5.2 Szenarios auf der Basis formaler Modelle
Meistens wird so ein System am Computer dargeboten, wobei durch die Darbie-
tung erkennbar ist, welche Variablen manipuliert werden können. Nicht erkennbar
ist, ob und welche exogene Variable welche endogene Variable beeinflusst. In
manchen Systemen wirken endogene Variablen auf andere endogene Variablen
(sog. Nebenwirkungen; im Beispielsystem als Wirkung von Yauf Z implementiert,
vgl. Abbildung 30) oder eine endogene Variable verändert sich konstant, auch
wenn das System nicht manipuliert wird (sog. Eigendynamik; im Beispielsystem als
Wirkung von Z auf sich selbst implementiert, vgl. Abbildung 30). Durch gezielte
Verwendung und Manipulation solcher Systemmerkmale können beliebig kom-
plexe lineare Gleichungssysteme im Rahmen des DYNAMis-Ansatzes (siehe z. B.
Funke, 1985, 1993a; Funke & Steyer, 1985) konstruiert werden.
Bis hierhin ist der Ansatz unpsychologisch, da er zunächst nur eine formale
Beschreibung einer Klasse von Systemen liefert. Psychologisch wird er durch zu-
sätzliche Annahmen darüber, wie Menschen mit derartigen Systemen umgehen,
konkret: wie sie in solchen Szenarien Wissen erwerben und in Steuerungssituatio-
nen zur Anwendung bringen.
Die Anforderungen
Bsp: Stellen wir uns vor, wir müssten in einem Ferienhaus im Ausland herausfinden, wie die
Heizungsanlage funktioniert. Wir finden Schalter und Regler, deren Beschriftung wir
nicht verstehen. Was machen wir? Wir probieren verschiedene Einstellungen aus und
beobachten die eintretenden Effekte. Am Ende des Urlaubs wissen wir, wie man die
Temperatur so einstellt, dass weder unangenehme Kälte noch übermäßige Erwärmung
uns plagen.
Diese durch Ziele gesteuerten Tätigkeiten lassen sich abstrakt beschreiben als
1. Wissenserwerb und 2. Wissensanwendung. Wissenserwerb bezieht sich dabei
auf die Identifikation des Systems, mit dem man es zu tun hat, Wissensanwendung
dagegen auf die Kontrolle dieses Systems im Hinblick auf ein (durch den Versuchs-
leiter) gesetztes Ziel. Beide Aspekte sind beim alltäglichen Umgang mit einem
System miteinander verwoben, da meist schon die ersten Schritte des Wissenser-
werbs unter der Vorgabe bestimmter Ziele stehen. So will ich etwa im Regelfall
nicht herausfinden, wie die Heizungsanlage aufgebaut ist und funktioniert, son-
dern es geht mir primär um die rasche Herstellung einer angenehmen Temperatur.
Da es sich aber um zwei klar unterscheidbare Tätigkeiten handelt, ist es für die
diagnostische Situation wichtig, die beiden Aspekte voneinander zu trennen. Wie
dies geschehen kann, wird in den nächsten Abschnitten geschildert.
Identifikation eines Systems (Wissenserwerb). Da in vielen alltäglichen Situa-
tionen auf Vorwissen zurückgegriffen werden kann, ist bereits der Wissenserwerb
von der Nutzung dieses Wissens geleitet. Besonders in Fällen, wo nur ein Bear-
beitungsdurchgang möglich ist (solche Situationen wurden in vielen Untersuchun-
gen zum komplexen Problemlösen realisiert, Bsp. Lohhausen), spielt die Anwen-
dung von Vorwissen natürlich eine entscheidende Rolle bei den ersten Schritten des
Wissenserwerbs (vgl. Süß, 1999).
Die Wissenserwerbssituation ist eine komplexe Lernsituation, in der die Vernetzt-
heit und die Dynamik des jeweiligen Systems festzustellen sind. Die Erfassung der
strukturellen Aspekte eines Systems (= Vernetztheit) kann allerdings nicht losgelöst
von der Erfassung der prozessualen Aspekte dieses Systems (= Dynamik) erfolgen, da
sich die Variablen des Systems nur im zeitlichen Verlauf analysieren lassen. Bezogen
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Meistens wird so ein System am Computer dargeboten, wobei durch die Darbie-
tung erkennbar ist, welche Variablen manipuliert werden können. Nicht erkennbar
ist, ob und welche exogene Variable welche endogene Variable beeinflusst. In
manchen Systemen wirken endogene Variablen auf andere endogene Variablen
(sog. Nebenwirkungen; im Beispielsystem als Wirkung von Yauf Z implementiert,
vgl. Abbildung 30) oder eine endogene Variable verändert sich konstant, auch
wenn das System nicht manipuliert wird (sog. Eigendynamik; im Beispielsystem als
Wirkung von Z auf sich selbst implementiert, vgl. Abbildung 30). Durch gezielte
Verwendung und Manipulation solcher Systemmerkmale können beliebig kom-
plexe lineare Gleichungssysteme im Rahmen des DYNAMis-Ansatzes (siehe z. B.
Funke, 1985, 1993a; Funke & Steyer, 1985) konstruiert werden.
Bis hierhin ist der Ansatz unpsychologisch, da er zunächst nur eine formale
Beschreibung einer Klasse von Systemen liefert. Psychologisch wird er durch zu-
sätzliche Annahmen darüber, wie Menschen mit derartigen Systemen umgehen,
konkret: wie sie in solchen Szenarien Wissen erwerben und in Steuerungssituatio-
nen zur Anwendung bringen.
Die Anforderungen
Bsp: Stellen wir uns vor, wir müssten in einem Ferienhaus im Ausland herausfinden, wie die
Heizungsanlage funktioniert. Wir finden Schalter und Regler, deren Beschriftung wir
nicht verstehen. Was machen wir? Wir probieren verschiedene Einstellungen aus und
beobachten die eintretenden Effekte. Am Ende des Urlaubs wissen wir, wie man die
Temperatur so einstellt, dass weder unangenehme Kälte noch übermäßige Erwärmung
uns plagen.
Diese durch Ziele gesteuerten Tätigkeiten lassen sich abstrakt beschreiben als
1. Wissenserwerb und 2. Wissensanwendung. Wissenserwerb bezieht sich dabei
auf die Identifikation des Systems, mit dem man es zu tun hat, Wissensanwendung
dagegen auf die Kontrolle dieses Systems im Hinblick auf ein (durch den Versuchs-
leiter) gesetztes Ziel. Beide Aspekte sind beim alltäglichen Umgang mit einem
System miteinander verwoben, da meist schon die ersten Schritte des Wissenser-
werbs unter der Vorgabe bestimmter Ziele stehen. So will ich etwa im Regelfall
nicht herausfinden, wie die Heizungsanlage aufgebaut ist und funktioniert, son-
dern es geht mir primär um die rasche Herstellung einer angenehmen Temperatur.
Da es sich aber um zwei klar unterscheidbare Tätigkeiten handelt, ist es für die
diagnostische Situation wichtig, die beiden Aspekte voneinander zu trennen. Wie
dies geschehen kann, wird in den nächsten Abschnitten geschildert.
Identifikation eines Systems (Wissenserwerb). Da in vielen alltäglichen Situa-
tionen auf Vorwissen zurückgegriffen werden kann, ist bereits der Wissenserwerb
von der Nutzung dieses Wissens geleitet. Besonders in Fällen, wo nur ein Bear-
beitungsdurchgang möglich ist (solche Situationen wurden in vielen Untersuchun-
gen zum komplexen Problemlösen realisiert, Bsp. Lohhausen), spielt die Anwen-
dung von Vorwissen natürlich eine entscheidende Rolle bei den ersten Schritten des
Wissenserwerbs (vgl. Süß, 1999).
Die Wissenserwerbssituation ist eine komplexe Lernsituation, in der die Vernetzt-
heit und die Dynamik des jeweiligen Systems festzustellen sind. Die Erfassung der
strukturellen Aspekte eines Systems (= Vernetztheit) kann allerdings nicht losgelöst
von der Erfassung der prozessualen Aspekte dieses Systems (= Dynamik) erfolgen, da
sich die Variablen des Systems nur im zeitlichen Verlauf analysieren lassen. Bezogen
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