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Der letzte Wille.

mit zwei Gemeinen; „dem Lieferanten hier fünfundzwanzig
Stockstreiche!"

„Stockstrciche? mir? einem freien Bürger von Wucker-
fcldt? — Mir für einen Andern."

Es half Alles nichts — die Compagnieschaft war soeben
noch mündlich und schriftlich behauptet worden, und andere
zarte Andeutungen über die muthmaßliche Mitschuld höherer
Persönlichkeiten an der chemischen Mehlverbesserung wurden
mit einem kurzen und strengen, „Wollen's lieber vor ein
Kriegsgericht?" zurückgewieseu. — „Nach der Erccution wer-
dend für drei Fünftel befriedigt werden."

Diese wiederholte Versicherung gab Sebastian jene Scclcn-
stärke, die selbst unschuldig zu leiden vermag. — In des
Vaters nahem Tode waren ihm ja die Mittel gegeben, am
Brutto-Ertrag der Lieferung sich schadlos zu halten.

Eine Stunde später sah man in das Chaischen von
Bäckcrbaste junior eine schwere Kascttc tragen und zwar von
denselben beiden Gemeinen. Auch halfen sic ihm dienstwil-
lig hinein in das Gefährt. Aber die Stellungen die er dort
annahm, hätten dem sterbenden Vater zu Hause zeigen
können, daß die feurige» Kohlen sich vom Haupte nicht
blos herunter gesenkt haben auf ein erweichtes Herz, sondern
durch einen cigcnthümlichcn Prozeß wieder zur ungebrannten
Asche verdichtend, noch tiefer auf einen Körperthcil, der An-
gesichts einer Fahrt von fünfzehn Stunden denn doch besser
vor allen und jeden Einflüssen verschont geblieben wäre.

Es dunkelte am zweiten Abend darauf — Herr Schwarz

da wo hinter einem Fächer von Pappeln und Linden und üp-
pigen Obstbäumen Muckcrseldt sich barg, lustige Pistolenschüsse.

„Ha, verdammt!" rief Sebastian tief erröthend.

Du würdest Dich aber wieder täuschen, lieber Leser, wenn
Du glaubtest, der Contrast der süße ruhenden oder harmlos
fröhlichen Natur mit seiner zumal auf jeder steinigten Strecke
des Wegs gestörten Leibes- und Seelenruhe oder gar eine
Regung von Reue über eine frühere Heldenthat an dieser Stelle
habe ihm den Ausruf entlockt.

Nein! dort vor dem WirthshauS „zum Bühl", da saßen,
das Tischchen mit der Weinflasche in's Freie gestellt, drei
Gestalten, — Herrn Oberfeuerschauer Stähle hatte er zuerst
erkannt an seinem krähenden Lachen — dann Herrn Stadt-
rath Häberle — und der Dritte, glänzend wie der Vollmond,
der eben ausging über dem Waldgebirge nach Nordost, der
dritte — ja es war Sebastian Schwarz der Aeltere, Stadt-
rath und Brodschaucr, wie er leibte und lebte!

Ha! jetzt ging ihm ein Licht auf, schneller als das der Rackctc
da drüben, heller als das des Vollmonds da hüben. — Er war
gefoppt, grausam gefoppt, wohin die Gedanke» sich auch wen-
den mochten, und überall nur schadenfrohe höhnische Gesichter
statt des gehofften Schmcrzengeldes!

„Da kommt ja Dein Bastian!" krähte Herr Stähle.

„Dein Compagnon!" wieherte Herr Häberle.

„Ah! Baste! wie steht's im hintern Quartier? bei de
Kaiserliche mein ich!" — gröhltc Herr Schwarz senior.
„Nimm Dich in Acht, daß Dein' Achs nit bricht, 'S ist so

Sohn hatte sich dießmal zu einer forcirten Tour nicht veranlaßt ge-
sehen — cs dunkelte wieder auf dem Bühl; nur die weiß getünchten
Häuser des hochgelegenen Dorfes Weißcuberg sammt seinem
alten Schlosse glänzten noch in rosiger Abcndhelle; die alten
Königsburgen dahinter hatten sich gleich müden Helden in die
Decke herbstlicher Nebel gehüllt. Aus dem Thalbcckcn vor ihm
stiege» — denn die Weinlese war nahe — da und dort Racke-
rn und Schwärmer und tönte», aus dem Thalzweige rechts,

a böse Platt' da!" — Den Chorus des Krähens, Wieherns
und Gröhlens übertönte Sebastians Peitschenknall und aber-
mals war er verschwunden im Dunkel. Im Ochse» aber er-
schien er dießmal nicht; ja gar nicht mehr bei Lebzeiten seines
Vaters. Und noch nach zehn Jahren mußte Jungfer Vrole selbst
in seinem Hause erscheinen, bis er sich bewegen ließ, an seines
Vaters Bett zu treten, um ihn dießmal wirklich zu empfangen,
— den letzten Willen des Sterbenden.
Bildbeschreibung

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Titel/Objekt
"Der letzte Wille"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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Entstehungsort (GND)
München

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Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

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Thema/Bildinhalt (GND)
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Gast <Motiv>
Kutsche <Motiv>
Begrüßung <Motiv>
Karikatur
Reisender <Motiv>
Ankunft <Motiv>
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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 33.1860, Nr. 786, S. 31
 
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