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Der Champagne-Kamerad: Feldzeitung der 3. Armee — 3. Kriegsjahrgang.1916-1917

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Hefte 56-59, Januar 1917
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7. Januar 1SI7

verchamvagne Uamerad

Schrittleltung und SslchSttsstellei
keldreltllng b. Knnse-0derkommando Z



I.VII.

Mitkämpfers aus der

verdankt. Jetzt weilt
er al» Verwundeter in

gerrgien Zeit Geichehen
für künftige Zeiten des

soviel, wir haben dem Ansturm nicht bloß stand-
gehalten, nein, sondern dem Feinde verlorenen
Boden wieder entnssen. Es war eine erhebende
Zeit. Freilich ist so mancher nicht mehr, der
mit uns ftöhliche Tage in der Champagne ver-
lebte, besonders der eine, der Junge, Frische,
Strahlende, dem wir den letzten Wunsch er»
füllten, als wir an seinem Grabe „Deutschland,
Deutjchland Über alles" sangen. — Nun bin ich

Schlotz Neubeuern a. Jnn
(Oberbayern).

- > 4. /ln Englanö! r- 4



G, schämt euch tief, die ihr öer welt öen Zrieöen,

Liebe Champagne-
Kameraden!

Was hat sichnicht alles
zugetragen, was durften
wir nicht alles erleben,
seit wir Eure Front ver-
lassen haben. Durch Jahr
und Tag hatten wir an ruhi-
ger Sielle gelegen, die sich
mr einmal, in der Herbst-
schlacht, zu strategischer
Größe erhob. Sonst aber
verlebten wir schöne Zeiten.

Ia es gab sogar mancherlei
Eelegenheit zu einer Friedensbeschäftigung. So
habe tch wiederholt in diesen Spalten von Pflanzen
nnd Tieren, von der Natur der Champagne ge-
plaudert. Und wie lebhast war das Jnteresse
für solche Dinge! Das ersah ich aus so mancher
Anftage im Briefkasten, die mir zuging. Eigent-
lich kaum verwunderlich, wo wir in so engem
Verein mit der Natur lebten. Und doch er-
hebend und erfteuend, weil es eines der Zeichen
war für ungebrochene innere Stärke und Kraft.

Mit Sang und Klang zogen wir im Juli
von Euch fort. Unsere Herzen schlugen höher.
Wir waren überglücklich. Endlich wieder, so
hofften wir, frisch ftöhlicher Krieg, Märsche,
Vewequng, Soldatenleben. Dann gina es an
vle Somme. Jhr werdet nicht erwarten, datz
tch Euch von dort erzähle. Das kennt Jhr
tangst, waret wahrscheinlich selbst dort. Nur


°n--b,°ch-n



alles tun, um uns zu erfreuen und gesunden zu
machen. Die Schlotzherrin hat so viel Liebe und
Güte für einen jeden von uns, datz wir beschämt

verug la der Neimat durch
alle postanstalten und Vuchhandlungen

Pflicht. Das aber ist fteiwillige Tat, Opiersinn.

Es ist etwas Eigenes um diese Ruhe und
Stille hier nach so sturmbewegten Tagen, es geht
davon eine Kraft aus, eine Verinnerlichung.

^n. Aber diesenzwungene Mutze stellt den Menschen
wieder auf sich selbst, er
lauscht auf die innere

Trümmern eine neue Welt
auf. Kameraden! Was
ist oer Sinn dieses Ringens
und Mühens, dieser unge-
heuren Opfer an Eut und
Blut? Hat dteses Ver-
nichten und Morden einen
Sinn oder sollen wtr, ver-
zweifelt an Gegenwart
und Zukunft, alle Jdeale
von Fortschritt und Besser-
werden aufgebenund wenn
je der Friede kommt mit
zusammengebissenen Lip-
pen „arbeiten und nickt ver-
zweifeln", freud- und ftiede-
los? Macht uns diese Zeit,
machen uns dieseEindrücke,
dieses Erleben zu Pessi-
misten oder Jdealisten?

Eanz gewih, solange
wir in Enge und Vefan-
genheit auf die Dinge
schauen, — es ist schmerz-
lich und niederschmetternd.
Da sehen wir. wie der
Krieg die schlimmsten Jn-
stinkte im Menschen wachruft, wie er ihn zurück-
schleudert in tierische Zustände, die längst für über-
wunden gehalten. Er löst alles Rohe und Gemeine
aus, was in niedrigen Kreaturen bis dahin müh-
sam die Autorität strenger Gesetze niederhielt. Aber
auch mancher Gute strauchelt, weil sich seine Be-
griffe verwirren. Wir wollen doch keine Pharisäer
sein und tun, als hätte es in unsern Reihen nie
Elemente gegeben, die instinktiv gegebene Gelegen-
heiten benutzten. Wo so ungeheure Massen in Be-
wegung sind, da finden sich auch räudige Schafe.

Aber all dies tst nur die eine Seite des
Krieges, sein negatives Zerrbild, eine schreckliche
Fratze, die uns mit ihren dämonischen Augen
den freien Blick trüben will, die uns in thren
Bann schlägt, wenn wir uns nicht mit Kraft
und Energre freimachen. Stellen wir uns auf
eine lichtere Warte, nehmen wir eine schönere
 
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