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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Hrsg.]; Württembergischer Altertumsverein [Hrsg.]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Hrsg.]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Hrsg.]
Fundberichte aus Schwaben — 1.1893

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Fraas, Eberhard: Neolithische Wohnstätten bei Hof Mauer, ausgegraben von Dr. E. Kapff, Cannstadt, und Dr. E. Fraas, Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.27197#0030
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dem Nippenburger Hof und Hof Mauer bei Münchingen OA. Leonberg
in W.—O.-Richtung hinzieht, wurden grosse Rübenpflanzungen an-
gelegt, welche ein sehr tiefgründiges Pflügen notwendig machten.
Bei dieser Gelegenheit konnte man viele meist kreisrunde schwarze
Flecken von 2-—4 m Durchmesser im Boden bemerken, zugleich
wurden aus dieser Schwarzerde zahllose Trümmer von Thongefässen,
einzelne Feuersteinmesser und Beile sowie mehrere grosse Hand-
mühlen, sog. Napoleonshüte, ausgeackert. Die Ausgrabung, welche
darin bestand, dass man tiefe Schlitze durch die schwarzgefärbten
Stellen zog und einzelne der Plätze abhob, ergab, dass es sich hier um
grössere Brandstätten handelt; es liess sich dies aus den massen-
haften kohligen Substanzen, welche auch die Schwarzfärbung des
Bodens hervorriefen, sowie aus dem rotgebrannten Untergründe, der
aus Lehm bestand, feststellen. In der Schwarzerde zerstreut lagen
die zahlreichen Thonscherben, deren rohes Gefüge — sie bestanden
aus grobem Quarzsand, Thon und Mist — und eigentümliche Orna-
mentierung an die Gefässe aus den Pfahlbauten erinnern. Die Orna-
mente bestehen aus einfachen Strichen, Nägeleindrücken und Buckeln;
letztere zeigen sich nicht selten durchbohrt und dienten zum Durch-
ziehen von Stricken. Ganze Gefässe fanden sich nie, sondern nur
kleinere oder grössere Scherben, die wirr durcheinanderlagen. Feuer-
steinmesser und Steinbeile wurden nur bei der ersten Ausgrabung
resp. beim Ackern gefunden. Dagegen fanden sich noch einzelne
Knochen und Zähne vom Schaf, Hund und Schwein, sowie ein
Unterkiefer vom Menschen.

Die ganze Anlage macht keineswegs den Eindruck eines Be-
gräbnisplatzes resp. Urnenfeldes, sondern denjenigen einstiger Wohn-
stätten. An den Feuerstätten blieben die Abfälle von Knochen und
die Scherben der zerbrochenen Gefässe liegen. Für Wohnstätten
sprechen namentlich auch die Funde der grossen bis 1 Centner
schweren Mühlen mit entsprechenden Mahlsteinen, von welchen leider
die grösste, welche als Prellstein an der Strasse verwendet war,
verloren ging. Die übrigen Reste sind sämtlich der K. Staatssamm-
lung übergeben worden.

Dass die Brandstellen sehr lange benützt waren, geht aus der
Mächtigkeit der Schwarzerde hervor, welche 1—2 m beträgt. Um
derartige Massen aufzuhäufen, dazu gehören schon sehr lange Zeit-
räume. Die kreisrunde Gestalt der Brandplätze, die scharfe Abgren-
zung sowie die gegenseitige Lage lassen sogar vermuten, dass diese
Feuer innerhalb der Wohnungen, welche entweder aus Holzhütten
oder aus Lederzelten bestanden haben mochten, angelegt waren, um
so gegen Regen und Wind geschützt zu sein. In diesem Falle hätten
wir eine Niederlassung aus neolithischer Zeit vor uns, wie sie zwar
sehr häufig an den Ufern der Seen als Pfahlbauten, aber sehr selten
bis jetzt im freien Felde beobachtet wurden.
 
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