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Eine seltene Hcirath.

Du's nicht mehr erleben mußtest, wie auch er dir ungetreu
wurde, dein liebster, dein letzter Passagier!

Eine seltene Herrath.

Ich und Homer, wir haben beide die lobcnswerthe Ge-
wohnheit, den Leser unmittelbar in die Sachlage zu versetzen.
Darum unterlasse ich cs auch hier, Liebe und Schmachten der
Seele in rührenden Tönen zu singen, und falle gleich mit der
Thüre in's HauS, resp. mit der Korrespondenz, wie sie die
gelenken Finger dieser schmachtenden Seele mit den cketto Fin-
gern einer nicht schmachtenden Seele gepflogen haben.

Angelika an Anselm.

Mein Herr!

Danken Sie es meiner Milde, daß ich Ihre lästigen Be.
stürmungen noch mit solcher Ruhe erwiedere. Sie sind ein
Held, aber ein unverschämter Held, wenn es gilt, Worte und
Gedanken eines Andern zu verdrehen. Weil ich einst die
Acußcrung gethan, ich Haffe keinen Menschen, daraus schließen
Sie auf meine Liebe, weil das Gegentheil von Haß die
Liebe sei, und Sie sich zu den Menschen zählen zu dürfen
glaubten. Ob Sie Letzteres mit Recht glauben, scheint mir
noch in Frage zu stehen, da Ihr Vermögen kaum den zwölf-
ten Theil des meinigen beträgt, überhaupt aber stehen solche
Rcchnungscrcmpcl nicht in den Büchern meines Vaters. Ihre
kecke Frage, wie sehr ich Sie liebe, will ich Ihnen zu meiner
eigenen Beruhigung wohl beantworten. Sehen Sie, Mann
der Zudringlichkeit, wenn Sic von Ihrer eigenen Liebe, die ja
doch nach Ihren Versicherungen ganz gewaltig groß scyn muß,
den 10,00(),000ftcn Theil nehmen und ein solches Theilchcn
durch den Durchmesser der Erde dividircn, und dann zum Ucber-
flusse noch die Einwohnerzahl unserer lieben Stadt Frankfurt
zum Nenner machen, dann erhalten Sie die Größe, die meiner
Liebe zu Ihnen gleich kommt. Ohne alle Hochachtung

Angelika.

Nachschrift des Vaters.

Hält Er mich für toll? Das Vermögen gegenseitig in
gar keinem Vcrhältniß! lieber eine solche Mesalliance würde
sich mein Vater im Grabe umdrehcn! Bleib er mir für im-
mer vom Halse.

Anselm an Angelika.

Heißgeliebteste Braut!

Engel meines Lebens! Du meine Göttin aus Erden! Wie
herrlich belohnst Du Deinen Sklaven! O ich ahnte, ich wußte
cö ja, daß in dem vollkommenen Bilde Deiner Tugenden der

Die beste Versorgung. 115

sanfte Zug der Liebe nicht fehlen könne. Dank, tausend Dank
für die freundlichen Zeilen, tausend Dank auch für die liebens-
würdige Zurückhaltung und verschleierte Sprache, mit der Du
mir Deine Zuneigung bekanntest. Eben diese mädchenhafte
Schüchternheit, welche die Gedanken nicht direkt ausspricht, son-
dern erst crrathcn läßt, wie schön steht sie Dir! Es ist die
sanfte Röthc, die über die Wangen flieht, während die Lip-
pen leise das Jawort lispeln. Ich habe cs wohl verstanden
dieses heimlich lispelnde Jawort. Meine, wie Du weißt, un-
endliche Liebe soll ich theilen durch 10,000,000, dann durch
den Durchmesser der Erde (1720 Meilen), dann durch die Ein-
wohnerzahl unserer Stadt (o. 60,000), also *

cn an

10000000 x 1720 x 60000 — 752000000000000

= co, weil eine unendliche Zahl, durch jede beliebige Größe
getheilt, wieder unendlich ist. Ja, Geliebtcste! die schönsten
Worte und kühnsten Bilder hätten die Unendlichkeit Deiner
Liebe nicht besser ausdrückcn können, als diese wenigen Zahlen.
Alles Andere mündlich, ich kann cs nicht mehr erwarten, diese
Zeilen in Deinen Händen zu wissen, denn ich kenne jetzt die
unendliche Liebe, mit der Du fern von aller steifen Hochachtung
denkjt an Deinen glückseligen Bräutigam.

Nachschrift an den Vater.

Was Deinen, nun auch bald meinen geliebten Vater be-
trifft, so möge er wegen seines Herrn Vaters ganz ruhig seyn,
das Vermögen steht gegenseitig ganz wohl im Vcrhältniß, näm-
lich in dem 12 zu 1.

Angelika rechnet, die Rechnung ist richtig, sie zieht den

Vater zu Rath, auch dieser rechnet, cs ist Alles richtig. Da

erheitern sich die Züge des Alten, freudetrunken schreibt er über

sein sämmtlichcs Vermögen nebst der Liebe Angclika'S an An- !

selm eine Quittung, und seine Tochter an's Herz drückend, '

ruft er mit dankendem Blick nach oben: der Mensch weiß aus

Nichts Alles zu machen, Angelika, Du bist versorgt!



Die beste Versorgung.

Der berühmte Schauspieler D. hat eine große Passion für
Katzen, und hält sich dcßhalb immer ein prächtiges Ercmplar
dieser niedlichen Geschöpfe, mit welchem er täglich spielt, cs
liebkost und getreulich pflegt. Nur ungern trennt er sich von
seinem Liebling, und als dies doch einmal in Folge einer plötz-
lichen Abreise geschehen mußte, that es ihm sehr leid, da er
Niemand wußte, dem er die Pflege anvcrtraucn konnte, weil
seine Frau diese Leidenschaft nicht theilte. Im Zimmer mit der
Katze auf dem Arm auf und ab gehend, brach er endlich in |
folgende Worte aus: „Du armes Thicrchen, wer wird für
dich sorgen, wer wird dich pflegen, wenn ich nicht da bin?"

„Schenke Se se mir," tönte neben ihm eine Stimme;
cs war sein getreuer Diener Johann, der eben im Zimmer
mit Packen beschäftigt war und dies hörte.

„Gut," sagte D., erfreut über diesen Vorfall und die
Gelegenheit, die sich ihm auf einmal bot, „aber sage mir,

*) TaS Zeichen co bedeutet eine unendliche Zahl.

15*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der letzte Passagier"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Dunkelheit <Motiv>
Nacht <Motiv>
Karikatur
Eisenbahn <Motiv>
Landschaft <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 745, S. 115

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