Die Wacht i« Oste».
Brand aus, der in Kürze etwa 1 Dutzend
Häüser erfahte und vollständig einäscherte.
An den Löscharbeiten nahmen zahlreiche
Militärpersonen besonderen Anteil.
Gllte Ausfichtkll.
Unter dem Einfluh unserer guten Ernte-
auSfichten fteigcrt fich unsere militärische,
volkswirtschaftliche und finanzielle Ueber-
legenheit über unsere Gegner. Das Gebiet,
das uns in diesem Jahr die Nahrungs-
mittel liefert, ist dank unserer militärischen
Erfolge weit größer als im vorigen Jahr.
Und datz nirgends ein Fleckchen Erde un-
genutzt bleibt, dafür sorgt eine selbst von
unseren Feinden anerkannte, glänzende Or-
ganisation. Die Armee der Daheim-
gebliebenen ist in jeder Hinficht geschult
und allen Anforderungen gewachsen; hinzu
tritt bie Arbeilskraft der großen Zahl der
Gefangenen. Deutschland wird also sicher
imstande sein, den Bedarf an Nahrungs-
stoffen für scine Bevölkerung und an
Futtermitteln sür sein Vieh zu erzeugen.
Besonders bedeutsam ist, datz wir ge-
rade auch in der Aufbringung der Futter-
mittel für das Vieh vorwärtsgekommen
find. Bekanntlich war unsere Landwirt-
schaft infolge des intenfiveren Wirtschafts-
betriebes der letzten Jahrzehnte im Bezug
von Kraflfuttermitteln vom Auslande ab-
hängig geworden. Dadurch entstanden,
namentlich während des letzten Winters,
alle möglichen Schwierigkeitrn, die auch
auf die Erhaltung unseres Viehbestandes
und die Hervorbringung der Molkerei-
erzeugniffe zurückwirken mußten. Jetzt hat
fich aber der Horizont erhellt. Einmal
beginnt die Weidezeit. Sodann werden
die tn der Not der Zeit gemachten Er-
fahrungen den Anbau von Futtermitteln
wie die Verwertung der Abfallstoffe fördern.
Besonders erwähuenswert ist in dieser Hin-
ficht etne stärkere Ausnützung unserer Forsten,
die durch einen kürzlich ergangenen Erlaß
des preußischen Landwirtschaftsministers
ermöglicht worden ist. Danach werden
Forsten und Hetden, auch solche in pri-
vatem Befitz, nach besonderen Anordnungen
und Bedingungen ohne entscheidende Rück-
fichtnahme auf etwa entgegenstehende forst-
wirtschaftliche oder finanzielle Jntercffen
der Nutzung für Gewinnung von Futter
und Streu, sowie zur Weide von Rindvieh
und Schweinen zur Verfügung gestellt.
Jn absehbarer Zeit werden endlich Kalk-
stickstoff und Ammoniak für die Düngung
verfügbar. Somit kann man ficher darauf
rechnen, daß unsere Nahrungswirtschast auf
eigenen Fuß kommen wird.
Eine gute Ernte wird unserem Wirt-
schaftsleben einen beschleunigten Pulsschlag
bringen. DaS Geld wird schneller rollen.
Das gesamte Wirschastsleben Deutschlands
wird ueue Kraft schöpfen für weitere wirt-
schaftliche und damit auch finanzielle und
mllttärffche Leistungen.
Dte volkswirtschastlichen Kräfte unserer
Feinde nehmen dagegen ab. Sie verfallen
trotz aller Anstrengungen in immer größere
wirtschastliche und finanzielle Abhängigkett
vom Auslanbe. Dte Transporffchwierig-
keiten und der Frachtenraummangel ver«
schlingen Milliarden, dte dem „sreien
Meere" geopfert werden und die im Verein
mtt den birekten Lieferungen vom Aus-
lande einen dauernden Aderlaß gleichen,
dem die geschwächte Wirffchaftskraft der
feindlichen Bevölkerung stettg ausgesetzt ist.
Jhrer Volkswirtschaft strömen keine neuen
Kräste aus der Kriegswirffchast zu. Die
noch vorhandenen strömen in immer stär-
kerem Umfange ab. Dte Wage der Kräste
und damit deS SiegeS neigt fich immer
mehr auf die Seite Deutschlands.
Die Pariser Wirlschaftskollserellz.
(Schluß.>
Am wenigsten aber könnten die leiten-
den StaatSmänner Englands wüuschen,
fich i» Paris bei Auseinandersetzungen mk
den japanischen Abgesandten von Veriretern
ber eigenen Kolonien in die Karten blicken
zu laffen. Japan sucht seit Jahren auf
dem Umwege über London mtt Australien
und Kanada ein Handelsabkommen zu er-
langen, das ihm diesclben Vorteile etnräuwt,
die England anderen Verbündeten einzu-
räumen bereit tst. Australien wie Kanada
aber wehrcn fich mit aller Gewalt
gegen dte Einwanderung von Japanern
wie Afiaten überhaupt, zugleich auch gegen
deren Waren, soweit ste der heimischen
Arbeit gefährlich werden können. Unter
Umständen wäre es den Londoner Macht-
habern wohl zuzutrauen, daß fie die Kolo-
nien in Hinficht auf die künfttgen Be-
ziehungen Japans zu den Ländern des
brittschen Weltreiches vor vollendete Tat-
sachen zu stellen suchten, wenn ihnen die
Vertreter der Kolonien nicht scharf auf die
Finger paffen. Auf diese Weise erklären
fich die heftigen Kämpfe, die die Freunde
bes australischen Premterministers Hughes
in der Londoner Presse ausfechlen mußten,
bevor es ihnen gelang, Asquith zu nöttgen,
seine Zustimmung zu deffen Beteiligung an
den wirtschaftspolitischen Beratunpen in
Paris zu geben, und diese Schwierigkeiten
mögen die Veranlassung gewesen sein, wes-
halb fich Kanada von der Londoner Re-
gierung ausdrücklich schriftlich bestättgen
ließ, daß fie in Paris keinerlei feste wirt-
schaftspolittsche Abmachungen mit den ver-
bündeten MSchten treffen werde, ohne fich
vorher mit Kanada ins Einvernchmen ge-
setzt zu haben. Man erfieht aus dtesen Vor-
gän»en, wie sehr fich während des Krieges
das Selbstbewußtsein der Kolonien inner-
halb des britischen Weltreiches gehoben hat.
Die neue Parffer Konferenz soll, wie
der Vorfitzende Chaumct in seiner Ansprache
an die Abgesandten der verbündeten MSchte
hervorhob, „Zeugnis ablegen für die wirt-
schaftliche Geschloffenheit der Alltterten
gegenüber Deutschland". Aber wie wenig
die Konfereuz imstande ist, das zu halten,
was dtc englische Preffe fich ursprünglich
davon versprechen zu dürfen vorgab, be-
wiesen die Worte, die Prüfident Poincare ben
Teilnehmern bei einem Empfang im Elhsee
widmete: Die Zusammenkünfte, gestand er,
seien nur dazu besttmmt, Fragen desHandels»
rechtS zu prüfen, thre Lösunaen aufzusucheu,
aber nicht Enffchlüffe zu faffen: fie trügen
keinen amtlichen Charakter und sollten
weder in die Unabhängigkett der Parla-
mente noch dte Verantwortlichkett der
Regterungen etngreifen. GSbe es in den
Ländern des Vierverbandes eiuen ernst-
haften Willen zu einer einhettlichen Wirt-
schaftspolitik nach dem Kriege, so wäre es
auch möglich gewesen, eine Wirffchasts-
konferenz zustande zu bringen, bie wenig-
stens in bestimmten Grenzen btndenbe ge-
meinsame Beschlüffe faffen könnte. Da es
fich um nichts anderes mehr handeln soll,
als um einen Debattterklub, wird wohl
der „Avantt" recht behalten, der voraus-
sagt, die Pariser Handelskonferenz werde
ihre Wirffamkett in „zahllosen Frühstücken
und Banketten" erschöpfen und mtt etnem
„großen Fiasko" enden.
Ellglailds Zeitgewim.
(Schluß.)
„Zeitverlust" nennt Clemenceau die par-
lamentarische Komödie, die immer wieder
neue Vorwände findet, um den Dtenstzwang
hinauszuschieben. „Zettgewinn" ist daS
Hauptstreben der Asqusth uud Genoffen,
dahin kennzeichnen fich auch die neuesteu
Vorschläge tm Parlament. Noch war man
keinen Schritt weiter qegangen alS unter
dem Derbh'schen Werbesystem. Wie bereUS
in der Vergangenheit, wurde der freiwilliae«
Meldung än neuer Endtermin gesetzt. Er-
füllt fie nicht die Erwartungen. dann, ja
dann bestimmt, soll mtt Zwangsmaßregel»
vorgegangen werden. So ffchien es ge-
lungen, dem dtenstunwilligen englischen
Volke nochmals eine Gnadenfrist don einem
Moriat zu retten. Wahrscheinlicher, an-
nehmbarer für die Verbündeten sollte der
Aufschub dadurch gemacht werden, daß
etne beftimmte Zahl von Anwerbungen
festgesetzt wird, die bis zum 27. Mai er-
folgt sein müfsen, nämitch 50000, deneu
nach diesem Datum >5000 in der Woche
folgcn sollen. Nun ist auch diese Vorlage
zurückgezogen worden.
Herr Asquith weiß ganz genau, daß
soviele Dienstwillige fich nicht finden werden,
daß auch die Drohung mit dem Dienst-
zwang fie den Fahnen nicht zuführen wird.
Aber wie ein schlechter Schuldner hatte er
durch ein neues Zahlungsversprecben noch-.
mals eine Gnadenfrist von seinen Gläubigern
erwirkt, vach deren Ablauf der Bankerott
droht, wenn eine nochmalige allerletzte Ver-
längerung nicht gelingt. Denn in Wirk-
lichkeit kann und will Herr Asquith die
Dienstpflicht garnicht einführen. Täte er
es, die Arbeiterpartei, die er als Stütze
seiner Herrschaft braucht, ließe ihn tm Stich,
und mtt der radikalen Regierungsherrlichkett
innerhalb der Koalitton wäre es vorbei.
Retzvoll ist es, daß man die neueste
Dienstpflichtskomödie gerade während der
entscheidenden KSmpfe um Verdun aufzu-
führen wagte. Nach Clemenceaus Worten
liegen Frankreichs halbreife Knaben wie
seine grauen Fünfziger beretts teffweise
auf dem riefigen Letchenfeld, teils bllden
fie das letzte Bollwerk, daS der Feind nicht
einreißen bürfe, während England kühl
bleibe, weil es wenig leide. B. R.
Kaiser Wilhelm l. al» Sefa«geuer.
Daß kaiser Wilhelm I. emst regelrecht zum Se-
faugeueu gemacht wordeu war, ist weuig bekauut.
Freilich war er damalS uoch Priuz, uud die Sefangeu-
oahme geschah nicht im Lriege — souderu im Mauö-
ver. Ju deu Aufzeichnungeu ein-S ehemaligeu Sarde-
dukorpS heißt es darüber: ,Es war -m 3. August
1830, als wir zum Mauöver bei Srossen abgrrückt
wareu, und meio Oberst erklLrte, daß wir, ich uud
acht Kameradeu, uoch oicht s-ttelfest genog wtren, um
einen b-voriieheudeu Angriff mitzumacheu. Wir er-
hi-lten deu Besehl, eiue stille Waldecke aufzusucheu,
die vom GefechtSfelde gauz entlegen war. Ebeu hatteu
wir den Stoff uuserer Uuterhaltung so ziemlich v«r>
loren, und saßen, unsere Pferde zur Seite, io einer
grünen Talseakung, al» ich »ou weitem Uniformeu auf-
blitzeu sah. Wir lugteu scharf aus, uod ich erkmmte
zu meiner Ueberraschung die hohe uud allen bekanute
Gestalt des Prinzeu Wilhelm, der, a» jeder Seite
eine» Sdjutauten, direkt auf unser Lersteck zugespreugt
k-m. Priuz Wilhelm war drr Oberkommaudierend«
des f-indlicheu veeres, und eia kecker Sedauke suhr
mir durch den Kopf. Jch flüsterte meineu tkameradeu
eiuige Worte zu, und wie der Wiud waren wir allr
auf uusereu Pferden. Dea Pallasch in der Faust, er«
warteteu wir, verborgev durch hohes Gebüsch, die
argloS Heranspreugeudeu, und im Ru warea die über-
rascht Zurückfahrendeu umriagt. Meiae kategorische
Lufforderung, fich gef-ugea zu gebea, b-autw-rtete
der Priuz halb mit Lacheu, halb mit Entrüstuug uad
den Worteu: .Neusch, keuust du mich uicht?' — .Jch
keune uur deu foiudlicheu Geueral!" war meiue Aut-
wort, und wohl oder übel mußte meiuem Berlaugea
Folg« g-leistet werdeu. Jch wußte, daß Priaz Wilhelm
Brand aus, der in Kürze etwa 1 Dutzend
Häüser erfahte und vollständig einäscherte.
An den Löscharbeiten nahmen zahlreiche
Militärpersonen besonderen Anteil.
Gllte Ausfichtkll.
Unter dem Einfluh unserer guten Ernte-
auSfichten fteigcrt fich unsere militärische,
volkswirtschaftliche und finanzielle Ueber-
legenheit über unsere Gegner. Das Gebiet,
das uns in diesem Jahr die Nahrungs-
mittel liefert, ist dank unserer militärischen
Erfolge weit größer als im vorigen Jahr.
Und datz nirgends ein Fleckchen Erde un-
genutzt bleibt, dafür sorgt eine selbst von
unseren Feinden anerkannte, glänzende Or-
ganisation. Die Armee der Daheim-
gebliebenen ist in jeder Hinficht geschult
und allen Anforderungen gewachsen; hinzu
tritt bie Arbeilskraft der großen Zahl der
Gefangenen. Deutschland wird also sicher
imstande sein, den Bedarf an Nahrungs-
stoffen für scine Bevölkerung und an
Futtermitteln sür sein Vieh zu erzeugen.
Besonders bedeutsam ist, datz wir ge-
rade auch in der Aufbringung der Futter-
mittel für das Vieh vorwärtsgekommen
find. Bekanntlich war unsere Landwirt-
schaft infolge des intenfiveren Wirtschafts-
betriebes der letzten Jahrzehnte im Bezug
von Kraflfuttermitteln vom Auslande ab-
hängig geworden. Dadurch entstanden,
namentlich während des letzten Winters,
alle möglichen Schwierigkeitrn, die auch
auf die Erhaltung unseres Viehbestandes
und die Hervorbringung der Molkerei-
erzeugniffe zurückwirken mußten. Jetzt hat
fich aber der Horizont erhellt. Einmal
beginnt die Weidezeit. Sodann werden
die tn der Not der Zeit gemachten Er-
fahrungen den Anbau von Futtermitteln
wie die Verwertung der Abfallstoffe fördern.
Besonders erwähuenswert ist in dieser Hin-
ficht etne stärkere Ausnützung unserer Forsten,
die durch einen kürzlich ergangenen Erlaß
des preußischen Landwirtschaftsministers
ermöglicht worden ist. Danach werden
Forsten und Hetden, auch solche in pri-
vatem Befitz, nach besonderen Anordnungen
und Bedingungen ohne entscheidende Rück-
fichtnahme auf etwa entgegenstehende forst-
wirtschaftliche oder finanzielle Jntercffen
der Nutzung für Gewinnung von Futter
und Streu, sowie zur Weide von Rindvieh
und Schweinen zur Verfügung gestellt.
Jn absehbarer Zeit werden endlich Kalk-
stickstoff und Ammoniak für die Düngung
verfügbar. Somit kann man ficher darauf
rechnen, daß unsere Nahrungswirtschast auf
eigenen Fuß kommen wird.
Eine gute Ernte wird unserem Wirt-
schaftsleben einen beschleunigten Pulsschlag
bringen. DaS Geld wird schneller rollen.
Das gesamte Wirschastsleben Deutschlands
wird ueue Kraft schöpfen für weitere wirt-
schaftliche und damit auch finanzielle und
mllttärffche Leistungen.
Dte volkswirtschastlichen Kräfte unserer
Feinde nehmen dagegen ab. Sie verfallen
trotz aller Anstrengungen in immer größere
wirtschastliche und finanzielle Abhängigkett
vom Auslanbe. Dte Transporffchwierig-
keiten und der Frachtenraummangel ver«
schlingen Milliarden, dte dem „sreien
Meere" geopfert werden und die im Verein
mtt den birekten Lieferungen vom Aus-
lande einen dauernden Aderlaß gleichen,
dem die geschwächte Wirffchaftskraft der
feindlichen Bevölkerung stettg ausgesetzt ist.
Jhrer Volkswirtschaft strömen keine neuen
Kräste aus der Kriegswirffchast zu. Die
noch vorhandenen strömen in immer stär-
kerem Umfange ab. Dte Wage der Kräste
und damit deS SiegeS neigt fich immer
mehr auf die Seite Deutschlands.
Die Pariser Wirlschaftskollserellz.
(Schluß.>
Am wenigsten aber könnten die leiten-
den StaatSmänner Englands wüuschen,
fich i» Paris bei Auseinandersetzungen mk
den japanischen Abgesandten von Veriretern
ber eigenen Kolonien in die Karten blicken
zu laffen. Japan sucht seit Jahren auf
dem Umwege über London mtt Australien
und Kanada ein Handelsabkommen zu er-
langen, das ihm diesclben Vorteile etnräuwt,
die England anderen Verbündeten einzu-
räumen bereit tst. Australien wie Kanada
aber wehrcn fich mit aller Gewalt
gegen dte Einwanderung von Japanern
wie Afiaten überhaupt, zugleich auch gegen
deren Waren, soweit ste der heimischen
Arbeit gefährlich werden können. Unter
Umständen wäre es den Londoner Macht-
habern wohl zuzutrauen, daß fie die Kolo-
nien in Hinficht auf die künfttgen Be-
ziehungen Japans zu den Ländern des
brittschen Weltreiches vor vollendete Tat-
sachen zu stellen suchten, wenn ihnen die
Vertreter der Kolonien nicht scharf auf die
Finger paffen. Auf diese Weise erklären
fich die heftigen Kämpfe, die die Freunde
bes australischen Premterministers Hughes
in der Londoner Presse ausfechlen mußten,
bevor es ihnen gelang, Asquith zu nöttgen,
seine Zustimmung zu deffen Beteiligung an
den wirtschaftspolitischen Beratunpen in
Paris zu geben, und diese Schwierigkeiten
mögen die Veranlassung gewesen sein, wes-
halb fich Kanada von der Londoner Re-
gierung ausdrücklich schriftlich bestättgen
ließ, daß fie in Paris keinerlei feste wirt-
schaftspolittsche Abmachungen mit den ver-
bündeten MSchten treffen werde, ohne fich
vorher mit Kanada ins Einvernchmen ge-
setzt zu haben. Man erfieht aus dtesen Vor-
gän»en, wie sehr fich während des Krieges
das Selbstbewußtsein der Kolonien inner-
halb des britischen Weltreiches gehoben hat.
Die neue Parffer Konferenz soll, wie
der Vorfitzende Chaumct in seiner Ansprache
an die Abgesandten der verbündeten MSchte
hervorhob, „Zeugnis ablegen für die wirt-
schaftliche Geschloffenheit der Alltterten
gegenüber Deutschland". Aber wie wenig
die Konfereuz imstande ist, das zu halten,
was dtc englische Preffe fich ursprünglich
davon versprechen zu dürfen vorgab, be-
wiesen die Worte, die Prüfident Poincare ben
Teilnehmern bei einem Empfang im Elhsee
widmete: Die Zusammenkünfte, gestand er,
seien nur dazu besttmmt, Fragen desHandels»
rechtS zu prüfen, thre Lösunaen aufzusucheu,
aber nicht Enffchlüffe zu faffen: fie trügen
keinen amtlichen Charakter und sollten
weder in die Unabhängigkett der Parla-
mente noch dte Verantwortlichkett der
Regterungen etngreifen. GSbe es in den
Ländern des Vierverbandes eiuen ernst-
haften Willen zu einer einhettlichen Wirt-
schaftspolitik nach dem Kriege, so wäre es
auch möglich gewesen, eine Wirffchasts-
konferenz zustande zu bringen, bie wenig-
stens in bestimmten Grenzen btndenbe ge-
meinsame Beschlüffe faffen könnte. Da es
fich um nichts anderes mehr handeln soll,
als um einen Debattterklub, wird wohl
der „Avantt" recht behalten, der voraus-
sagt, die Pariser Handelskonferenz werde
ihre Wirffamkett in „zahllosen Frühstücken
und Banketten" erschöpfen und mtt etnem
„großen Fiasko" enden.
Ellglailds Zeitgewim.
(Schluß.)
„Zeitverlust" nennt Clemenceau die par-
lamentarische Komödie, die immer wieder
neue Vorwände findet, um den Dtenstzwang
hinauszuschieben. „Zettgewinn" ist daS
Hauptstreben der Asqusth uud Genoffen,
dahin kennzeichnen fich auch die neuesteu
Vorschläge tm Parlament. Noch war man
keinen Schritt weiter qegangen alS unter
dem Derbh'schen Werbesystem. Wie bereUS
in der Vergangenheit, wurde der freiwilliae«
Meldung än neuer Endtermin gesetzt. Er-
füllt fie nicht die Erwartungen. dann, ja
dann bestimmt, soll mtt Zwangsmaßregel»
vorgegangen werden. So ffchien es ge-
lungen, dem dtenstunwilligen englischen
Volke nochmals eine Gnadenfrist don einem
Moriat zu retten. Wahrscheinlicher, an-
nehmbarer für die Verbündeten sollte der
Aufschub dadurch gemacht werden, daß
etne beftimmte Zahl von Anwerbungen
festgesetzt wird, die bis zum 27. Mai er-
folgt sein müfsen, nämitch 50000, deneu
nach diesem Datum >5000 in der Woche
folgcn sollen. Nun ist auch diese Vorlage
zurückgezogen worden.
Herr Asquith weiß ganz genau, daß
soviele Dienstwillige fich nicht finden werden,
daß auch die Drohung mit dem Dienst-
zwang fie den Fahnen nicht zuführen wird.
Aber wie ein schlechter Schuldner hatte er
durch ein neues Zahlungsversprecben noch-.
mals eine Gnadenfrist von seinen Gläubigern
erwirkt, vach deren Ablauf der Bankerott
droht, wenn eine nochmalige allerletzte Ver-
längerung nicht gelingt. Denn in Wirk-
lichkeit kann und will Herr Asquith die
Dienstpflicht garnicht einführen. Täte er
es, die Arbeiterpartei, die er als Stütze
seiner Herrschaft braucht, ließe ihn tm Stich,
und mtt der radikalen Regierungsherrlichkett
innerhalb der Koalitton wäre es vorbei.
Retzvoll ist es, daß man die neueste
Dienstpflichtskomödie gerade während der
entscheidenden KSmpfe um Verdun aufzu-
führen wagte. Nach Clemenceaus Worten
liegen Frankreichs halbreife Knaben wie
seine grauen Fünfziger beretts teffweise
auf dem riefigen Letchenfeld, teils bllden
fie das letzte Bollwerk, daS der Feind nicht
einreißen bürfe, während England kühl
bleibe, weil es wenig leide. B. R.
Kaiser Wilhelm l. al» Sefa«geuer.
Daß kaiser Wilhelm I. emst regelrecht zum Se-
faugeueu gemacht wordeu war, ist weuig bekauut.
Freilich war er damalS uoch Priuz, uud die Sefangeu-
oahme geschah nicht im Lriege — souderu im Mauö-
ver. Ju deu Aufzeichnungeu ein-S ehemaligeu Sarde-
dukorpS heißt es darüber: ,Es war -m 3. August
1830, als wir zum Mauöver bei Srossen abgrrückt
wareu, und meio Oberst erklLrte, daß wir, ich uud
acht Kameradeu, uoch oicht s-ttelfest genog wtren, um
einen b-voriieheudeu Angriff mitzumacheu. Wir er-
hi-lten deu Besehl, eiue stille Waldecke aufzusucheu,
die vom GefechtSfelde gauz entlegen war. Ebeu hatteu
wir den Stoff uuserer Uuterhaltung so ziemlich v«r>
loren, und saßen, unsere Pferde zur Seite, io einer
grünen Talseakung, al» ich »ou weitem Uniformeu auf-
blitzeu sah. Wir lugteu scharf aus, uod ich erkmmte
zu meiner Ueberraschung die hohe uud allen bekanute
Gestalt des Prinzeu Wilhelm, der, a» jeder Seite
eine» Sdjutauten, direkt auf unser Lersteck zugespreugt
k-m. Priuz Wilhelm war drr Oberkommaudierend«
des f-indlicheu veeres, und eia kecker Sedauke suhr
mir durch den Kopf. Jch flüsterte meineu tkameradeu
eiuige Worte zu, und wie der Wiud waren wir allr
auf uusereu Pferden. Dea Pallasch in der Faust, er«
warteteu wir, verborgev durch hohes Gebüsch, die
argloS Heranspreugeudeu, und im Ru warea die über-
rascht Zurückfahrendeu umriagt. Meiae kategorische
Lufforderung, fich gef-ugea zu gebea, b-autw-rtete
der Priuz halb mit Lacheu, halb mit Entrüstuug uad
den Worteu: .Neusch, keuust du mich uicht?' — .Jch
keune uur deu foiudlicheu Geueral!" war meiue Aut-
wort, und wohl oder übel mußte meiuem Berlaugea
Folg« g-leistet werdeu. Jch wußte, daß Priaz Wilhelm