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Frankfurter Latern — 4.1863

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No. 25 (10. Juli 1863)
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https://doi.org/10.11588/diglit.49906#0102
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98

Zur deutschen Linigkeit.
Authentische Aussprüche von neun Repräsentanten deutscher Staaten auf deshalbige Anfrage.

Wiener. Dös war schon recht mit dem aanigen Deitschland,
aber Oestreicher woll'n mer bleib'n. An Kaiser müssen mer hob'n
z'Wien in der Hofburg ganz allaans für uns, sonst ist's gfehlt. Ob's
aber nacker den andern recht ist, dös waaß i net, dann die Tiroler
sind's kuriose Leut', g'schweig die Böhmen und die Morlacken und
lie Malischen, von den Ungrischeu goar net z'reden. Die hob'n doch
a an Mörtel einer z'plauscben. Da denk i scho', es ist das g'scheitst',
mer lass'n halt Olles beim Olten.
Berliner. Mau los dafür mit de deutsche Eeuheit! Aber
wenn jeeer mang reden will, dann ist allens futsch. Wat koof ich mir
for det janze Jebaude deutscher Zukunft, wenn wir Lie andern nich
jlücklich machen? Det Jeschäfte überlassen Sie uns nur janz alleene.
Preußen muß die Jeschicke Deutschlands in die Hand nehmen; die
andern Stemme sinn' in der Cultur dajejen vill zu weit zurück. So
lang diesejenigte Ansicht nich Jemeenjut wird, is det janze Treiben
purer Schwindel. Da uf können Se Jift nehmen!
Münchener. An aanigS Deitschland! gwiß! aber an stoarkes
lustigs Bayern dazua! Sonst ist die ganze G'schccht'n n'um! Gloab'ns
vielleicht, ma mogeten preißisch werd'n? Etz loss'n's mi aus, sonst
werd i sucht!' Boarisch woll'n ma san uu a Ruh schaffen's!
Hannoveraner. Was und wie man auch bestießen möge,
die Gesjichte weißt dem Welfenhause einen bevorzugten Platz in Deuts-
land an.
Stuttgarter. Die andre Däitsche häut kei' Nationalgefühl so
wie wir Schwaba; denn die andre sind blos Staate und Völker-
schafte, aber wir Schwaba sind eine Natiaun. Wir Schwaba hatte zur
Zeit des däitsche Reikü den Vortritt in alle Schlachte, also müsset

wir auch an der Schpitze der Beweekung schtau', sonscht ischt's e ver-
geblicks Bemühe um die däitsche Einheit.
Dresdener. Herr Jäses, ja, mein Kutester; nn Heern Se
mal un sehn Se mal, ja! Die deitsche Eenheit; ja warum denn des
niche? Unn Dräseu als den Mittelpunct von Deitschland nun die
Boombliethe als Natioualfest; das werd sich anderscht gar niche dhun
lassen, Heern Se mal, mein Kutester, jah! —
Carls ruher. Bischt's ebber net gwese', badisch's Ländle, das
die größschte Männer ghabt hat für die Freiheit und die Einheit,
wo suuscht überall noch die wüschtste Tyrannei aus die Throne g'seßen
ischt? Kämpfschst't nit heut noch an der Spitze von alle deitsche Staate
für die Volksrechte? Wir gebe den Ausschlag! Wir wolle eine erb-
liche Republik mit dem verschtorbne Großherzog an der Spitze.
Hessen-Kasseler. Ich bin au lengst for die Einheit Deutsch-
lands, bei Gott ja; awwer das nehmen Se mer emal nicht iwwelr
weere's denn nicht innzurichten, daß der deutsche Kaiser de den Sommer
iwwer uf de Wilhelmsheehe druffe ze logeereu kehme unn mer de
Artollerie, de Husaren unn de Garde—de—coors beheelen? Es iS
so kein Läben und kein Verdienste dehier.
Hessen-Darm st ädter. Das Goßhezogthum ist soweit vo—aus
in Gesetzgewwung, Fo—stcultu—e, St—aßebau, Handel, Faw—ike
und Manufactu—e und iwwehaupt in alle sonstige Sticke, daß sich
kein ane—e deutsche Staat damit ve—gleiche da—f. Es ist de Mu-
ßte—staat in jede— Beziehung. Wenn also die Einheit geschaffe
we—de soll, so müsse uns—e Jnstuzione als Vo—bild genomme
we — de, sonst kann das Goßhezogthum Hesse-Damstadt nu-
ve—li—e.


Hampelmann: Des
wääß der
marck heeßt, is des Futter
net Werth un wär's weiter
nix, als Wegkraut un rohe
Kartoffelschäle. Da geht Ihne
letzt in dem Bad Ems e
herzoglich nassau'scher Dorf-
schulthes, e ländlicher Staats-
beamte, e gratelirt Person,
iwwer die Gitterbrück, un
weil er grad uss dem Vieh-
hannel begriffe war, hat Ihne
der anstatt seiner gewöhnliche
grine Staatsuniform en un-
gewöhnlich blaue Kittel aa-
gehat. Der Mann hat an
gar nix Beeses gedacht, son-
nern an e rech! groß Kalb,
des er als kiuftiger Gemeindcbrummelochs for sei Gemeind hat kääfe
wolle, weil die ihrn Ochs selbst erziehe wollt. Un wie Ihne der

Mann so iwwer die Gitterbrück geht un an so e recht groß Kalb
denkt, steht Ihne uff äämal der Herr von Bismarck vor em, awwer
net der Minister des preißischen Staates, sonnern der Commissär des
nassauischen Baades, Seine Excellenz, der Herr Emser Krähnchens-
bruunc-Minister von Bisniark un fegt zu cm in em sehr ungnädige
Ton: „Wo will Er hin? Iwwer diese Gitterbrick darf Niemand
nicht in keinem blauen Ki tel nicht, nicht gehe." Un da hat der Mann
in seim Kittel gefacht. „Also weil ich en Kittel aahab, derf ich net
iwwer die Gitterbrick? Guck emal aa! Mit wem haw ich dann die Ehr

zu redde". Un da hat der Herr von Bismark gesagt: Ich bin der
herzoglich Naussau'sche Emser Krähnchensbrunne-Minister von Bis-
mark. So? hat daun der Mann in seim blque Kittel gefacht. Sie
sin ääch e Bismark? Da Heern Se allerdings ehnder hinner e
Gitter als unser ääns. Wääß Gott, Sie hawwe Aalage! Sie
könnte alle Däg preißischer Premje wern. Ja, des hat er gefacht un
höher wahrlich un edwr schlug das Herz, das der Bauer im Kittel

trug.


Konzen- und Zunkerthum.
Frei nach Hornfeck's Schenkenbuch, Seite 119.

Das Bonzen- und das Zunkerthum
Hat abermals gesiegt;
Das gute Volk ist still und stumm
Und fragt, woran cs liegt.
Es betet seinen König an
Und dankt für jeden Schlag
Und fragt: Was hab' ich nur gethan,
Daß man mich schlagen mag?
Du armes Volk! man bläut dir ein,
Die Freiheit sei nichts nutz,
Rein sei die Krone nur allein,
Die Kammer Koth und Schmutz.
Und dabei geht Dir nimmer ein —
Ein Thor begreift es schier —
Am Bismarck liegt sie nicht allein
Es liegt die Schuld — an Dir!

In Trient wird gegenwärtig ein recht gemüthliches, zeitgemäßes Fest
gefeiert: Das dreihundertjährige Berfluchungsjubiläum
sämmtlicher Ketzer. Hoffentlich wird der Bischof von Brixen
Präsidiren, das „Mainzer Journal" im Festgewand erscheinen und nach
Auslöschung der Kerzen der Pater Roth mit der Schwester
Adolfe den Festball eröffnen. Von Aufklärung kann deshalb keine
Rede sein.

Die Enthüllung des List-Denkmals findet am 6. August in
Reutlingen statt. Für List bekommen die Deutschen also ein Denkmal
und ach! es thäte ihnen eins für Phlegma doch noch viel nöthiger!
 
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