Ruinen.
Weib, o Weib, verzweifle nimmer'!
Sieh' in seinem Aug' den Schimmer.
So nur glänzt der Seelenspiegel, —
Ruhet des Gewissens Flügel! —
„Schuldlos bin ich!" ruft dein Gatte,
Der dich nie getäuscht noch hatte.
Spricht nicht dieser sich're Ton
Kräftig dem Verdachte Hohn? —
Doch die Schergen ihn erfassen:
„Müsset doch nun von ihm lassen!
Und sein Richter, der von Allen,
Tie in's Laster sind verfallen
Das Geständniß weiß zu kriegen,
Wird auch diesen Trotz besiegen!
Mörder nennt ihn das Gericht,
Das nur stets die Wahrheit spricht!"
Ohne Klage scheidet muthig
Von dem Mann' das Weib. — Nicht blutig
Weiß sie ja des Gatten Hände,
D'rum die Haft auch bald zu Ende. —
Gottvertranen, Himmelslabe,
Schmerzenstillend bis zum Grabe,
Gieße deinen Balsani aus
In das stille Trauerhaus!! —
Ha! wie stürzt nun auf die Beute
Los der Richter, der schon heute
Wünschet, daß der Eingesang'ne
Morgen sei auch der — Gchang'ne! —
„Was? du willst von Unschuld sprechen?
Rache fordert dein Verbrechen!
Sollt' den Schlaf vermisien ich —
Zum Geständniß bring' ich dich!!" —
15
Und nach Monden banger Schmerzen,
Wühlend tief in seinem Herzen,
Tritt der schwankende Verbrecher
Vor den richterlichen Rächer,
Und znr Freude des „Juristen,"
Ter ihn mußt' zu „überlisten,"
Hat bekannt er sich zur That,
Der die Strafe sühnend naht. —
Wie? der Mann ein Mörder, dessen
Wandel stets so fromm gemessen?
Er, der frei den Blick ließ schweifen,
Da die Schergen ihn ergreifen?
Er, auf dessen Wort die traute
Gattin, wie auf Felsen baute?
Er, der nicht zusammenbrach
Weil er frei von Schuld sich sprach? —
Fragt die finstern Kerkermauern
Mit den geisterhaften Schauern,
Tie sich in die Seele schleichen,
Um den letzten Trost zu bleichen!
Fragt die Qualen, fragt die Schlingen,
Die der Richter mußt' zu dringen!
Fragt den tück schen Aktenstoß,
Labyrinthisch riesengroß!!-
Henker, sprich, was soll dies Zagen?
Willst den Todesstoß nicht wagen?
Traust du diesen Unschuldsblicken?
Wollen sie dich auch berücken? —
Rasch das Todesseil geschlungen —
Ha! — der Mann hat ausgerungen! —
Und der Richter — triumphirt,
Der so gut hat inquirirt!! —
Spät nach Jahren — spricht die Sage —
Kam es sonnenklar zu Tage,
Daß den Mord nicht der begangen,
Dem ihr Lied die Raben sangen!
Schuldlos hatte er sein Leben
Aus dem Richtplatz hingegeben! —
Doch wie kam es, daß er sich
Selbst verdarb so freventlich?? —
Fragt die finstern Kerkerinauern,
Mit den geisterhaften Schauern,
Die sich in die Seele schleichen,
Um den letzten Trost zu bleichen!
Fragt die Qualen, fragt die Schlingen,
Die der Richter mußt' zu bringen!
Fragt den tück'scheu Aktenstoß,
Labyrinthisch riesengroß!! — —
(Fortsetzung folgt)
Weib, o Weib, verzweifle nimmer'!
Sieh' in seinem Aug' den Schimmer.
So nur glänzt der Seelenspiegel, —
Ruhet des Gewissens Flügel! —
„Schuldlos bin ich!" ruft dein Gatte,
Der dich nie getäuscht noch hatte.
Spricht nicht dieser sich're Ton
Kräftig dem Verdachte Hohn? —
Doch die Schergen ihn erfassen:
„Müsset doch nun von ihm lassen!
Und sein Richter, der von Allen,
Tie in's Laster sind verfallen
Das Geständniß weiß zu kriegen,
Wird auch diesen Trotz besiegen!
Mörder nennt ihn das Gericht,
Das nur stets die Wahrheit spricht!"
Ohne Klage scheidet muthig
Von dem Mann' das Weib. — Nicht blutig
Weiß sie ja des Gatten Hände,
D'rum die Haft auch bald zu Ende. —
Gottvertranen, Himmelslabe,
Schmerzenstillend bis zum Grabe,
Gieße deinen Balsani aus
In das stille Trauerhaus!! —
Ha! wie stürzt nun auf die Beute
Los der Richter, der schon heute
Wünschet, daß der Eingesang'ne
Morgen sei auch der — Gchang'ne! —
„Was? du willst von Unschuld sprechen?
Rache fordert dein Verbrechen!
Sollt' den Schlaf vermisien ich —
Zum Geständniß bring' ich dich!!" —
15
Und nach Monden banger Schmerzen,
Wühlend tief in seinem Herzen,
Tritt der schwankende Verbrecher
Vor den richterlichen Rächer,
Und znr Freude des „Juristen,"
Ter ihn mußt' zu „überlisten,"
Hat bekannt er sich zur That,
Der die Strafe sühnend naht. —
Wie? der Mann ein Mörder, dessen
Wandel stets so fromm gemessen?
Er, der frei den Blick ließ schweifen,
Da die Schergen ihn ergreifen?
Er, auf dessen Wort die traute
Gattin, wie auf Felsen baute?
Er, der nicht zusammenbrach
Weil er frei von Schuld sich sprach? —
Fragt die finstern Kerkermauern
Mit den geisterhaften Schauern,
Tie sich in die Seele schleichen,
Um den letzten Trost zu bleichen!
Fragt die Qualen, fragt die Schlingen,
Die der Richter mußt' zu dringen!
Fragt den tück schen Aktenstoß,
Labyrinthisch riesengroß!!-
Henker, sprich, was soll dies Zagen?
Willst den Todesstoß nicht wagen?
Traust du diesen Unschuldsblicken?
Wollen sie dich auch berücken? —
Rasch das Todesseil geschlungen —
Ha! — der Mann hat ausgerungen! —
Und der Richter — triumphirt,
Der so gut hat inquirirt!! —
Spät nach Jahren — spricht die Sage —
Kam es sonnenklar zu Tage,
Daß den Mord nicht der begangen,
Dem ihr Lied die Raben sangen!
Schuldlos hatte er sein Leben
Aus dem Richtplatz hingegeben! —
Doch wie kam es, daß er sich
Selbst verdarb so freventlich?? —
Fragt die finstern Kerkerinauern,
Mit den geisterhaften Schauern,
Die sich in die Seele schleichen,
Um den letzten Trost zu bleichen!
Fragt die Qualen, fragt die Schlingen,
Die der Richter mußt' zu bringen!
Fragt den tück'scheu Aktenstoß,
Labyrinthisch riesengroß!! — —
(Fortsetzung folgt)
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ruinen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 8.1848, Nr. 170, S. 15
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg