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1000 Dollars für einen Ehemann.

unbegreifliche Gentleman gar nicht wußte, was sic meinte, oder
vielleicht doch nicht Schulo war. Sic schlug dabcr ibrcn Schleier
zurück, setzte sich ans dem Sopha ausrecht und nahm die Con-
versation wieder auf. ,,Sollten Sic vielleicht nickt gewußt haben?
daß dieser Mensch — dieser Major" —

O weh! Armer Nellis! dieses Wort in einem solchen
Tone ausgesprochen, raubte ihm die letzte Hoffnung: „Was
denn?" fragte er kleinlaut, „der Major? Ihr Bräutigam?"

„Mein Bräutigam, Mr. Nellis! Wollen Sic, daß ich
l Ihnen die Augen demolirc?"

Das wollte der Gentleman allerdings nicht, er tbat
daher das Geistreichste, was er in diesem Momente thun konnte,
er machte es wie das atlantische Kabel, er schwieg.

„Sollten Sic es entweder nicht wiffen oder nicht wissen
wollen? Hören Sie — dieser — Don Juan — lebt in wilder
! Ehe mit einem Frauenzimmer!!"

„Mit einer Frauensperson? h Nickt möglich!" entsetzte sich
! Nellis.

„Und doch ist es so," bcharrre die Wittwc, die an dem
: Abscheu, den Nellis an den Tag zu legen wußte, sah, daß
derselbe unwissend war, „und ick ließ mir von ihm den
Hos machen!! Ach! ach! oh! oh!"

„Allerdings," gab Nellis zu, „dies ist schrecklich!" und,
als könne er den Gedanken noch gar nicht fassen, setzte
er hinzu: „und noch dazu mit 'ncr Frauensperson?! Unerhört!!!"

Nach und nach erzählte dann Mvlady, daß sic mit ihrem
^ gewesenen Zukünftigen spazieren gegangen sei, daß eine Franens-
| Person gekommen und den Major mit „Du" angercdct und
! „lieber Charles" genannt habe, man habe ans den ersten
Blick an den Federn erkannt, weß Religion dieser Vogel ge-
wesen, der Major habe anfänglich geleugnet, daß er sic kenne,
jedoch sei sie nach ihrer Wobnung gegangen und jetzt hicher
gekommen, da sie geglaubt, Mr. Nellis habe Wissenschaft da-
von, um sich an ihm schrecklich zu rächen.

„Ach! Mr. Nellis," schloß sie, „diese Affairc bar meine
ganze HeirathSlust mir geraubt!"

„Ach!" äußerte Nellis.

„'S ist so Sir!"

Jetzt aber entfaltete Held Nellis sein ganzes glänzendes
; Rednertalent und suchte der Wirtwe zu beweisen, daß, da cs
nicht gut sei, allein zu sein, cs besser wäre, noch einen Ver-
such zu machen, und endigte der über seine umfangreiche Be-
redsamkeit selbst sehr erstaunte Gentleman, „alle guten Dinge
seien drei, drei sei eine göttliche Zabl und seinen Bemühungen
werde es gelingen, die dritte Person zu beschaffen, die wo mög-
lich die vorangegangcnen noch übertrcsscn werde."

Solchen Argumenten war doch nicht gut zu widerstehen,
das sah auch die wicdcrbcsänsrigte, säst lammariigc Lady ein
und gab ihre Zustimmung. Als die Dame sich entfernte, sah
ihr der in seinen Rechten bitter gekränkte Ehrenmann nack
i und murmelte nur: „Numero Zwei! Ach, die Weiber! die
! Weiber!"

SsfiitV oder nicht Kein?

Leider ging das Jahr 1858 glorreichen Andenkens zu
Ende, und Mr. Nellis hatte, so zuversichtlich er auch gewesen,
noch immer keine Hoffnung, jene Lustschlösser, die wir ihn
einst bauen sahen, in Wirklichkeiten zu verwandeln. Mißmuthig
mit sich selbst und der ganzen Welt zerfallen, batte sich unser
Held eines Dezember-Abends nach der Metropolitan-Hall, seinem
gewöhnlichen Erholnngslokale nach des Tages Last und Hitze,
begeben, war, ohne die eben nicht zahlreichen Gäste eines Blickes
zu würdigen, an den rothglühcnden Ofen gegangen, hatte sich
einen Stuhl, die Lehne zum Ose» hingewandt, zurecht gesetzt,
und ließ jetzt mit der einen seingcbildcten Amerikaner charaktcri-
sircndcn, so liebenswürdigen Nonchalance, seine langen Beine
wie znm Trocknen über dir Lehne hinunter baumeln. Einige
Zeit verharrte er in dieser angenehmen Stellring und unter-
brach nur sein grämliches Nachsinncii, um eine derbe Ladung
Chewing-Tabak, nack vorhergegangencrWiederkäuung mit mcisrcr-
haster Grazie gegen eine gewisse Stelle des rothglühcnden j
Ofens zu bombardiren, eine Fertigkeit, die an Vollkommenheit
grenzte und aus welche sich der Gentleman nicht wenig cinbildcle.

Ihm vis-ä-vis hatte so eben ein anderer Gentleman aus
dieselbe Manier Platz genommen und erregte jetzt die Auf-
merksamkeit unseres Helden, durch das Eröffnen eines fast :
ebenso richtigen Bombardements gegen die andere Seite des Ofens. !

Mr. Nellis betrachtete sich seinen Nebenbuhler genauer, l
während nur das Zischen des gegen den Ose» geschleuderten
edlen Krautes die Stille unterbrach und die Atmosphäre mit
jenem eigenthiimlichen Gerüche erfüllte, der für den Deutschen
unausstehlich, für den Amerikaner zum Comsort aber unent-
behrlich ist; endlich begann Mr. Nellis die Unterhaltung fol-
gendermaßen :

„Good evening Sir,“ sagte er, ohne sich dabei zu rübren.

„Good evening Sir,“ war die Antwort.

„Sind ein Freund vom chewen (kauen) Sir, wie ich
bemerke! Jst's gefällig?"

Mit diesen Worten bot er ein mit dein edlen Kausloffe
angesiilltes Staniolpäckchen seinem Rivalen.

Dieser nahm das Päckcken schweigend, zupfte sich mir dem
Daumen, Mittel- und Zeigefinger ohngesähr eine kleine Prime
von 3 Loth heraus, ballte sie zusammen und sckob sie ungenirt
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"1000 Dollars für einen Ehemann. Sein? oder nicht Sein?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Gaststätte <Motiv>
Kautabak
Müßiggang
Herrenmode
Kachelofen
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Amerikaner <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 747, S. 130
 
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