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26 Zacharias Hasenm

bchörde ist mein Paß — Alles in Ordnung — Civil- und
Militärbehörden werden ersucht, mich gefälligst —"

„Schon gut," unterbrach ihn der Mann des Gesetzes,
indem er das Papier wieder zusammenfaltete und seinem
Eigenthümer zurückgab, „können sich hier aufhalten, müssen
den Paß aber beim Bürgermeister vorher visiren lassen/'

„Beim Herrn Bürgermeister, haben Sie denn hier auch
einen Bürgermeister?"

„Ist das wieder eine dumme Frage," brummte der
! Gendarm, „wo sechs Deutsche zusammen wohnen, brauchen
sie doch auch eine Obrigkeit; wofür sollte man denn sonst
nur Steuern erheben? — Alles hier wie oben — Alles
i genau so!"

„O du lieber Himmel," seufzte Hasenmeier, aber ganz
im Stillen, denn was er jetzt dachte, durfte er nicht laut
werden lassen, „und deshalb die schreckliche Seereise gemacht."

„Hutmachergesell?" frug der Gendarm jetzt lakonisch.

„Wasserdichter," bestätigte Hasenmeier ebenso.

„Gut — können einmal meinen alten Filz wieder
aufbügeln — ist ein wenig lappig geworden hier unten."

Zacharias warf einen prüfenden Blick auf den besag-
! ten Toilette-Gegenstand und bemerkte allerdings, daß die
Krempen des alten dreieckigen Filzhutes, der einmal mit
silbernen Borden beseht gewesen, eine sehr trübselige Form
angenommen hatten.

„Wird mir eine Ehre sein," erwiederte er höflich,
„aber wo finde ich den Herrn Bürgermeister?"

„Ist gerade auf der Jagd," sagte der Gendarm,
„können so lange in's Wirthshaus gehen — zum goldenen
j Haifisch."

„Wirthshaus?" rief Hasenmeier rasch, „alle Wetter,
| ist hier auch ein Wirthshaus im Ort?"

„Na, wenn ein Bürgermeister da ist, wird doch auch
j ein Wirthshaus da sein," sagte der Gendarm, „gleich dort
neben der Kirche — dem Haus mit dem kleinen Thurme."

eier's Abenteuer.

Hasenmeier schulterte vergnügt seinen Ranzen wieder
und faßte seinen Knotenstock fester, denn jetzt fing ihn sein
Leben an zu freuen. Das Eine nur genirte ihn, daß der
Seegreis fortwährend um ihn herum schwamm, und ihn da-
bei immer über die Achsel ansah. Was sollte denn das
eigentlich heißen? ob er sich vielleicht über ihn lustig machte,
weil er sich hatte vor< dem Gendarmen so anfahren lassen?
Bah, waö verstand so ein Seegreis davon, wie Gendarmen
behandelt sein wollten, das wußte er besser, und sich an
den Alten gar nicht mehr kehrend, wanderte er vergnügt der
bezeichnetcn Stelle zu.

Rechts und links standen Häuser, alle aus Corallen-
blöcken aufgebaut, und mit breiten Muscheln, wie mit Schin-
deln gedeckt. Auch Trottoirs hatte das Dorf, gar künstlich
von Austernschalen gelegt, und an einer großen Ockonomie
kam er ebenfalls vorüber, wo in einem mächtig breiten
Stall eine Menge Seekühe mit ihren Kälbern standen, aber
keinen einzigen Menschen konnte er entdecken — nirgends
die Spur von Leben oder Thätigkeit, und das Ganze fing
schon an ihm unheimlich vorzukommen. War das Dorf aus-
gestorben, und der Gendarm ganz allein zurückgeblieben?

Jetzt hatte er das Wirthshaus erreicht — fehlen konnte
er's nicht, denn ein großes Schild mit einem goldenen Hai-
fisch verrieth den Platz schon von Weitem, und rasch schritt
er darauf zu, blieb aber ganz erstaunt in der Thür stehen,
als er das ganze Gebäude, das etwa noch einmal so groß
wie die gegenüberliegende Kirche sein mochte, gedrängt voll
fröhlicher zechender Menschen sah.

„Ja, alle Wetter!" rief er erstaunt aus, da wundert's
mich freilich nicht mehr, daß ich Niemanden in den Häusern
gesehen habe, wenn sie Alle im Wirthshaus sitzen."

„Mach' die Thür zu!" rief ihn aber der Wirth an —
eine große breitschultrige Gestalt mit Pockennarben, dessen
Gesicht ihm merkwürdig bekannt vorkam — „Donnerwetter
das ganze Wasser läuft ja herein."

Hasenmeier zog rasch die Thür hinter sich zu und den
Hut vom Kopf.

„Armer reisender Handwerksbursch," sagte er dabei
mit kläglicher Stimme, „bittet allerseits um ein kleines
Geschenk."

„Hurrah, ein Handwerksbursch!" lachten und schrieen
aber die Gäste durcheinander, und ein Toben entstand jetzt,
wie eö auf der Oberfläche der Erde nicht natürlicher hätte
aufgeführt werden können.

Hascnmeier sah auch hier zu seinem Erstaunen, wie
reichlich mit Getränken und Speisewaaren versehen, die Be-
wohner dieser unterseeischen Station sein mußten, denn rings
an den Wänden waren Massen von Fässern, mit allen nur
denkbaren köstlichen Weinen und Spirituosen aufgeschichtet,
während neben an, ein anderes weites Lokal die Speise-
kammer zu sein schien. Lange Zeit ließen ihm aber die
Insassen nicht zum Umschauen, denn von allen Seiten wur-
den ihm Krüge und Gläser entgegengehaltcn, und Hasenmeier
wußte gar nicht, wo er zuerst zulangen sollte.,
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Zacharias Hasenmeier's Abenteuer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
"Seeburg"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Diez, Wilhelm von
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Polizeibeamter
Regenschirm
Gespräch <Motiv>
Karikatur
Kontrolle
Ungeheuer
Pass <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 45.1866, Nr. 1098, S. 26
 
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