Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
186

Des Schulmeisters Schöppelmann allergnädigste Unterstützung.

Steiupelbogen ein eben so devotes wie erbärmliches (wie meine
selige Großmutter statt erbarmenerregendes zu sagen pflegte)
Bittgesuch zu schreiben und es dem Herrn Pfarrer zur empfeh-
lenden Einbeförderung an die k. Distrikts-Inspektion zu über-
bringen, war das Werk eines Spieltags, und es bildet gewiß
ein schönes Zeugniß für unser» Helden, wenn ich sage, daß
es ihm nicht schwerer ward, seine Würdigkeit wie seine Dürftig-
keit nachzuweisen. Mit dem Pfarrer stand er sich gut, er
that überall seine Pflicht; daß er eine Petition nach Frank-
furt um Emanzipation der Schule mitunterzeichnet, hatte er
klüglich verschwiegen. — Also unterstützte er auf den Grund
der geheimen Condnitenlisten bestens das Gnadengesuch und
gab noch den guten Rath mit in den Kauf, Schöppelmann
möge sich die paar Wegstunden nicht gereuen lassen, und die
versiegelte Schrift, des bessern Erfolgs wegen, selbst hin zu
dem k. Distrikts-Inspektor tragen und um deren gnädige Be-
fürwortung zu bitten. Solches geschah auch am 1. October,
im Jahr des Heils 1847, und schon im Juni 1848 erfuhr
Schöppelmann die Bertheilung der Gelder, aber nichts ver-
lautete, daß auch er unter den Glücklichen war. „Hml"
dachte er, „an Würdiger» als ich fehlt es nicht, so wirds
wahrscheinlich auch nicht an Dürftigem mangeln; resigniren
ivir in Gottesnamen, wie es einem ehrlichen Schulmeister zusteht."

Die Götter hatten es aber anders beschlossen. Am darauf-
folgenden Sonntag, nach der Kirche, bringt ihm der Hinter-
bauer aus dem Filial Bocksberg ein „Schreibens," das er
die vorige Woche in der Stadt für den Herrn Schulmeister
bekommen habe. Ehe ich dir aber, mein Leser, einen Blick
in diese beglückende Depesche werfen lasse, drängt's mich dir
zu sagen, wie sie in die Hände oder vielmehr in die Tasche
des Sonntagsrocks vom Hinterbanern gerathen, und sich dort
um circa acht Tage verspätet hatte. Er war — wie er
etwas verworren erzählte und wirs ihm etwas geordneter
nacherzählen — am Dienstag vor acht Tagen wegen des Zu-
sammenhängens zweier leerer Wagen nach der Erntezeit vors
Gericht geladen worden, und da er schon um zwölf Uhr ab-
gcfertigt und gnädig abgestraft war, ins Wirthshans zum Vetter
Ochsenwirth und von diesem zum Sternwirth, und da ihm
auf dem Heimweg einige Collegen — wie sie sich jetzt zu-
weilen nennen — begegnet waren, auch noch in den goldnen
Bären gegangen, und wie sie so selig und fröhlich beisammen saßen
und von ihrem Stall und vom Korn- und Strohpreis sprachen,
und wie alles heuer so heidnisch wohlfeil sei, und unser Hinterbauer
eben auf seinen Heustock gerathen ivar, da thut sich die Thür auf.
Und herein tritt,

Mit raschem Schritt,

Mit klirrendem Säbel
Der Amtsdiener Nebel.

„ Ist kein Roßdorfer da ?" rief er und sieht sich stumm rings um.
Und die Stube voll Bauern
Ergreifet ein Schauern,

Und nach kurzem Lauern
Sprachen sie mit Bedauern:

Rein! Da erhebt sich pflichtschuldigst der Hinterbauer von
Bocksberg, ein christlicher Mann und spricht: „Herr Nebel! ich
gehe durch Roßdorf!" und zu ihm tritt der Gnädige und spricht:

„Nun, so sei Er so gut und gebe Er dies Schreiben dem
Schulmeister von Roßdorf!"

Ob solcher Herablassung tiefentzückt, läßt er seinen Krug-
deckel nochmals klappen, und nachdem Herr Nebel sich herab-
gelasien, die frische Maaß „auf guts Wohl" halb zu leeren,
thut es ihm der Hinterbaner nach, und als er sich spät ent-
fernte, war es ihm keine leichte Aufgabe, seinen Corpus im
Gleichgewicht zu erhalten. Das „Schreibens" blieb daher richtig

in der Rocktasche stecken, bis es am nächsten Sonntag durch
einen hervorlugenden weißen Streifen sein Dasein zu erkennen
gab. Stracks brachte er es dem Schulmeister. Der hatte nun
freilich gemeint, der Amtsdiener hätte das Schreiben selbst
bringen sollen, er werde ja für seinen Dienst bezahlt und gar
viel besser als ein Schullehrer, und er sei ja voriges Jahr auch
gleich gekomnlen, als er (der Schullehrer) das ersteigerte Holz
nicht zur aubefohlnen Zeit bezahlen konnte und habe ihn gepreßt.
Aber das ist so die vorlaute Weise dieser Leute! Was wollte
er noch mehr? hatte er doch jetzt die Signatur von glückver-
heißendem Inhalt in Händen. Sie lautete vollständig also:

„Derselbe" — an den Schullehrer Schöppelmann in Roß-
dorf stand ja schon außen, und das Prädikat Herr wird man
doch wahrlich in Deutschland einem Schullehrer nicht beilegen —
„derselbe hat bei dem k. Rentamt Enstadt die ihm durch höchstes
Rescript vom 15. Juli 1847 gnädigst bewilligte außerordent-
liche Unterstützung von 4 fl. i. e. vier Gulden binnen acht
Tagen gegen vorschriftsmäßige Quittung abzuholen.

Glücklicher Schöppelmann! Glückliche Familie! Eine jähr-
liche Unterstützung von vier Gulden!

So sind sie aber diese, ungenügsamen begehrlichen Schul-
meister, sie wollen nicht einsehen, was der Staat Alles für sie
thut, für sie, die tveder Griechisch noch Lateinisch, sondern nur
Deutsch lehren, die nicht für die Waldkultur, sondern nur für
die Volkskultur thätig sind, die nicht Termine einschreiben, wie
die allerhöchst ernannten Gerichtsdiener, noch Eisenbahnen zu
bauen haben! — denn daß ichs nur heraussage: Schöppelmann
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Des Schulmeisters Schöppelmann allergnädigste Unterstützung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Lehrer <Motiv>
Wald <Motiv>
Schirm
Nacht <Motiv>
Karikatur
Pfeife
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 8.1848, Nr. 192, S. 186
 
Annotationen