46 Die Unterleibs
„Na, £)cit>’ ich Dir vorgestern eine Angst ausg'standen
mit dem alten Eichholz. Du weißt, wir waren Schul-
kameraden , und wenn ich in d' Stadt reit', ruf' ich ihn
an, und dann reitet er gewöhnlich mit. Vorgestern nun
war mein Geburtstag; sag ich zu meiner Alten, ich hätt'
ä G'schüft'l zu besorgen in der Stadt und wcrd' erst auf
den Abend zurückkommen. Reit' dann fort, ruf' draußen
am Forsthaus den Eichholz au, und denk' so bei mir selber
„heut' machen wir uns einen fröhlichen Tag." Da schaut
seine Alte zum Fenster 'raus, und sagt, ihr Mann sei schon
vor einer Stunde fortgeritten in die Stadt zum Doctor, er
sei schon einige Tage unpaß, es fehl' ihm ini Mage».
Na, sag' ich, 's wird doch nit gefährlich sein, und reit'
weiter. Wie ich in der Post absteig, frag' ich gleich nach
dem Förster, er war aber nickt da. Na, denk' ich, wenn
der wieder heimreitet, ohne seinen Schoppen niitznuehmen,
dann ist's schlimm! Ich trink' da mein Schöpple, trink' 's
zweit', endlich 's dritt', mein Eichholz kommt nit. Da war
ich ganz verstimmt, laß mir mein' Gaul 'rausführen, und
mach' mich auf'n Heimweg.
Na, Du weißt, am Lamm in Zimmern reit' ich nie
vorbei, diesmal aber war mir's nit um's Einkehren , von
wegen meinem kranken Freund Eichholz, und will richtig
vorbeireiten.
„He! alter Schwede! was soll das heißen? wo brennt's
denn?" ruft's aus dem Lamm 'raus; Iver war's? mein
Eichholz. „Na," sag' ich, „jetzt thut's noch;" laß' mein
■ Pferd in Stall thun, und erzähl' nachher meinem Freund,
was ich eigentlich in der Stadt g'wollt Hab'.
„Thut mir leid, lieber Freund," sagt der Eichholz,
„daß ich Dir heut' Deine Freud' getrübt Hab', aber schau', ich
-Entzündung.
bin schon seit ein paar Tagen aufm Hund; Hab' da 'ne !
Mixtur mitkriegt, und soll auch keinen Wein trinken; aber i
einen Schoppen beim Neubauer Hab ich mir doch nit ver- t
sagen können, war' sonst vor Schwäche ninimer heimkommen." !
„Na," sag' ich, „a Fläschchen trinken wir doch zu-
sammen?"
„Nein, lieber Freund," sagte er, „eit Wein trink' ich
nimmer, aber weil Dein Geburtstag ist, trink ich noch en
Gläschen Glühwein, das erwärmt den Magen, und kann nit
viel schaden." „Gut", sag' ich, „Alter, jetzt freust Du
mich," und bestell' mir bei der Lammwirthin a paar Mäß'l
guten Glühwein und drei Gläser; eins für den Lammwirth,
der Gesellschaft wegen.
Wir sitzen da ganz gemüthlich beisammen und lassens
uns schmecken, der Eichholz erzählt wie gewöhnlich seine
merkwürdigen Jagdgeschichten, und wie sein neuer Forstmeister
ein so humaner Mann sei, daß er die Prügel sogar beim
Reisach abschaffen woll' rc. rc. Auf einmal zieht er seinen
Arznei-Kolben 'raus, thut ein paar waidmännische Kern-
flüch', schüttet die ganze Brüh' in seinen Glühwein, und
sauft's ans.
„Stubenschnellen-Elenient! ist das a schlecht's G'süff! ,
aber jetzt ist's doch drunten, Löffelweise hätt' ich's doch nit
hinunterbracht, und 's Weintrinken hätt' ich so laug' auch
nit bleiben lassen," sagte er.
„Wohl bekomm's!" sag' ich, „weun's Dir nur nix thut!"
„Na, was wird's thun," sagte er, „im Gegentheil 's j
Wird mir schon viel wärmer, aber jetzt ist's Zeit, daß wir
aufbrechen."
Na, mir War's recht, denn die Arzneiportion hat mir
nit recht g'fallen wollen, Hab' auch gefürchtet, 's könnt ihm
schaden, wenn er jetzt noch mehr trinkt, und hätt' das um '
keinen Preis haben mögen, schon wegen seiner Alten.
Der Eichholz macht sein Pfeifle zurecht, schlägt Feuer,
— denn er ist nebenbei gesagt, ein abgesagter Feind von
den Streichhölzern, er heißt's immer nur „zündlose Ge- '
räuschhölzer" — legt den Zunder auf, und pafft nach Herzens- >
lust, und so traben wir auf unseru alten Kleppern frohen
Muths der Heimath zu.
Kaum reiten wir so zehn Minuten, kriegt mein Eich-
holz ein Brennen im Bauch, es wird immer ärger; endlich
sagtet-, „lieber Freund, halt! ich muß absteigen, ich prästirs
nimmer!"
„Ach Gott!" sag' ich, „das hast Du jetzt von Deiner
dummen Mixtur! aber da können wir doch nicht bleiben,
ich will fortreiten und einen Doctor holen."
„Nein, um's Himmelswillen nit!" jammert Eichholz,
verlaß mich nit Bruder, bleib' bei mir bis es aus ist, ich
muß sterben! Grüß' meine Frau und Kinder!" dabei setzte er
sich an den Straßen-Rain, hält sich den Bauch und
wimmert ganz kläglich.
Du kannst Dir meine Angst denken, und die Borwürf',
die ich mir g'macht Hab', denn eigentlich war ich doch ein
Bischen Schuld daran; ich steig' ab, binde die Pferde an,
„Na, £)cit>’ ich Dir vorgestern eine Angst ausg'standen
mit dem alten Eichholz. Du weißt, wir waren Schul-
kameraden , und wenn ich in d' Stadt reit', ruf' ich ihn
an, und dann reitet er gewöhnlich mit. Vorgestern nun
war mein Geburtstag; sag ich zu meiner Alten, ich hätt'
ä G'schüft'l zu besorgen in der Stadt und wcrd' erst auf
den Abend zurückkommen. Reit' dann fort, ruf' draußen
am Forsthaus den Eichholz au, und denk' so bei mir selber
„heut' machen wir uns einen fröhlichen Tag." Da schaut
seine Alte zum Fenster 'raus, und sagt, ihr Mann sei schon
vor einer Stunde fortgeritten in die Stadt zum Doctor, er
sei schon einige Tage unpaß, es fehl' ihm ini Mage».
Na, sag' ich, 's wird doch nit gefährlich sein, und reit'
weiter. Wie ich in der Post absteig, frag' ich gleich nach
dem Förster, er war aber nickt da. Na, denk' ich, wenn
der wieder heimreitet, ohne seinen Schoppen niitznuehmen,
dann ist's schlimm! Ich trink' da mein Schöpple, trink' 's
zweit', endlich 's dritt', mein Eichholz kommt nit. Da war
ich ganz verstimmt, laß mir mein' Gaul 'rausführen, und
mach' mich auf'n Heimweg.
Na, Du weißt, am Lamm in Zimmern reit' ich nie
vorbei, diesmal aber war mir's nit um's Einkehren , von
wegen meinem kranken Freund Eichholz, und will richtig
vorbeireiten.
„He! alter Schwede! was soll das heißen? wo brennt's
denn?" ruft's aus dem Lamm 'raus; Iver war's? mein
Eichholz. „Na," sag' ich, „jetzt thut's noch;" laß' mein
■ Pferd in Stall thun, und erzähl' nachher meinem Freund,
was ich eigentlich in der Stadt g'wollt Hab'.
„Thut mir leid, lieber Freund," sagt der Eichholz,
„daß ich Dir heut' Deine Freud' getrübt Hab', aber schau', ich
-Entzündung.
bin schon seit ein paar Tagen aufm Hund; Hab' da 'ne !
Mixtur mitkriegt, und soll auch keinen Wein trinken; aber i
einen Schoppen beim Neubauer Hab ich mir doch nit ver- t
sagen können, war' sonst vor Schwäche ninimer heimkommen." !
„Na," sag' ich, „a Fläschchen trinken wir doch zu-
sammen?"
„Nein, lieber Freund," sagte er, „eit Wein trink' ich
nimmer, aber weil Dein Geburtstag ist, trink ich noch en
Gläschen Glühwein, das erwärmt den Magen, und kann nit
viel schaden." „Gut", sag' ich, „Alter, jetzt freust Du
mich," und bestell' mir bei der Lammwirthin a paar Mäß'l
guten Glühwein und drei Gläser; eins für den Lammwirth,
der Gesellschaft wegen.
Wir sitzen da ganz gemüthlich beisammen und lassens
uns schmecken, der Eichholz erzählt wie gewöhnlich seine
merkwürdigen Jagdgeschichten, und wie sein neuer Forstmeister
ein so humaner Mann sei, daß er die Prügel sogar beim
Reisach abschaffen woll' rc. rc. Auf einmal zieht er seinen
Arznei-Kolben 'raus, thut ein paar waidmännische Kern-
flüch', schüttet die ganze Brüh' in seinen Glühwein, und
sauft's ans.
„Stubenschnellen-Elenient! ist das a schlecht's G'süff! ,
aber jetzt ist's doch drunten, Löffelweise hätt' ich's doch nit
hinunterbracht, und 's Weintrinken hätt' ich so laug' auch
nit bleiben lassen," sagte er.
„Wohl bekomm's!" sag' ich, „weun's Dir nur nix thut!"
„Na, was wird's thun," sagte er, „im Gegentheil 's j
Wird mir schon viel wärmer, aber jetzt ist's Zeit, daß wir
aufbrechen."
Na, mir War's recht, denn die Arzneiportion hat mir
nit recht g'fallen wollen, Hab' auch gefürchtet, 's könnt ihm
schaden, wenn er jetzt noch mehr trinkt, und hätt' das um '
keinen Preis haben mögen, schon wegen seiner Alten.
Der Eichholz macht sein Pfeifle zurecht, schlägt Feuer,
— denn er ist nebenbei gesagt, ein abgesagter Feind von
den Streichhölzern, er heißt's immer nur „zündlose Ge- '
räuschhölzer" — legt den Zunder auf, und pafft nach Herzens- >
lust, und so traben wir auf unseru alten Kleppern frohen
Muths der Heimath zu.
Kaum reiten wir so zehn Minuten, kriegt mein Eich-
holz ein Brennen im Bauch, es wird immer ärger; endlich
sagtet-, „lieber Freund, halt! ich muß absteigen, ich prästirs
nimmer!"
„Ach Gott!" sag' ich, „das hast Du jetzt von Deiner
dummen Mixtur! aber da können wir doch nicht bleiben,
ich will fortreiten und einen Doctor holen."
„Nein, um's Himmelswillen nit!" jammert Eichholz,
verlaß mich nit Bruder, bleib' bei mir bis es aus ist, ich
muß sterben! Grüß' meine Frau und Kinder!" dabei setzte er
sich an den Straßen-Rain, hält sich den Bauch und
wimmert ganz kläglich.
Du kannst Dir meine Angst denken, und die Borwürf',
die ich mir g'macht Hab', denn eigentlich war ich doch ein
Bischen Schuld daran; ich steig' ab, binde die Pferde an,
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Unterleibs-Entzündung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Glühwein <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 45.1866, Nr. 1100, S. 46
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg