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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 4.1980

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Wittwer, Bernhard: Einige Nachweismöglichkeiten der Gefühle als Grundlage für Bewertungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.30596#0170
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da8 psychische Erscheinungen an die Tätigkeit des Nervensyetems,
insbesondere des Gehirns, gebunden sind und insofern eine ma-
terielle Grundlage haben, mittels deren sie in verschiedenen
komplexen Prozessen realisiert werden. Die zweite Voraussetzung
besagt , da8 psychische Erscheinungen an einen Menschen gebun-
dene Widerspiegelung der Realität und der Beziehungen des
Menschen zu dieser Realität sind.

Die Ästhetik muß unter anderem von der Erkenntnis der Neuro-
biologie ausgehen, daß der Mensch , den verschiedenen äußeren
und inneren Ursachen entsprechend, in seinem Leben die unter-
schiedlichsten Zustände durchläuft . Dieselbe äußere und innere
Ursache kann sehr verschiedene Schwankungen der Anmutungsquali-
täten bei den verschiedenen Menschen hervorrufen. Deder Mensch
hat seine besondere Empfänglichkeit für bestimmte Schwankungen
in seinen physisch-psychischen Funktionen. Beim Ästhetischen
handelt es sich immer um eine Wahrnehmung des äußeren Milieus.
Die ästhetische Gestaltung von Gegenständen veranlaßt bestimmte
Anmutungsqualitäten. Erreger der Gefühle sind die Gesamtheit
aller Gegenstandseindrücke. Gegenstände mit einem bestimmten
charakteristischen Ausdruck sind Voraussetzung für das Ent-
stehen von Anmutungsqualitäten. Jedoch wird nicht alles in
dieser Wahrnehmung des äußeren Milieus ästhetisch. Eine vom.

Wahrnehmenden unabhängige Wahrnehmung gibt es nicht . Dede
Wahrnehmung setzt einen Wahrnehmenden mit einem bestimmten
inneren Miiieu voraus und ist wiederum Teil eines Wahrnehmungs-
komplexes. Er ist nicht einfach aufnehmend, sondern über das
Gefühl wahrnehmend tätig. Dabei besteht immer ein Zusammen-
wirken der Reize des äußeren Milieus mit dem Zustand des
inneren Milieus eines Organismus. Das Ästhetische hängt ab von
der Angemessenheit oder Unangemessenheit der Reize zu den äuße-
ren Rezeptoren einerseits und zum augenblicklichen Zustand
des inneren Milieus andererseits. In einem gewissen Umfang
kann jeder Reiz, der unter bestimmten Umständen angenehm bzw.
unangenehm wirkt, unter anderen Umständen mit der entgegenge-
setzten Gefühlsbewegung, vielleicht auch mit einer neutralen
Belegung, wahrgenommen werden.

Die Gefühle in den Bereichen der ästhetischen Absichten unter-
scheiden sich nur graduell von den gewöhnlichen Gefühlen.
 
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