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glühte und qualmte ein riesiger Meiler. Was aber
mein Erstaunen zum Entsetzen steigerte, waren die
beiden Knechte. Denn obgleich ihre blassen blut-

leeren Gesichter unter dem Kohleuruß fast ver-
schwanden, so erkannte ich doch beide auf den ersten
Blick. Der Eine derselben war ein verwegener
! Wilderer gewesen, ein gefährlicher Raufer und war
1 erst im vorigen Jahre auf einer Kirchweih erstochen
j worden; der Andere hatte einer Liebschaft willen
seinen Vater erschlagen und war zwei Jahre früher
gehenkt worden. Ich hatte ihn baumeln sehen, er
hing drei Tage am Galgen, aber in der dritten
Nacht war der Körper verschwunden, niemand wußte,
wohin. Man sagte allgemein, der Gottseibeiuns
habe ihn geholt.

Der Kohlenmichel war in die Hütte gegangen.

Die beiden unheimlichen Gesellen jedoch glotzten
mich fortwährend mit ihren stieren Augen an, wäh-
rend sie die schweren Schürbänme hantirend um
den Meiler gingen, wobei der Gehenkte fortwährend
so ein gewisses Schlucken ansstieß, als wär's ihm
noch immer zu eng um den Hals.

„Bist wohl auf a Jrrwurz'n trctt'n," höhnte
er, „daß da her kommst?"

Der Erstochene aber sagte ganz leise: „Wenn
ich Dir rathen soll, Gells, so mach', daß Du weiter
kommst, sonst bist Du verloren," und damit schritten
sie weiter um den Meiler. Als sie zum Zweiten-
male an mir vorüberkamen, feixte mich der Erstere
wieder an und sagte: „Warum hast koan Krona-
! witt'n auf Dein Hütl?" der Andere aber zürnte:

„Was stehst denn noch da und hältst Maulaffen feil; ge-
lüstet's Dich denn wirklich Kohlen für die Hölle zu brennen
in Ewigkeit!" ■—

„Was gibt's da zu plauschen," schrie die grobe Stimme
des Kohlenmichel, „willst Du wohl schüren, fauler Schlingel?"

Den letzten Worten folgte ein entsetzliches Geheul. —

„Jetzt ist'ö zu spät," sagte der Erstochene, „Du hast
die rechte Zeit versäumt, er hat die Hunde loSgemacht. Ent-
fliehen kannst Du nicht mehr. Aber Eines kann Dich noch
retten; nimm nichts, was er Dir bietet. Es gilt mehr als
Dein Leben," und damit ging er fort.

In diesem Augenblicke trat der Kohlenmichel aus der
Hütte. Er hielt an einer Leine in der linken Hand zwei
grimmig wilde Windhunde, die sich heulend auf mich werfen
wollten. Sic hatten Augen wie glühende Kohlen, ihre
blutigrothcn Zungen hingen über ein glänzend, weißes Ge-
biß fast bis zur Hälfte auf den Boden und ihr heißer
Athem dampfte in der frostigen Nachtluft. Mit der Rechten
aber bot Michel mir eine große Flasche mit einer goldgelben
Flüssigkeit, die einen scharfen, köstlichen Duft ausströmte.

„Trink," sagte er, „das wird Dir Muth und Kraft
geben."

„Danke," sprach ich der Warnung eingedenk, „aber ich
glaub', ich Hab' genug von Beiden, und überdieß auch
keinen Durst."

„Es ist auch nicht deßhalb," sprach er darauf, „aber
trink' nur immer, wenn auch nur um des Einstandswillen.
Einen bessern Herrn kannst Du nimmer finden, als ich bin,
und wär's auch nur für diese eine Nacht."

„Kann mich nicht erinnern, daß ich bei Euch jemals
hätte Dienste nehmen wollen. Soviel ich weiß, Hab' ich
niemals ein Handgeld bekommen."

„Aha," lachte er, „das hast Du fein gemacht; Du
fürchtest wahrscheinlich, ich möchte mein Versprechen nicht
halten. Sei ohne Sorgen," sagte er, indem er mit beiden
Händen in die Tasche griff und sie mit glänzenden Thalcrn
gefüllt wieder hervorzog, und mir diese bot. Es waren
glänzend schöne Dinger, nagelneu, wie man sie nur bei
Scheibenschießen oder großen Kegclscheiben an den Prcis-
fahnen hängen sicht. Mich kitzelte es in den Fingern. „Was
müßten da die Leute staunen," sagte ich zu mir selbst, „wenn
du solch' funkelndes Geld den Musikanten an die Köpfe
würfest!" Kohlenmichcl lächelte, als könne er meine Ge-
danken lesen.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Mooskuh"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Verführung
Fremder
Warnung
Knecht <Motiv>
Getränk <Motiv>
Versprechen
Karikatur
Hund <Motiv>
Schutzhütte
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 45.1866, Nr. 1105, S. 82
 
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