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Die Freimann und der Hundertpfund.

Von Iran; Trautmann.

(Fortsetzung.)

Fiel der Welser ein: „Wie—wa —ha—was? Wer sagt
Euch, das; ich ein Tyrann bin? Fragt Die doch zn Augsburg!
Eh' nennen sic mich Alle Vater — und wenn ich Euch angc-
donncrt Hab', so ist's Euch zum Besten geschehen! Denn >vir
wir wollen Euer Glück und nicht Euer Unglück. Aber selbig
Euer vertracter Kopf muß erst wieder in Ordnung kommen!
Also dring' ich zwiefach daraus und frage Euch für's Erste:
Seid Ihr in Liebcsbanden, und wer ist Euer Gegenstand? Brr!"

Fiel der Hundcrtpfuud ein: „Nun denn, wenn Jhr's wissen
wollt, sag' ich ja — meinen Gegenstand aber sollt Ihr nimmer
erfahren!" Und wollte zur Thürc hinaus.

Herr Welser aber, obwohl ziemlich voll bei Leib, kam ihm
mit langen Schritten zuvor, schloß ab, steckte den Schlüssel in
die Tasche, trat von der Thüre her ans den Hundertpfnnd zn
und donnerte: „Ihr bleibt da und gesteht! Das wollen wir
doch sehen, ob man Euch nicht Herr wird!"

„Ja das wollen wir sehen!" fiel der Hundertpfnnd ein.
„Ihr erfahrt nichts, wie, wo und wer. Aber etwas Anderes,
gch's dann, wie da wolle!"

Rief der Welser: „Was soll ich erfahren? Ihr kecker
Gesell', Ihr! Wagt ctwan was, das soll Euch theuer zu
stch'n kommen!"

Rief der Hundertpfnnd entgegen: „Was soll mir da ge-
droht sein! Ich bin meines Geschlechts so gut, wie Ihr —
und greift Ihr zum Degen, Hab' ich in meinem Losament auch
ein Schwert, das solltet Ihr bald sehen! Was ich aber sag',
das mag meine Herrin, wenn sie ctwan in der andern Stub'
ist, hören, wie Ihr selbst!" Und fuhr ganz erhitzt fort: „Sic
hat schon einmal ihrer schönen Zeit den besten Theil zum Opfer
gebracht. Das that sic ans Kindcsgchorsam, und den Hab' ich
stets bewundert. So sic aber nun, wie mich fast bcdünkt, „freien
Willens" Euch die Hand böte, so daß sie dann den anderen
Theil ihres Daseins auch vertrauerte, so träfe sic mein Spott
und schnödes Bedauern — und das sagte ich ihr in's schöne
Antlitz!"

„Wa—as!?" fuhr der Welser nrschnanbig ans, „das
sagt Ihr mir und sagtet Ihr gar Euerer Herrin in's Antlitz?
Ha, Ihr grundticf Keck' und Verwegener! So etwas ist ja
noch gar nicht da gewesen!"

„Ja was grundkeck und verwegen!" rief der Hundert-
pfnnd. „Geld und große Ehr' in Handclschaft und Stadt
mögt Ihr haben und ein trefflich tapfer frnmm Gemüth dazu.
Aber das Alles ist keine sattsamc Freud' für ein junges Weib
— und eh' ich meine Herrin im Unglück sehen müßte, riß' ich
sie vom Altar weg — Ihr sollt den Hundertpfnnd kennen lernen!
Hättet Ihr einen schicksamen Sohn, der frisch, hübsch und sonst
leidlich war', und sie nahm' ihn, so möcht' cs sein. Aber mit
Euch wird's nichts und Euerem alt gröblichen Kopf, wie ehr-
würdig er sei — dabei ißt sich die Lieb' nicht satt! So, jetzt
wißt Jhr's und könnt Jhr's sagen. Und jetzt her mit dem
Schlüssel — wo nicht, sollt Ihr sehen, wer der Stärkere ist
von uns Zweien!"

Und der Welser, der vor Staunen znrückgetrcten war und
kein Wort dazwischen werfen konnte, mit einem Mal losbrcchend:
„Wie—wa—so—ha—brrr—alle Wetter — Ihr nichtiger. Eurer
Vernunft gar nicht richtiger Faktor und Buchhalter, Ihr wagt
mir das zu sagen, und droht gar Hand an mich zn legen?
Brrr — ich gcb' den Schliisscl nicht her, und Ihr bleibt, bis
Ihr gestanden habt, was Euch Kopf und Herz verwirrt hat!
Gebt mir den Schlüssel zn Euerem Geheimnis;, dann gcb' ich
Euch den zur Thür!"

Und der Hundertpfnnd, ganz wild: „Ich sag' nichts, als
was ich gesagt Hab'!"

Und der Welser: „Das war von Euerer thörichten Für-
sorg' für Euere Herrin — aber ich will wissen, ivas es mit
Euch selbst ist! 'raus mit der Sprach'!"

Und der Hundertpfnnd: „'raus mit dem Schlüssel! Wo
nicht, eil' ich durch das Gemach da, drin meine Herrin ctwan
.ist, und drüben hinaus. Wollt Ihr, oder wollt Ihr nicht?"

Rief der Welser: „Halt ans und bleibt noch, Ihr habt
die Hauptsache nicht gehört!"

„Was Hauptfach' ist das?" fragte der Hundertpfnnd, der
schon ans dem Sprung war.

„Das ist das," rief der Welser. „Sie läßt Euch nimmer
im Haus', wo Ihr nicht gesteht! So Ihr aber weiters nit
bockbeinig seid, sondern treu einbekennt — sci's dann, wer und
welche es wolle, die Ihr liebt, und was immer Hindernnß da
sei bei ihren Elter» oder sonst, oder daß cs wegen Eueres
Soldes wäre — so verspricht Euch Euere Herrin Vorwort und
Hilf, und läßt nicht ab, bis Ihr am Ziel seid! brrr, Blitz —
hm, Donnerwetter, mehr könnt Ihr nicht verlangen!"

Fragte der Hundertpfnnd ganz verhängnißvoll ruhig: „So,
das läßt mir meine Herrin entbieten? Nun, da sch' ich ja
wohl, daß sie mir gnädig gesinnt ist, anders ich nur nicht im
Herzen zerarbeitet und im Kopf ronfus wäre! Aber sagt ihr
entgegen: So viel und all ihr guter Wille könne mir nicht
helfen. Denn Die, an welche ich denke, denkt nicht an mich!
Und wenn ich fort muß, weil ich nicht gesteh', könnt' ich noch
viel minder bleiben, wenn ich gestünd'!"

„Was soll jetzt wieder das!" fiel der Welser ein. „Ihr
Confucius verwirrt mir schier meinen Kops auch noch! Sagt's
nur, es wird's doch nicht des Herzogs Tochter sein — Kreuz
heilig Blitz Donnerwetter, was fällt mir ein?! Ihr — Ihr werdet
Euch doch nit in den Kopf gesetzt hau, ans Euere eigene Ge-
bieterin zn schan'n? Das wäre ja unerhörte, erschreckliche
Vermessenheit, und Euere Wirrnis; totalitor incnrabel —"

„Ist aber doch so!" rief der Hundertpfnnd, „und jetzt
heraus mit dein Schlüssel!"

Den zog der Welser ganz langsam heraus, mittlcrweil' er
den Hundertpfnnd tief bedauernd ansah. Der wollte den Schlüssel
auch sogleich nehmen. Der Andere aber hielt ihn noch am
einen Ende fest und sagte: „Alljetzt muß ich ihn Euch wohl
geben und zur Thür' hinauslassen. Je früher Ihr Euere sieben
Sachen znsammenpackt und das Freimannhaus verlaßt, desto
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