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204

begaben sich der Banqnier, seine Gemahlin und die Hof-
räthin in ein isolirtes Seitenkabinet, und wie ich es angst-
voll, aber entschlossen erwartete, ward ich in dieses schreck-
liche Seitenkabinet vor das Drei-Richter-Collegiuni in Straf-
sachen beschieden. Ter Banqnier saß zwischen den beiden Damen
nnd hatte die Rolle des Untersuchungsrichters übernommen.

vernehmen." Dabei reichte er mir frenndschaftlich die Hand,
die ich voll dankbarer Ehrerbietung drückte. Die Hofräthin
schenkte mir einen Blick der Theiluahme, die Hausfrau einen
Blick voll edler Güte. In diesem Augenblicke fühlte ich mich
so glücklich, so überschwenglich glücklich, daß ich es wagte, der
reizenden Camilla das alabasterne Händchen zu küssen. Hier-
auf eilte ich in den Salon zurück und verrichtete Wunder
der Tapferkeit im Arrangement des Kinderballes, der sich
bald in einen Ball der großen Kinder nmgewandelt hatte.
Was ich nun am nächsten Tage ans dem Munde des Banqnier
Zorn erfuhr, das sollen Sie meine Damen und Herren, schon
heute erfahren. Ich trat in das Comptoir meines neuen
Gönners ein, wurde bald dessen Procuraführer, später dessen
Compagnon und noch später dessen glücklicher Schwiegersohn;

„Erklärt mir, Graf Oeriudur, diesen Zwiespalt der
Natur!" dies; war ungefähr der Inhalt seiner Frage, und die
vier Angen der Banqniersgattin und der Hofräthin starrten
mir als eben so viele Fragezeichen entgegen. Ich fing nun
au, mit anfangs unsicherer, im Verlaufe fester werdender
Stimme, eine vollständige Generalbeichte abznlegen, ich erzählte
haarklein, durch welches seltsame Mißverständnis; ich, der Aspi-
rant der erledigten Hofmeisterstelle, in die Lage gekommen
wäre, meine Tanzkenntnisse zu verwertheu, wie mich mein Ge-,
wissen in die Friedrichsstraße znm Herrn Dnval getrieben hätte,
um ihm die ganze Begebenheit mitzntheilen, wie derselbe meine
Tanzkenntnisse geprüft und mich autorisirt hätte, seine Stelle
zu vertreten, wie endlich, schloß ich erröthend, die Zuneigung
zu den liebenswürdigen Kindern dieses gastlichen Hauses viel
dazu beigetragen hätte, meine sich sträubenden Bedenken gegen
die Ueberrednugsversnche des Herrn Duval in den Hintergrund
zu bannen. In diesem Augenblicke tönten stürmische Bravo-
Rufe aus dem Salon herüber, welche, wie die mich aufsuchende
Camilla hüpfend berichtete, einer Ecossaise des kleinen Anton
galten. Ter Banqnier erhob sich. Mit gespannter Erwartung
sah ich seinen entscheidenden Worten entgegen. „Herr Falke!"
sagte er nach einer Pause zu mir, während welcher er sein
durchdringendes Auge auf mir ruhen ließ, „Sie sind nach
allem dem, was ich jetzt aus Ihrem Munde gehört habe, und
nach allen Beobachtungen, die ich Ihrer Persönlichkeit schon
seit einiger Zeit gewidmet habe, ein eben so kenntnißvoller,
als ehrenwerther junger Mann — ich werde für Ihr Schicksal
Sorge tragen. Das Weitere werden Sie von mir morgen

denn die Liebe, welche ich ans den Strahlenangen der lieb-
lichen Camilla eingesogen hatte, wuchs von Tag zu Tag und
ward von dem Gegenstände meiner sehnsüchtigsten Wünsche er-
wiedert. An unserem Hochzeitstage nun that ich das Gelübde,
nie mehr zu tanzen, als einmal im Jahre, an: Jahrestage
meiner Hochzeit nämlich, und dieß nur mit meiner Camilla.
Nennen Sie es Bornrtheil, Aberglauben; aber unwillkührlich
reifte in mir dieser Entschluß, dem Tanzen zu entsagen, da-
mit nicht die launenhafte Glücksgöttin in raschem Umschwung
ihres Glücksrades es zu meinem Unheil wende.

D. Theumann.

Näthselhafte Aufschrift einer öffentlichen
Armenöiichfe für etliche ostentirende
Spendengeber.

,,8i legendarum indicasse,
da, mittes dicant, se statuisse.“

(Auflösung iit’ nächster Nummer.)
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Eine namenlose Novelle" "Räthselhafte Aufschrift einer öffentlichen Armenbüchse für etliche ostentirende Spendengeber"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Eltern <Motiv>
Geliebte <Motiv>
Liebespaar <Motiv>
Verwechslung
Kuss <Motiv>
Bankier <Motiv>
Tanzlehrer <Motiv>
Freude <Motiv>
Ehefrau <Motiv>
Geständnis
Missverständnis
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Sammelbüchse <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 30.1859, Nr. 730, S. 204
 
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