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Pülz, Andrea M.; Bühler, Birgit; Melcher, Michael; Schreiner, Manfred; Schwarcz, David Zsolt; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Contr.]
Byzantinische Kleinfunde aus Ephesos: ausgewählte Artefakte aus Metall, Bein und Glas (Band 18,1: Textband): Textband — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51987#0304
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303

VI DIE MATERIELLEN HINTERLASSENSCHAFTEN ALS
SPIEGEL DER BYZANTINISCHEN GESELLSCHAFT (?)
Es gibt unterschiedliche Zugänge, materielle Kultur zu analysieren. Die vorliegende Studie
versucht sich der Thematik interdisziplinär anzunähern, um ihr eine möglichst umfassende Inter-
pretation angedeihen zu lassen. In Teil I wurden die Objekte hinsichtlich ihrer Form und Funk-
tion untersucht. Eine möglichst genaue typologische Einteilung in Objektgruppen1601 sollte zur
praktischen Funktion, eine stilistische Untersuchung anhand von Vergleichsbeispielen und der in
einigen Fällen vorhandene Fundkontext zu einer chronologischen Eingliederung führen. Parallel
dazu wurden auf naturwissenschaftlicher Basis die Zusammensetzung des Materials (Kap. II)
sowie die Herstellungstechnologie (Kap. Ill-V) analysiert, um eine möglichst vollständige Aus-
sage über die materiellen Eigenschaften eines Objekts zu erhalten. Dies beinhaltete Fragen u. a.
nach den Rohmaterialen und ihrer Herkunft, nach den unterschiedlichen Herstellungsprozessen
und in weiterer Folge nach Provenienz und Werkstätten.
Nach diesen formalen und herstellungstechnologischen Gesichtspunkten (typologische Ein-
ordnung hinsichtlich ihrer Form, Funktion, Ikonografie, Materialzusammensetzung, Herstellung,
Datierung) sollen die Artefakte nun als »materielle Ausprägungen der Kultur«1602 betrachtet wer-
den, mit dem Ziel, mögliche Aussagen zu Benutzern und Herstellern sowie zu deren Handlungs-
kontexten in kultureller, sozialer, historischer und wirtschaftlicher Hinsicht treffen zu können.
Ohne das sehr komplexe Thema der Identität an dieser Stelle vertiefen zu können, soll hier die
prinzipielle Frage, ob sich von materieller Kultur auf Identitäten schließen lässt und ob Spu-
ren von Selbstidentifikation in der materiellen Kultur nachgewiesen werden können, zumindest
angesprochen werden. In dieser Studie wird dies über einige ausgewählte Aspekte angestrebt
nämlich über 1. eine erste vorläufige Betrachtung der materiellen Kultur im archäologischen
Kontext, 2. typologische und stilistische Unterschiede und Veränderungen im Fundmaterial und
ihre Verbindung zu historischen Abläufen, 3. ausgewählte Objekte und Motive im Dienste der
byzantinischen Erinnerungskultur und schlussendlich 4. über eine Auswertung signifikanter
Objektgruppen anhand der vorangegangenen interdisziplinären Untersuchungen.
VL1 MATERIELLE KULTUR IM KONTEXT: DIE RÄUMLICHE VERTEILUNG
DER FUNDE IM STADTGEBIET VON EPHESOS
Im Folgenden werden Objekte und Objektgruppen vorgestellt, die in situ gefunden wurden und
daher zu einer kontextuellen Auswertung beitragen können1603. Dies betrifft den sog. Byzantini-
schen Palast (BP), die spätantike Wohnbebauung im Hafengymnasium (WBH), die Marienkirche
(MK), die Johannesbasilika (JB), das spätantik-mittelalterlichen Stadtquartier südlich der Mari-
enkirche (EVH - Verulanushallen) und teilweise auch die Hanghäuser (HH). Die Voraussetzung
dafür bilden die Fundverteilungspläne (s. Pläne 1 und 2) sowie Konkordanzlisten.
Selbstverständlich kann allein über das Fundmaterial nicht die Funktion eines Raumes
oder Gebäudes bestimmt werden, trotzdem sind Hinweise auf deren Nutzung zu erwarten. Mit
anderen Worten, es muss darüber nachgedacht werden, ob eine Analyse der Verteilungsmuster

1601 Adams - Adams 1991, 270 f.
1602 Hinker2013, 93.
1603 Die vorliegende Arbeit gibt sich nicht der Illusion hin, sämtliche byzantinischen Kleinfunde aus Ephesos erfasst
zu haben. Dieses Unterfangen war wohl das Ziel, ist aber im Rahmen des zeitlich beschränkten Forschungspro-
jekts nicht verwirklichbar gewesen.
 
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