Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Wacht im Osten: Feldzeitung der Armee-Abteilung Scheffer — 1916 (Januar - Dezember)

DOI Heft:
(Nr. 367-397, Dezember 1916)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2910#1786
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Wacht »m Osten

FranzSfische Landarbeiter.

Berlin, 27.11. wtb. Von den aus nordftanz.
Städten aufs Land verpflanzten Personen
wurden in die Heimat zurückbefördert 1. bis
zum 1. 8.: 1993 Arbeitsunfähige oder be-
sonders hart Vetroffene, 2. vom 1.10.—15.11.:
6671, deren Arbeit entbehrlich wurde. Die
Fortsetzung der Rücksendungen bis zu ihrer
Erledigung zum Jahresschlutz ist befohlen
aemätz den Zusagen, die den Verpflanzten
seinerzeit gegeben waren.

Einarmer in die Landwirtschaft.

Von Fritz Eeorg Zwand, Leiter einer Ein-
arnischule.

Das Problem der Einarmfiirsorge ist eins der
schwersten in der Kriegsbeschädigten-Fürsorge. Und
doch ist uns dessen Lösung in 27monatiger Arbeit
gelungen. In unseren Einarmschulen und -häusern
werden die Einarmer zu lebensfreudigen und lebens-
mutigen Männern herangebildet, die auch mit einem
Arme ihren Posten im Erwerbsleben aussiillen
sollen.

Ein Berufswechsel ist meistensteils dank der stetig
fortschreitenden Technik in der Konstruktion des
Brmersatzes nicht mehr notwendig. Unsere Ein-
armer drängen sich gern zu den leichten Stellen im
Lisenbahn- und Postbetrieb oder wollen in kauf-
männischen Betrieben als Schreiber untergebracht
werden.

Von Setten der Berufsberater mutz darauf hin-
gewirkt werden, datz, soweit Anlage und Lust vor-
banden sind, Einarmer sich auch der Landwirtschaft
zuwenden. Mit Hilfe der von der Militärbehörde
gelieferten „Arbeitsllaffe" können beinahe sämtliche
landwirtschastliche Arbeiten bei einigem llben ver-
richtet werden.

Zn Süddeutschland werden mtt grotzem Erfolg
Einarmer in der Landwirtschaft verwandt. Auch

Spezialkurse für Einarmer, die sich der Landwirt-
schaft widmen wollen, finden statt z. B. in Lands-
berg am Lech in Oberbayern. Im elsatz-lothring-
schen Krüppelheim, dem Stephanienheim, arbeiten
eine Reihe Einarmer in der Landwirtschast mtt
u»d fühlen sich ganz wohl dabei. FLr den Kriegs-
verletzten Einarmer ist stete Bewegung in fteier
Lust und tüchtige Arbett mit dem ihm bleibenden
Arm gesundheitlich weit zuträglicher, als der Aufent-
halt in der Erotzstadt.

Sind Einarmer verheiratet und hilst die Frau
in der Landwirtschaft mit, so ist sogar die Mög-
lichkett gegeben, sich mit der Zett einen kleinen
landwirtschastlichen Betrieb zu erwerben. Der
Staat hilst durch das „Kapttalabfindungsgesetz"
gerne mit.

Die Landwirtschast hat in der kommenden Friedens-
zett grotze Aufgaben, darum hat fie auch dringend
Arbeitskräste nötig und kann sogar Einarmer, wie
tagtäglich die Erfahrung lehrt, nutzbringend ver-
wenden.

Die beidcn Erbringe.

Rovelette von E. Heerdegen.

(Nachdruck verboten.)

Die Eoldsammelstelle hatte ihre Pforten geöffnet.
Es galt, dem bedrängten Vaterland entbehrlichen
Eoldschmuck zuzusühren, um die Reichsfinanzen auf
sichere Erundlage zu stellen, wenn der Kredit in
erhöhtem Matze in Anspruch genommen wurde.
Wer irgend konnte, fand sich an der Sammelstelle
ein. Frauen, vielKrauen, junge mü rotenWangen
und leuchtendem Blondhaar, alte im Schmuck der
weitzen Haare, Männer, deren Iugendkraft erlahmt
war und die wenigstens auf diese Art zum Sieg
Alldeutschlands beitragen wollten. Dicke goldene
Ketten, Armbänder, Broschen und Ringe wurden
dargebracht, viel geschmacklose Dutzendware, aber
auch schöne wettvolle Stücke kiinstlettschen Gepräges.

Auch ein junges Mädchen sand sich ein, in schlich-
ter Kleidung, das aus großen grauen Augen wie

verwundett in die Welt hineinguckte und fast schüch-
tern an den Tisch herantrat, als die Reihe an fie
gekommen war. Zögernd entwickelte sie aus weitzem
Flietzpapier einen dicken, altertümlichen Ring mtt
grotzer wappengezietter Platte. Man sah auf
den ersten Vlick: ein altes Erbstiick war es, das
den Weg in die grotze Schmelze nehmen sollte.
Der Beamte mustette den Ring priifend und brachte
ihn näher an die Augen.

„Hm, mein Fräulein, den wollen Sie verkaufen?
Jst doch wohl eine Familienerinnerung!"

Errötend bejahte das Mädchen. „Allerdings —
eine Ettnnerung — Mutter hatte ihn verwahtt.
Als sie vor einem Jahre starb, fand ich ihn unter
ihren Sachen."

Die seelenoollen Augen feuchteten sich und ein
Seufzer entrang sich den roten Lippen.

„Nun ist Mutter tot. Jch weitz nicht, welcher
Att die Erinnerung ist, die sich fllr sie an den
Ring knüpste. Doch ich glaube, ich darf den Ring
hier opfern — in Mutters Sinn."

„Nun gut," meinte der Beamte, „wir werden
das Stück abschätzen und Jhnen den Eoldwert
ausbezahlen."

Wieder überflog eine zatte Röte das Antlitz der
Spenderin; nein, auf das Eeld wolle fie oerzichten,
es solle dem Roten Kreuz zukominen.

Mit fast väterlichem Wohlwollen nickte der akte
Eraubatt dem jungen Mädchen zu. „Eewitz, sehr
geme, wenn Sie es so wünschen — dann im Namen
des Roten Kreuzes den allerherzlichsten Dankl"

Der Name des Mädchens wurde notiett . . .
Dann kamen andere Leute an die Reihe, die ihr
Eold dem Vaterland gaben . . .

Als die Empfangsstunden zu Ende gegangen
waren, wurden die abgeliefetten Sachen nochmals
einer Priifung unterzogen. Es war doch möglich,
datz dieses oder jenes Eeschmeide zu schade war,
um eingeschmolzen zu werden. KLnstlettsch ge-
arbettete oder anttke Stiicke sollten nach Tunlichkeit
vor diesem Schicksal bewahtt bleiben.

(Fortsetzung folgt.)

Ernst und Scherz.

Lebensroeisheit.

Verwende du zum Frommen
Dir selbst und allen Frommen
Das Eut, das zugekommen
Von Eott dir zum Eebrauch.

Sei aller Schwachen Steuer "

Und aller Armen Scheuer
Und aller Kalten Feuer
Und aller Durst'gen Schlauch.

Eei gegen EUt'ge gütig,

Nicht gegen WLt'ge wllttg,
llnd wiege Lbermütig
Jm Elücke nicht dein Haupt!

Fr. Rückett (1788—1866).

Nraj«bi«terfch.

Sett einiger Zeit erscheint in den Lebensmtttel-
handlungen und auf den Tafeln der Easthäuser ein
neues Eeflügel unter dem Namen: „Junge Saat-
vögel". Der Kenner weitz, datz es sich um Krähen
handelt. Was schadet das? Wer fie einmal ge-
geffen hat, kaust sie das nächstemal wieder, denn
«r hat gefunden, datz ste sehr gut schmecken und datz
fle nahrhast und bekömmlich sind, und das ist doch
jedensalls die Hauptsache dabei. Man hat fie
schätzen gelernt. Jhr Fleisch ähnelt im Eeschmack
dem von jungen Hiihnern. Mancher hat sie wohl
auch schon vorher gegeffen und hat es nicht gewutzt.
Ebenso wie die Kräheneier jederzeit sür Kiebitzeier
genommen werden können und genommen worden
find.

Dem Bewohner Ostpreutzens und namentlich dem
Bewohner der kurischen Nehrung ist die Krähe ein
wohlbekanntes Eericht, dem Nehrunger Fischer lie-
fttt sie den vielbegehtten Wintervorrat an Fleisch
und ist für ihn eine der Notwendigkeiten der Nah-
rungsversorgung. Wer Kattoffeln im Keller hat,
und wer ein oder zwei Fatz Krähen eingepökelt
stehen hat, der kann beruhigt dem Winter entgegen-
sehen, auch wenn der Fischsang während des Frostes
sollte eingestellt werden müffen. Die Nehrunger
laffen sich auch das Spottwort nicht anfechten, das
man im übrigen Ostpreutzen aus sie geprägt hat
und das da lautet „Krajebieter" und im Plural
„Krajebietersch", und das aus hochdeutsch bedeutet:
Krähenbeitzer. Sie sind glücklich bei ihrem Krähen-
braten und erachten ihn als etwas Feines. Und
seit ich ihn dott mitgegeffen habe, kann ich das
voll verstehen und sreue mich, datz der Krieg die
Erkenntnis von der Etzbarkeit der Krähe in weitere
Kreise trägt. - F. Str.

MorgenlSndisch« Welshett.

Ungeduld in Trübsal

ist des Unglücks Vollendung.

Kalis Ali (s- 660).

Das Strandschloh.

Am schönen Beresinastrand
Da bauten wir den Unterstand: ^

Wft schufen ihn mit MLHe fast
Zu einem flirstlichen Palast.

Und sinkt die Sonne gülden nieder,
Erklingen heitre deutsche Lieder,

Die kommen aus dem Unterstand
Am schönen Beresinastrand.

Der Mond geht auf — da schlägt's Alarm:
Schon naht der Ruff' in dichtem Schwarm,
Und in die klare, sttsche Nacht
Am Drahtverhau die Salve kracht.

Das tät den Ruffen Leute kosten,

Denn allzeit sind ste auf dem Posten,

Die Schützen aus dem Unterstand
Am schönen Beresinastrai i.

Und wieder ist es stille Nacht,

Die Posten halten treue Wacht,

Der Russ' floh mtt zerschundner Haut
llnd wieder werden Töne laut.

Kein Krachen ist's und keine Lieder,

Vom Schnarchen dröhnt der Waldrand wieder,
Das dttngt wohl aus dem Unterstand
Am schönen Berestnastrand.

L. W. Fontaine.

So liederttch.

Kutscher: „Aber gnädiger Herr, so a schlechtes
Zeugnis hab ich doch nicht oerdient!"

Herr: „Wieso? Jch hätte Zhnen kem befferes
ausstellen können!"

Kutscher: „Ja, da steht aber doch: solid, ehrlich!"

Ein Ereigni».

Witt (zum Fremden): „Sie erlauben schon, datz
ich auf den Tisch steige, wenn ich Jhren Eham-
pagner aufmach' — so was sieht's Städtle gar so
selten!" . ——

Di« nengi«rig« Hansfra«.

Bummel: „Meine Hauswittin ist eine gute, brave
Frau. Aber einen Fehler hat sie. Schrecklich neu-
giettg ist sie. Sie will immer wiffen, wann ich ihr
den rückständigen Zins zahle!"

D«r kl«i«e L«ipziger.

Hänschen: „Du, Mutter, gibt's heite Allerlee?"

Mutter: „Ree, mei Sehnchen, heite gibt's nur
Zweerlee: Bohnen und Schepsenfleesch!"

Hänschen: „Zs mer ooch eenerlee!"

Znftiinmnng.

Köchin (zur Enädigen): „Schrecklich, fchrecklich,
alles, alles ist nun schon im Felde!"

Gnädige: „Ia, da haben Sie recht, ich glaube,
das Stiick Salami und das Stiick Schinken, welche
ich noch in der Speisekammer hatte, dft scheinen
auch schon ins Feld geraten zu sein!"

Ei. «r.

Herr Müller, der sein Töchterchen im Pensionat
besucht, unterhält sich bald nach der Ankunst ein
wenig mit dem Direktor.

„Zch gratuliere Jhnen, Herr Miiller, datz Sie
Vater einer so zahlreichen und anscheinend mtt so
^roher Zärtlichkeit einander zugetanen Kinderschar

„Zahlreicher Kinderschar?" fragte Herr Müller
erstaunt.

„Za, bis jetzt sind doch nicht weniger als sieben
von Annchens Brüdern zu Besuch hier gewesen,
und den jiingsten erwattet sie, wie sie mir sagte,
nächste Woche!" _

Z«rftr«nt.

Der Herr Proftffor hat einen Bleistist in der
Hand und nottert etwas.

„Was schreiben Sie da?" ftagt ihn ein Bekannter.

-„Ach, ich suche m allen Taschen vergeblich nach
einem Bleistift. Da notiere ich mir blotz, datz ich
mk einen kaufen mutz!" Lust. Ees.

Rätsel.

(Auflösungen in der nächsten Nummer.)

Wenn ich je die Letzte möchte,
Mützte sie das Erste ftin,

Und das Eanze obendrein:

Denn sonst wär' es nicht die Rechte.

Den Reiter schiitzt, den Reiter zistt,
Wodurch das Rotz den Wett verliett.

Scherzfrage.

Welches ist der Unterschied zwischen einer Fenster-
scheibe und einem Briesträger? L. Erich Reinert.

Streichholzaufgabe.

Aus Streichhölzern sind 4 Quadrate
gebildet worden, wie nebenstehende
«igur zeigt. Wie laffen sich, ohnc
dieselben zu verändern, durch Hinzu-
fügung von 4 Streichhölzern 4 neue
Quadrate schaffen?

nng orr «ar>«l in Nr. 366:

Flutz und Fisch. — Morgenröte. — Der Bettel-
stab. — Die Summe betrug 100 Dt.: der Fleischer
erhielt 60 M.. der BLcker W M. " ^
 
Annotationen