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Die Rache des Postsckrctairs.

noch fast Mensch zu nennen, bei der sechsten hingegen war
j Satan in seiner Verworfenheit noch ein Stümper gegen den
! Postsckrctair. Hätte dieser gewußt, wo die Wölbung des Him-
mels ihren Stützpunkt habe, so würde er mit Wollust diesen
zertrümmert und die Erde mit einem Schlage vernichtet haben.
Mit teuflischem Hohngelächter vernahm er das Versprechen der
; Liebenden, sich in Zukunft ihre Hcrzenscrgicßungen durch die
Stadtpost zu vermitteln.

„Den Weg gibt Euch die Hölle ein," jubelte Ludwig
' und stürzte fort. Das Erste, was er sich verschaffte, war Gift,
das stärkste Gift, dessen er habhaft werden konnte. Das braute
er in todtbringcnde Kraft zusammen und verschloß es in einer !
Phiole, die er an seiner teuflischen Brust verbarg.

Ach, ihr unglücklich Glücklichen! Oh Robert und Anna!
Nicht ahnend das Gräßliche, was über Euch verhängt ward,
j schwelgtet ihr in den Erinnerungen an jenen Contrctanz!
Beim Scheiden versprach Anna schon am nächsten Tage die
Licbcscorrcspondcnz zu eröffnen. Sie sprach damit ihr Todcs-
urthcil aus. Robert wollte die Epistel der Liebe unter der
Chiffre R A von der Stadtpost abholcn. Wehe Dir, Un-
glücklicher, das ist der Weg zu Deinem Tode!

Seit Menschcngcdcnkcn ist noch keine verderblichere Ein-
richtung getroffen worden, als die der Stadtposten. Dorthin
seht, Ihr betrogenen Gattinnen, dorthin seht, Ihr verlassenen
Bräute, dorthin seht, Ihr vcrrathenen Liebhaber! Ihr glaubt
in harmloser Zuversicht auf die unwandelbare Treue Eurer
Geliebten Welten bauen zu können und kaum ist der letzte
Kuß verklungen, so trägt man hinter Euren Rücken Bestellungen
an Nebenbuhler und Nebenbuhlerinnen auf die Stadtpost.
Rottet Euch zusammen, Ihr Eltern und Erzieher, stürmt
diese verbrecherischen Anstalten, die Eucrn Kindern Gelegenheit
verschaffen, leichtsinnige Herzcnsvcrbindungcn einzugchen und
zu unterhalten! Nieder mit den Stadtposten! So heiße das
Fcldgcschrci der Moralrcvolution!!!

Kaum hatte die achte Stunde des nächsten Morgens
geschlagen, so erschien die schöne Anna am Postscnster und j
verlangte mit sittigem Erröthe» ein Dutzend Stadtpostbrief-
marken. Schon wollte ein andrer Postsckrctair das Gewünschte
darreiche», da drängte sich Ludwig hinzu, der diesen Fall schon
vorausschcnd, giftbcstrichcnc Briefmarken in Bereitschaft
hielt und solche der hocherröthenden Anna übergab.

„Wohl bckomm's, schönes Fräulein," hohnlachtc er der
verschämt Fortcilcuden nach und in demselben Augenblicke trug
Satan Ludwigs Namen in das große Wohnungsregistcr der
Höllcnbürgcr ein.

Eine Stunde später brachte ein kleines Mädchen einen
Brief mit der verhängnißvollcn Chiffre R A, der im Stadt-
postzimmcr niedcrgelegt wurde. Oben aber, war eine der ver-
gifteten Marken aufgeklebt. Ludwig triumphirte; denn bald
sah er auch in Annas Wohnung ein ängstliches Durchciuander-
rcnnen, dessen Grund er sich recht wohl erklären konnte.

Jetzt nahte die Mittagsstunde! Ludwig war ganz allein
in der Erpedition. Die Hölle schien ihn vortrefflich zu unter-
stützen; denn gerade jetzt kam Robert eiligst herübcrgerannt und
pochte au das Postfcnstcr, das Ludwig mit grinsendem Lächeln
in die Höhe schob.

„Es muß ein Brief mit ß A gezeichnet für mich hier
liegen," rief er, indem er seinen Nebenbuhler mit verächt-
lichen Blicken maß.

„R v’A, richtig, hier liegt ein Brief mit diesem Zeichen,"
zahnknirschte Ludwig, indem er den vcrhängnißvollen Brief in
die Hand nahm und ihn selbstzufrieden betrachtete.

„Geben Sic her, der Brief ist mein," jubelte Robert und
drängte den Kopf durch das Fenster.

Aber in diesem Augenblicke sprang der Postsckrctair vor,
drückte mit Löwenkraft das Schicbsenstcr nieder und so be-
fand sich der unglückselige Robert dazwischen fcstgchalten, wie
in einer großen Kneipzange. Nichts halfen ihm die verzwei-
felten Anstrengungen der Füße und Hände, den Kopf aus
dieser mörderischen Falle hcrauszubriugen. — Ludwig drückte
immer gewaltiger nieder — wehe! wehe! jetzt war cs ge-
schehen. — Robert war auf diese furchtbare neue Art
erwürgt und sank todt nieder.

Die Augen des schielenden Teufels sprühten Freudcnblitze
und in diesem Momente schienen sich die beiden Augäpfel
über dem Nasenbein umarmen zu wollen, so nahe standen
sie zusammen.

Ludwig zog jetzt das zweite Opfer seiner Eifersucht in
die Erpedition, um cs einstweilen zu verbergen. Aber kaum
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Rache des Postsekretairs"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Konkurrent
Liebhaber <Motiv>
Rache <Motiv>
Synkope <Medizin>
Karikatur
Junge Frau <Motiv>
Schiebfenster
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 31.1859, Nr. 754, S. 186
 
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