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7. Skulpturenausstattung

7.1 Forschungsstand und Problematik

Während der Ausgrabung des Nymphaeum Traiani standen die Skulpturenfunde im Vordergrund, wobei - anders als im Falle der
Architekturglieder - den Fundorten erfreulicherweise eine gewisse Aufmerksamkeit gewidmet wurde (Taf. 123) 461. Nach einer ersten
Vorstellung im Grabungsbericht wurden sie zum Teil in Studien zu Skulptur aus Ephesos vorgelegt bzw. befinden sich in Vorbereitung462. Im
Folgenden wird der aktuelle Forschungsstand in Katalogform zusammengefaßt, um im Anschluß daran den Aufstellungsorten und der damit
verknüpften Frage der Statuenausstattung nachgehen zu können463; eine ausführliche Darstellung vor allem der nicht zum Originalbestand
gehörenden Skulpturen bleibt den nach Gattungen gegliederten Untersuchungen im Rahmen der „Forschungen in Ephesos“ vorbehalten.
Die hier vorgelegte Analyse konzentriert sich auf Programm und Aufstellungsorte. Aus den stilistischen Datierungen der Stücke ergibt sich
eine Primärausstattung mit jenen Funden, die auf Grund ihres Themas und ihrer zeitlichen Einordnung bereits der Bauzeit des Brunnens
angehören dürften. Zu einem späteren Zeitpunkt kamen andere Objekte hinzu464 - Überlegungen zur Datierung dienen in erster Linie der
Trennung dieser beiden Gruppen.
In der Vergangenheit wurden einzelne Statuen mehrfach mit Verweis auf den Fundort als „traianisch“ angesprochen. Um die Gefahr eines
Zirkelschlusses möglichst zu umgehen, sind bei einer Bewertung der Zugehörigkeit zum ursprünglichen Ausstattungsprogramm deshalb
stilistische und außerstilistische Kriterien zur zeitlichen Einordnung heranzuziehen, zumal gerade die jüngsten Arbeiten von J. Auinger
und E. Rathmayr zur Ausstattung von öffentlichen Gebäuden in Ephesos gezeigt haben, daß in den meisten Fällen mit einer oder mehreren
späteren Änderungen der Skulpturenprogramme gerechnet werden muß465.
Die Gliederung des Katalogs basiert bereits auf den Ergebnissen der chronologischen Einordnung der Statuen, weshalb der entsprechende
Abschnitt in den einzelnen Einträgen der Beschreibung vorangestellt ist. Gemeinsam mit dieser Unterteilung in Primärausstattung und
später hinzugekommene Stücke werden die Statuenbasen und die Spuren am Bauwerk dazu herangezogen, die Aufstellungsorte und das
ursprüngliche Konzept zu rekonstruieren466.
Um die Orientierung im Katalogteil zu erleichtern, seien die wesentlichen Ergebnisse bereits zu Beginn zusammengefaßt: Die Skulplturenfunde
aus dem Bereich des Nymphaeum Traiani lassen sich in drei Gruppen unterteilen. Bei der ersten handelt es sich um jene Statuen, die der
Bauzeit der Brunnenanlage zugeordnet werden können467. Dafür spricht nicht nur ihre jeweilige stilistische Datierung; aus technischen und
gestalterischen Details ergibt sich darüber hinaus ein Zusammenhang aller Skulpturen dieser Gruppe, der dafür spricht, daß es sich dabei um
die Bestandteile des ursprünglichen Statuenprogramms handelt. Davon zu trennen sind jene Funde, die zwar mit Sicherheit zum Zeitpunkt
der Zerstörung in der Tabernakelfassade aufgestellt waren, sich auf Grund ihrer zeitlichen Einordnung und auch sonst deutlich von der
ersten Gruppe unterscheiden. Daher sind sie offensichtlich nicht der ursprünglichen Ausstattung des Nymphaeum Traiani zuzuordnen468.
Von diesen beiden zu trennen ist eine dritte Gruppe, für die keine ausreichenden Fundortinformationen vorliegen, um einen Zusammenhang
mit der Fassadenarchitektur überhaupt nachweisen zu können469.
Den Statuen, die nachweislich im Brunnen aufgestellt waren, lassen sich zum Teil Basen zuweisen. Da jedoch nur für wenige davon ein
Fund- bzw. Aufstellungsort zu eruieren war, hält sich die daraus gewonnene Information für die Anbringungsorte der Statuen in Grenzen.

461 s. Kap. 2.1; vgl. auch die Ausgrabungsgeschichte der Kuretenstraße, Quatember,
Kuretenstraße, 271-278.
462 Bereits erschienen bzw. in Druck: Aurenhammer, Idealplastik I; Atalay, Gewand-
statuen. In Vorbereitung sind die Faszikel der FiE zu den männlichen Porträts und
der weiblichen Idealplastik sowie die geplante Druckfassung von Hanslmayr,
Hermen. Den Ergebnissen der anderen Bearbeiterinnen soll in diesem Rahmen nicht
vorgegriffen werden, zumal im Kontext mit der Tabemakelfassade eine Bewertung
des Ausstattungsprogramms und nicht eine kopienkritische Analyse im Vordergrund
steht. Zuletzt beschäftigte sich auch eine Diplomarbeit der Universität Graz mit der
Skulpturenausstattung der Anlage, vgl. Weissenstein er, Dionysos-Statuen.
463 Die Skulpturen sind als integraler Bestandteil der Fassadenarchitektur zu werten.
Darauf veiweisen auch die jüngsten Ergebnisse von Klar, scaenae frons, 162-183,
die die Entstehung dieser Architekturform eng mit der Präsentation von erbeuteten
Statuen im römischen Triumph verknüpft. Vgl. dazu auch Kap. 10.2.1.

464 Zur spätantiken Ausstattung von Nymphäen s. Auinger - Rathmayr, Ausstattung,
237-269.
465 Auinger - Rathmayr, Ausstattung, 237-269. Als Beispiel genannt werden kann
etwa der sog. Kaisersaal des Vedius-Gymnasiums, bei welchem Teile der originalen
Skulpturenausstattung in einer Planierschicht für einen opus sectile-Boden des ersten
Viertels des 5 Jh.s n. Chr. angetroffen wurden, vgl. Steskal- Ladstätter, Vorbericht
Vediusgymnasium, 242 f. Zum Grabungsbefund s. Steskal - La Torre, Vediusgym-
nasium, 86f. Diese Skulpturen werden von J. Auinger vorgelegt.
466 Einen ersten Versuch mit einer sehr freien Wiedergabe der Skulpturen unternahmen
Vandeput - Berns, Private Freigebigkeit, Abb. 55a.
467 s. Kap. 7.2.1.
468 s. Kap. 7.2.2. Zu einer gewissen Beliebigkeit der für die Neuausstattung gewählten
Inhalte vgl. Kap. 11.2.
469 s. Kap. 7.2.3.

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