vergebt, daß ich Euch nicht erkannte, gnädigster Herr
Herzog," sprach Heidelolf, sich tief verbeugend, „nie hatte ich
ja das Glück, Euch zu sehen. Wollt Ihr mir die hohe Ehre
anthun, so thut gnädigst den Vortritl, ich folge Euch "

Schweigend stieg Christoph die steile Treppe hinauf und
trat in die Werkstatt. Meister Hans zeigte ihm Eins um's
Andere. Der hl. Johannes war bald des Herzogs. Da viel
Anderes belobt und Einiges bestellt war, sagte der Herzog:
„Meister, Ihr habt ja eine Tochter. Wo ist sie?"

„Mit gnädigstem Verlaub, sogleich soll sie erscheinen,"
entgegnete Heidelolf, und, die Thüre öffnend, rief er hinaus:
„Gertraud, komm' gleich herein, der gnädigste Herr Herzog
Christoph will dich sehen — komm , " sagte er, als sie scheu
mit niedergeschlagenen Augen eintrat, indem er sie an der rechten
Hand nahm, „fass' Muth, er ist uns wohl gewogen."

Gertraud stand vor Herzog Christoph, ihn ehrfurchtsvoll
begrüßend. Sie hatte die Augen noch nicht erhoben.

„Warum gönnt Ihr mir keinen Blick, holde Jungfrau?"
sagte Christoph sanft

Der Ton der Stimme schreckte Gertraud auf. „Heilige
Maria", rief sie rasch aufschauend — „steh mir bei!" setzte
sie zitternd hinzu, als sie dem Herzog in's Auge sah.

„Was hast du, Gertraud?!" rief der Vater erschrocken.
Leichenblüße hatte ihr Angesicht überzogen. Sie dachte an die
Wieskapelle beim Rathhaus und vermochte nicht ein Wort zu
sprechen. Wer geliebt und sich vergeblich gesehnt, der weiß,
was in Christoph's Brust im Schmerz der Versagung vorging.
„Fürchtet Euch doch nicht, Jungfrau," sprach er gar mild, und
erzählte dann dem Vater, scheinbar fröhlich, wie er Gertraud
zum erstenmale getroffen, wie sie sich bekreuzt und „Gelobt
sei Jesus Christus" gerufen habe, als ob er der böse Feind. —-
Gertraud athmete ivieder auf.

„Hat mir kein Wort davon gesagt," rief der Bildschnitzer
heiter, „ 's ist hall ein alter Spruch: ist nichts so fein gespon-
nen, kommt's doch an die Sonnen. Merk' dir's Gertraud!"
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