1 Einführung
1.1 Inhalt und Aufbau dieses Buches
Bevor man ein neues Buch schreibt, macht man zunächst eine Bestandsaufnahme
und sichtet die vorliegenden Werke zum Gegenstandsbereich. Im deutschsprachi-
gen Bereich sind zum Thema »Denken und Problemlösen« die Bücher von Aebli
(1980, 1981), Dörner (1976, 1987, 3. Aufl.), Oerter (1971) und Hussy (1984,
1986) einflussreiche Vorgänger, aber auch die Bücher von Arbinger (1997), Bran-
der, Kompa und Peltzer (1985), Hussy (1993, 1998, 2. Aufl.), Schaefer (1985) oder
Seidel (1976) sollen nicht übersehen werden. Das Lehrbuch von Bösel (2001)
behandelt Denken in einem sehr allgemeinen Rahmen und geht auf das im vor-
liegenden Buch ausführlich behandelte Thema des komplexen Problemlösens nur
am Rande ein. Der von Graumann (1965b) herausgegebene Reader versammelt
ältere Arbeiten. Sowjetische Beiträge zur Denkpsychologie findet man bei Matt-
häus (1988).
Im englischsprachigen Raum ist die Situation wegen der Größe des Sprachraums
schwerer zu überblicken. Neben sehr vielen (Lehr-)Büchern zum Thema »Kogni-
tion« befassen sich Gilhooly (1996), Manktelow (1999), Mayer (1992) oder
Robertson (2001) schwerpunktmäßig mit dem Thema »Denken« bzw. »Prob-
lemlösen«. Speziell zum deduktiven und induktiven Schlussfolgern, auf das hier
nicht ausführlich eingegangen wird, lese man die Bücher von Evans (1989), Evans,
Newstead und Byrne (1993), Hell, Fiedler und Gigerenzer (1993), Johnson-Laird
und Byrne (1991) oder Keane und Gilhooly (1992).
Wer erwartet, konkrete Hinweise zum Lösen von Problemen zu finden, wird
wahrscheinlich enttäuscht sein. Hier gibt es einen reichhaltigen Markt an Rat-
geber-Literatur, dem es allerdings zumeist an theoretischer Unterfütterung mangelt
(z. B. Brauchlin &c Heene, 1995; Seil, 1989). Anwendungsaspekte des Prob-
lemlösens stehen im Vordergrund des Readers von Neber (1987).
Was unterscheidet das vorliegende Buch von den genannten anderen Werken?
Problemlösendes Denken hat in den letzten 25 Jahren ein neues Verständnis er-
fahren: Mit dem verstärkten Aufkommen von Rechnern in psychologischen Labo-
ratorien hat sich eine Abwendung der Denkpsychologie von Denksportaufgaben
und eine Hinwendung zu computersimulierten Szenarios vollzogen, mit denen
Realitätsausschnitte modelliert werden können, in die Versuchspersonen dann
handelnd eingreifen sollen (Stichwort »Komplexes Problemlösen«). Diese radikale
Erweiterung des Gegenstandsbereichs hat in den bislang vorliegenden Lehrbüchern
zur Denkpsychologie noch keinen nennenswerten Niederschlag gefunden (wie
übrigens auch deren Rezeption auf internationaler Ebene eher schleppend ver-
läuft). Dies soll sich mit dem vorliegenden Buch ändern.
Der Plan des Buches ist folgender: Nach einführenden Betrachtungen zum
Gegenstandsbereich und seiner historischen Entwicklung wird Kapitel 2 die Theo-
rien und Ansätze zum problemlösenden Denken vorstellen, die sich als wichtig
erwiesen haben. Neben dem einflussreichen Konzept des »General Problem Sol-
vers« von Newell, Shaw und Simon (1958) werden die Zwei-Räume-Theorie von
Simon und Lea (1974) und deren Weiterentwicklung durch Klahr und Dunbar
(1988) vorgestellt, außerdem Dörners (ältere) Theorie des Problemlösens als In-
formationsverarbeitung (1976), seine neuere Psi-Theorie (Dörner, 1999), die Theo-
rie deklarativer Vereinfachung nach Klauer (1993), Swellers Theorie kognitiver
Belastung (1988) und Hammonds Theorie der Kognition für dynamische Umge-
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1.1 Inhalt und Aufbau dieses Buches
Bevor man ein neues Buch schreibt, macht man zunächst eine Bestandsaufnahme
und sichtet die vorliegenden Werke zum Gegenstandsbereich. Im deutschsprachi-
gen Bereich sind zum Thema »Denken und Problemlösen« die Bücher von Aebli
(1980, 1981), Dörner (1976, 1987, 3. Aufl.), Oerter (1971) und Hussy (1984,
1986) einflussreiche Vorgänger, aber auch die Bücher von Arbinger (1997), Bran-
der, Kompa und Peltzer (1985), Hussy (1993, 1998, 2. Aufl.), Schaefer (1985) oder
Seidel (1976) sollen nicht übersehen werden. Das Lehrbuch von Bösel (2001)
behandelt Denken in einem sehr allgemeinen Rahmen und geht auf das im vor-
liegenden Buch ausführlich behandelte Thema des komplexen Problemlösens nur
am Rande ein. Der von Graumann (1965b) herausgegebene Reader versammelt
ältere Arbeiten. Sowjetische Beiträge zur Denkpsychologie findet man bei Matt-
häus (1988).
Im englischsprachigen Raum ist die Situation wegen der Größe des Sprachraums
schwerer zu überblicken. Neben sehr vielen (Lehr-)Büchern zum Thema »Kogni-
tion« befassen sich Gilhooly (1996), Manktelow (1999), Mayer (1992) oder
Robertson (2001) schwerpunktmäßig mit dem Thema »Denken« bzw. »Prob-
lemlösen«. Speziell zum deduktiven und induktiven Schlussfolgern, auf das hier
nicht ausführlich eingegangen wird, lese man die Bücher von Evans (1989), Evans,
Newstead und Byrne (1993), Hell, Fiedler und Gigerenzer (1993), Johnson-Laird
und Byrne (1991) oder Keane und Gilhooly (1992).
Wer erwartet, konkrete Hinweise zum Lösen von Problemen zu finden, wird
wahrscheinlich enttäuscht sein. Hier gibt es einen reichhaltigen Markt an Rat-
geber-Literatur, dem es allerdings zumeist an theoretischer Unterfütterung mangelt
(z. B. Brauchlin &c Heene, 1995; Seil, 1989). Anwendungsaspekte des Prob-
lemlösens stehen im Vordergrund des Readers von Neber (1987).
Was unterscheidet das vorliegende Buch von den genannten anderen Werken?
Problemlösendes Denken hat in den letzten 25 Jahren ein neues Verständnis er-
fahren: Mit dem verstärkten Aufkommen von Rechnern in psychologischen Labo-
ratorien hat sich eine Abwendung der Denkpsychologie von Denksportaufgaben
und eine Hinwendung zu computersimulierten Szenarios vollzogen, mit denen
Realitätsausschnitte modelliert werden können, in die Versuchspersonen dann
handelnd eingreifen sollen (Stichwort »Komplexes Problemlösen«). Diese radikale
Erweiterung des Gegenstandsbereichs hat in den bislang vorliegenden Lehrbüchern
zur Denkpsychologie noch keinen nennenswerten Niederschlag gefunden (wie
übrigens auch deren Rezeption auf internationaler Ebene eher schleppend ver-
läuft). Dies soll sich mit dem vorliegenden Buch ändern.
Der Plan des Buches ist folgender: Nach einführenden Betrachtungen zum
Gegenstandsbereich und seiner historischen Entwicklung wird Kapitel 2 die Theo-
rien und Ansätze zum problemlösenden Denken vorstellen, die sich als wichtig
erwiesen haben. Neben dem einflussreichen Konzept des »General Problem Sol-
vers« von Newell, Shaw und Simon (1958) werden die Zwei-Räume-Theorie von
Simon und Lea (1974) und deren Weiterentwicklung durch Klahr und Dunbar
(1988) vorgestellt, außerdem Dörners (ältere) Theorie des Problemlösens als In-
formationsverarbeitung (1976), seine neuere Psi-Theorie (Dörner, 1999), die Theo-
rie deklarativer Vereinfachung nach Klauer (1993), Swellers Theorie kognitiver
Belastung (1988) und Hammonds Theorie der Kognition für dynamische Umge-
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